Flussdeltas versinken schneller

Landwirtschaft

Flussdeltamanagement

Mehr als 500 Millionen Menschen leben direkt in Flussdeltas weltweit. Die Mündungsbereiche versinken dabei schneller als der Meeresspiegel durch die Klimaerwärmung ansteigt. Grund: Menschliche Aktivitäten. Das hat eine Arbeit von Prof. Robert Nicholls von der Universität Southampton herausgefunden, die jetzt in Nature Geoscience erschienen ist.

Pearl River Delta NASAFluss- und Deltamanagement verbessern
Viele der weltweiten Flussdeltas sind dicht besiedelt und werden intensiv landwirtschaftlich bearbeitet. Prof. Nicholls hat sich dabei 33 Flussdeltas in China, Indien und den USA mit hochauflösenden Satellitenfotos angeschaut und mit alten Karten verglichen.
85 Prozent dieser Flussmündungen leiden unter schweren Überflutungen, die rund 260.000 Quadratkilometer Land betreffen. Dabei hat er festgestellt, dass 24 der untersuchten Deltas absinken. Schneller als es der Anstieg des Meeresspiegels im Klimawandel derzeit zulassen dürfte.
Überflutungen entstehen entweder durch große Wassermassen aus den Einzugsgebieten der Flüsse oder durch Meeresstürme, die das Wasser von der Mündung her aufstauen. Die heftigen Auswirkungen resultieren dabei aus dem Dammbau und Schaffung von Polderflächen zwischen den Flussarmen. Die Systeme halten Sedimente vor dem Flussdelta bereits fest, so dass sie sich nicht im Delta selbst aufschütten können. Außerdem höhlen Öl-, Gas und Grundwasserentnahmen innerhalb der Deltas die unteren geologischen Schichten aus.
Robert Nicholls: „Die konservative Schätzung geht davon aus, dass im 21. Jahrhundert die von Überflutungen gefährdete Flussdeltafläche durch den Meeresspiegelanstieg um die Hälfte größer wird. Durch das Festhalten der Sedimente vor dem Delta kann diese Fläche deutlich ansteigen, weil das Delta nicht mehr wachsen kann, um Flutungen aufzufangen. Dieser anthropogener Faktor erhöht das Risiko der mehr als 500 Millionen Menschen die in den Deltas leben, vom Klimawandel getroffen zu werden. Um mit diesem Problem fertig zu werden, muss ein fundamentaler Wandel in der Bewirtschaftungsweise der Flussmündungen stattfinden.“

Alte Techniken nutzen
Bangladesh findet bereits wieder zurück zur traditionellen Flussdeltabewirtschaftung. Kamran Reza Chowdhury hat in bdnews24.com Anfang September die Veränderungen in verschiedenen Bezirken rund um Khulna beschrieben, die von der Fläche zusammen zwar nur ein Drittel so groß wie Dänemark sind, aber mit acht Millionen Einwohnern die gleiche Zahl an Menschen beherbergt.
Traditionell wurden Agrarflächen acht Monate im Jahr für die landwirtschaftliche Produktion eingedeicht Im November wurden die Dämme wieder geöffnet. Die Deiche hielten vor allem das Salzwasser des Meeres von den Ackerfrüchten fern.
Auf diese Weise haben Ebbe und Flut die Landschaft geformt. Fluten bringen Sedimente in das Delta und erhöhen das Land auf den Überschwemmungsflächen, während die Ebbe die oberen Flusssedimente ins Meer trägt: Die Polder werden höher, die Flüsse legen sich tiefer.
Mit dem Verschwinden der Großgrundbesitzer fiel diese Form der Deichbewirtschaftung brach und die Bauern legten dauerhafte Dämme an. In den 1960er Jahren hat die Regierung das zur Bewältigung der Nahrungsmittelproduktion sogar unterstützt. Als Folge haben sich die Sedimente in den Flussläufen abgelagert und das Flussbett letztlich über das Niveau der Überflutungsflächen gehoben. Regenwasser von den Poldern konnte nicht mehr ablaufen und die Menschen zogen aus der Region fort, weil die ackerbauliche Nutzung wegfiel. Mittlerweile werden die Deiche rund um Khulna wieder einmal im Jahr geöffnet und die Wasserregulierung sowie Sedimentablagerung auf den Flutungsflächen haben zu ihrem alten Verlauf zurückgefunden. Die Menschen sind wieder in die Regionen zurückgekehrt, berichtet Chowdhury.

Lesestoff:
James P. M. Syvitski, Albert J. Kettner, Irina Overeem, Eric W. H. Hutton, Mark T. Hannon, G. Robert Brakenridge, John Day, Charles Vörösmarty, Yoshiki Saito, Liviu Giosan & Robert J. Nicholls. Sinking deltas due to human activities. Nature Geoscience, 2009; DOI: 10.1038/ngeo629
bdnews24.com ist die erste Online Zeitung in Bangladesh. Der Bericht erschien am 07. September. www.bdnews24.com/details.php?id=142055&cid=23

roRo; Foto: NAA, CSDMS, University of Colorado

Zurück