Forschen für die Energiewende

Landwirtschaft

Bioenergieforschung 2050

Damit die Energiewende auch funktioniert, sucht die Forschung im technischen Bereich die besten Lösungen. Auf dem Projekttag Bioenergie 2050 wurden ausgewählte Projekte aus den Bereichen Bereitstellung der Pflanzenmasse und Konversion zur Energie aufgezeigt.

Züchtungsarbeit

Vor besonderen Herausforderungen stehen die rund 60 Unterhemen, die in der Gemeinschaft zur Förderung der privaten deutschen Pflanzenzüchtung (GFP) zusammengeschlossen sind. Nicht nur der Klimawandel erfordert neue Pflanzen. Nach Dr. Carl Bulich von der GFP fordern auch sozioökonomische Veränderungen die Züchter heraus. 1950 hatten die drei Milliarden Menschen auf der Welt noch 5.000 Quadratmeter Fläche pro Kopf zur Verfügung. Heute hat jeder der sieben Milliarden Menschen nur noch 2.700 qm und im Jahr 2050 jeder der mehr als neun Milliarden Menschen nur noch 2.000 qm zur Verfügung: Für die Nahrungsmittel- und Energieproduktion. Bei knapper werdender Fläche müssen die Pflanzen mehr Ertrag erzielen. Derzeit steigt der Ertrag zwischen ein und zwei Prozent im Jahr, wird aber beispielsweise bei Weizen kaum noch absolut nach oben gehen können. Der Ertrag kann nach Dr. Bulich bei gleiche Erntemenge mit weniger Betriebsmitteleinsatz wie Dünger und Maschinen gesteigert werden.
Die Pflanzenzüchter stehen vor dem Dilemma, dass die grüne Gentechnik gesellschaftlich nicht akzeptiert ist, der Innovationszyklus einer neuen Sorte vom Modellorganismus bis zur Saatgutproduktion kann aber bis zu 28 Jahre dauern kann. Die Zeit zwischen Auswahl der Elterngeneration bis zur Saatgutproduktion dauert rund 15 Jahre. So praktiziere die GFP keine Gentechnik, erklärt Dr. Bulic, setzt aber bei der Auswahl von Merkmalen auf gentechnische Methoden wie Doppelhaploide und Markerselektion. Zusammen mit Winterzuchtgärten, die zwei Ernten im Jahr für die Auswahl der Merkmale ermöglichen, könne der Innovationszyklus mit den neuen Techniken um 20 Prozent verkürzt werden. Die Vision der GFP: Reduzierung um die Hälfte.
Nur etwa ein Prozent der Weltbevölkerung zwischen Ostsee und Ural isst das Getreide Roggen. Dabei kommt die Getreidepflanze gerade auf den sandigen, trockenen Standorten besonders gut zurecht. Warum, also Roggen nicht für Ethanolproduktion nutzen? Allerdings ist Brotroggen nicht gleichzeitig ein guter Energieroggen, da Gesamttrockenmasseertrag und Kornertrag negativ korreliert sind. Die GFP führt Versuche mit verändertem Erntezeitpunkt durch. Wird der Roggen im so genannten Grünschnitt, in der Milchreife mit noch weichem Roggenkorn, geerntet, sind die Biomasseerträge am günstigsten. Zahlreiche Versuche haben gezeigt, dass zwischen 70 und 150 dt/ha Gesamttrockenmasseertrag möglich sind. Noch deutlicher werden die Unterschiede /bei der Zuckerrübe. Wird die Zuckerrübe nicht mehr für die Zuckergewinnung benötigt, können zuckerfabrikatorische Anforderungen wie die Saftqualität wegfallen. Die Energierübe wird sich am Ende des Züchtungsprozesses deutlich von der Zuckerrübe unterscheiden.
Aber nicht alles ist erfolgreich. Heute wird landauf und landab über die Dominanz des Maises geklagt. Es gibt alternative Pflanzen – doch Beispiele aus der Vergangenheit schrecken die Züchter ab. Lein wurde einst als Alternativpflanze bis zur „Serienreife“ gezüchtet, doch dann aus ökonomischen Gründen nicht angebaut. Letztlich nahmen die Züchter den neuen Öllein von der kostenpflichtigen Sortenliste. „Das war Forschung für Null“, so Dr. Bulich. Eigentlich sogar mit Verlust, denn die Kosten für ein Jahr Züchtungsprogramm belaufen sich auf eine Million Euro.

Mehrjährige Kulturpflanzen

Nach Dr. Ronny Wirkner vom Deutschen BiomasseForschungsZentrum (DBFZ) sind mehrjährige Kulturen wie Kurzumtriebsplantagen (KUP) wie Pappeln oder Weiden oder das Gras Miscanthus im Energiepflanzenanbau unterrepräsentiert. Und das, obwohl im Jahr 2020 eine Holzlücke von 20 bis 40 Millionen Kubikmeter droht, weil vor allem Holz aus dem Privatwald zu wenig genutzt wird.
Mehrjährige Kulturen haben gegenüber den einjährigen eine Menge Vorteile: Herbizide müssen nur in der Etablierungsphase eingesetzt werden, Insektizide und Düngung entfallen. Außerdem sind die KUP-Flächen artenreicher und haben ein ausgeprägteres Bodenschutzpotenzial. Die Vorteile überwiegen nach Dr. Winkler die Nachteile. Die Betriebe sind meist noch nicht auf die mehrjährigen Kulturen eingestellt. Die Abnahmestrukturen dieser Biomasse befinden sich erst im Aufbau und die Landwirte sind mit dem mehrjährigen Anbau gebunden und können auf diesen Feldern nicht mehr auf volatile Märkte reagieren. Um die Nachteile zu minimieren, forscht das BDFZ an Potenzialanalyen und über Nutzungskonkurrenzen sowie an einer Verbesserung des Abbrandverhaltens der KUP-Biomasse.

Optimierung der Biogaskette

Jörn Budde vom Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim stellte die Forschungen entlang der Biogas-Prozesskette vor. Nachdem Ernten der Energiepflanzen müssen diese zunächst aufbereitet werden, um im Fermenter genutzt werden zu können. An die Gärrestbehandlung schließt sich das Aufbringen des Gärrestes auf das Feld an. Die Techniker gliedern den Prozess in die Substratbereitstellung, Substrataufbereitung und Prozessoptimierung. So kann schon bei der Bereitstellung einiges schief laufen. Während die Ernte das Pflanzenmaterial in kurzer Zeit bereit stellt, muss die Biogasanlage ganzjährig laufen. Mais wird für die Übergangszeit bis zur nächsten Ernte siliert. Dabei müssen die Landwirte auf die Temperaturen im Silo achten, denn Nacherwärmung verringert die Methanausbeute in der Biogasanlage.
Vor Einleiten der Pflanzenmasse in den Fermenter helfen Enzyme bei der Stabilisierung der biologischen Prozesse und erhöhen die Methanausbeute bis zu 23 Prozent. Da das Rührwerk in der Biogasanlage weniger beansprucht wird, verringert sich der benötigte Energieaufwand um vier Prozent. Die Enzyme sind zwar teuer, aber nach Budde übersteigt der zusätzliche Gewinn den finanziellen Aufwand.
Das am ATB entwickelte Aufstromverfahren im Fermenter erzielt nicht nur eine höhere Gasausbeute, sondern bezieht auch die Nutzung von Biokohle als Kohlendioxidsenke und Bodenverbesserer auf dem Acker mit ein.
Jeder einzelne entlang der Biogas-Prozesskette hat sein Verbesserungspotenzial. Lagerverluste können um 20 bis 40 Prozent gesenkt werden, Fermentiertechnik steigert die Gasausbeute um bis zu 50 Prozent und die Rückführung der Gärreste kann um ein Drittel verbessert werden. Allerdings summieren sich die möglichen Optimierungen nicht auf, schränkt Jörn Budde ein.

Lowdust-Feuerungstechnologie

Pellets erfreuen sich bei den Verbrauchernsteigender Beliebtheit, weil sie preiswerter als Heizöl sind und nachhaltig erzeugt werden. Doch sie emittieren Feinstaub. Ab 2015 gelten strengere Regeln für Neugeräte. Die Viessmann-Werke entwickeln neue Lowdust-Feuerungsanlagen für Weichholzpellets, die CO, Gesamt- und Feinstaub um zwei Drittel bis drei Viertel weniger emittieren als die durchschnittlichen Standradanlagen, die heute auf dem Markt sind. Nach Dr. Werner Klausmann von Viessmann ist das nicht einfach, denn beim Abbrand entstehen organische und anorganische Aerosole. Um die organischen Staubteilchen zu vermeiden müsste die Ausbrandtemperatur hoch sein, um die anorganischen Teilchen zu vermeiden muss die Temperatur im Brennstoffbett kontrolliert werden. Ein Zielkonflikt, dessen Lösung bei den ersten Prototypen sowohl bei Nennlast als auch im schwierigeren Teillastbereich sehr gute Ergebnisse erzielte.
So konnte die Bildung grober Flugasche durch ruhige Bettführung und gleichmäßiger Bettdurchströmung reduziert werden. Organische Aerosole werden durch optimierte Luftzuführung und Gestaltung des Feuerraums verringert. Der Feuerraum bietet Ecken, wo sich die Partikel niederschlagen können und letztlich in die Restasche gelangen, wo sie auch hin sollen. Feinstäube werden durch Einstellung der Verbrennungsbedingungen und Temperaturkontrolle im Brennstoffbett reduziert.

Ethanol

Die Autofahrer mögen ihren Frieden mit E10 noch nicht geschlossen haben, aber nach Dr. Ralf Thomann vom Institut für Getreideverarbeitung (IGV) bleibt Ethanol für Lebensmittel, die Pharmazie und die chemische Industrie ein wichtiger Rohstoff. Meist wird das Getreide in robusten und preiswerten Hammermühlen gemahlen, die mit 10 kW je Tonne Getreide aber viel Energie verbrauchen.
Demgegenüber kann der Energiegehalt bei Vermahlung in Walzenmühlen auf fünf bis sieben kW je Tonne Getreide gesenkt werden. Nebenbei entsteht „Destillers spent grain“ (DSG), das den externen Energieeintrag reduzieren und damit die Kosten der Ethanolherstellung reduzieren kann.
Zusammen mit einer Brennerei in Sachsen-Anhalt, die jährlich 55.000 hl Ethanol herstellt, wurde die Walzenstuhltechnik und DSG ausprobiert. Bis dahin hat die Brennerei rund 700.000 Liter Heizöl für die Ethanolherstellung verbraucht. Mit 13 Liter Heizöl für einen Hektoliter Ethanol liegt der Energieaufwand rund die Hälfte unter dem Standard der meisten Brennereien, so Dr. Thomann. Stofflich wurden 50 Tonnen Getreide vermahlen und 160 hl Ethanol hergestellt. Es entstehen rund 3.750 Kilogramm DSG. Ohne die Ethanolausbeute zu verringern haben die Walzenstühle Faserstoffe gut separiert. Ein Großteil der Proteine verblieb in der Flüssigphase, das DSG als Faserstoffe zeigte als Pellet gute Brenneigenschaften.
Energetisch wurden aus den 50 Tonnen Getreide am Tag 3.750 kg Pellets mit 17 MJ/kg Energiegehalt erzeugt. Die Hälfte der 64.000 MJ wurde zum Trocknen der Pellets selbst verwendet, die andere Hälfte konnte rund 2.000 Liter Heizöl einsparen helfen. Auf diese Weise konnte bei der Ethanolherstellung bei Verwendung der in den Walzenstühlen abgeschiedenen DSG externer Energieeinsatz gesenkt werden, so dass die Brennerei auf eine Energiebilanz von acht Liter Heizöl je hl Ethanol kommt. Würden zusätzlich noch Holz- oder Hackschnitzel verwendet, dann wäre die Ethanolherstellung fast ökologisch autark.

Lesestoff:
Teil I des Projekttages Bioenergie 2050
www.fnr.de
www.gfp-forschung.de
www.dbfz.de
www.atb-potsdam.de
www.viessmann.de
www.igv-gmbh.de
Den Stand der erneuerbaren Energien in den einzelnen Bundesländern gibt die Seite www.foederal-erneuerbar.de wieder. Interaktive Grafiken von „A“ Anteil an der Stromerzeugung bis „Z“ wie Ziel und Funktion für die CO2-Refuktion.

Roland Krieg

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