Forschung zu „Nachhaltigem Landmanagement"

Landwirtschaft

Was ist Landmanagement?

Teller oder Trog? Das passt in jede Schlagzeile. Doch was sich für die Anbauplanung dahinter verbirgt, welche Betriebsmittel eingesetzt werden und welche Produkte im Rahmen der biobasierten Wirtschaft erzielt werden müssen, bleibt oftmals unklar. Teller oder Tank ist eine berechtigte Frage, doch nur ein Teil des übergeordneten Begriffs „Nachhaltiges Landmanagement“. Das ist meist nur der Fachwelt bekannt.
Im Mittelalter haben die meisten Menschen Roggen- und kein Weizenbrot gegessen. Im 19. Jahrhundert wurde ein Drittel der Ackerfläche mit Hafer für die Zugpferde bebaut. Doch Begriffe wie Roggenwüste und Haferwüste sind historisch nicht verbrieft. Die „Maiswüste“ hingegen kennt fast jeder.
Was hat sich verändert? Die Bevölkerung wächst und ändert auch noch ihre Ernährungsweise, die mehr Land braucht. Erneuerbare Energien sollen aus der klimatischen Sackgasse Klimaänderung führen. Wer fossile Energieträger ersetzen will, der muss im Rahmen der biobasierten Wirtschaft auch auf chemische Rohstoffe vom Acker setzen: Teller, Tank, Trog und Textilien. Außerdem bauen Menschen immer neue Häuser, auf der grünen Wiese entstehen Supermärkte und Verkehrsadern für Mobilität und Offshore-Strom durchschneiden das Land.
Wer das alles plant, ohne die natürlichen Ressourcen zu zerstören ist ein Manager. In diesem Falle eine Landnutzungsmanager.
Dem sind insgesamt 25 Verbundforschungsprojekte und zwei Projekte zur Begleitforschung gewidmet, deren Halbzeitbilanz das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den kommenden Tagen in Berlin präsentiert.

Vielfalt

So komplex „Nachhaltiges Landmanagement“ auch ist, so vielfältig sind die einzelnen Maßnahmen.
Die Emscher war einst ein stark mäandrierender Fluss in einer dünn besiedelten Landschaft bis das Ruhrgebiet aus ihr einen betonierten Abwasserkanal machte, der als Sinnbild für die industrielle Revolution das Ende der Natur symbolisierte. Heute macht der Masterplan Emscher den Fluss zwischen Holzwickede bis nach Dinslaken, wo er in den Rhein mündet, zu einem familienfreundlichen Begleiter. Das neue Emschertal bietet ein dichtes Wegenetz für Erholungssuchende. Wo die Natur sich den Fluss wieder erobern konnte, haben Pflanze und Tiere die Emscher wieder zum Leben erweckt.
Rund die Hälfte des weltweiten Kautschuks wird in den Plantagen im chinesischen Yunnan erzeugt. Das Gebiet gehört zur großen Subregion des Mekong und ist eine Region mit hoher Biodiversität. Ein deutsch-chinesisches Projekt misst die Kohlenstoffdynamik, die Hydrologie, aber auch Konflikte in der Ressourcennutzung und misst mikroökonomische Effekte einer nachhaltigen Kautschukplantage.
Unter Paludikultur wird die Nutzung nasser Moore verstanden. Die Uni Greifswald untersucht, ob Niedermoorbiomasse energetisch genutzt werden kann.

Annährung im Detail

Dem Begriff nachhaltiges Landmanagement hat sich Prof. Dr. Joachim von Braun vom Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn (ZEF) mit einer Beschreibung der veränderten Rahmenbedingungen genähert. Neben den veränderten Konsumgewohnheiten verknappt sich die Ressource Boden. Etwa ein Viertel der weltweiten Ackerfläche gilt als degradiert und 42 Prozent der Armen leben auf solchen Böden. Im Fokus steht vor allem Afrika. Dort hungern derzeit 200 Millionen Menschen, die Bevölkerung wird sich auf zwei Milliarden verdoppeln und zur Hälfte in den Städten leben. In solchen Situationen muss eine Balance gefunden werden - in Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von Nahrung zu schaffen, ohne die Ressourcen weiter zu belasten.
Die wichtigen Inputfaktoren für die Bauern sind Wasser, Land und Energie. Nach Prof. Braun mache es wenig Sinn sich nur auf eine Ressource zu konzentrieren. Das nachhaltige Landmanagement zeichne sich durch die Berücksichtigung aller Betriebsmittel aus. Die Technik kann dabei helfen. Die Pflanzen müssen neben Nahrungsmittel auch Aromen, Fasern und chemische Ausgangsstoffe liefern. Der Ausgangsstoff Biomasse ist voluminös verfügbar, doch die Menge an Endprodukten ist gering und daher hochpreisig. Das erleichtert den Einstieg in die moderne Synthese: Die Industrie könne aus Mikroben landunabhängig gewünschte Stoffe wie Aminosäuren herstellen. Auch diese Überlegung gehört zum Landmanagement dazu.
Den Bauern bleibt die prioritäre Aufgabe, Nahrungsmittel zu erzeugen. Ein Blick auf die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe zeige, dass die meisten Nahrungsmittel von Kleinbauern erzeugt werden. Die großen Betriebe spielen nach Prof. Braun für die Ernährungssouveränität keine Rolle. Auch der Einfluss großer Agrarkonzerne gehe zurück. So müsse sich Monsanto in Indien mit seiner GVO-Baumwolle den Markt zunehmend mit heimischem und lokal angepasstem Saatgut teilen. Die größere Wertschöpfung für eine Region werde zudem im nachgelagerten Bereich der Verarbeitung und des Handels erzielt. Weniger durch die Wahl der Betriebsmittel.
Veränderungen sieht Prof. Braun auch beim Thema Land Grabbing. Die Phasen, das lokale Regierungen und multinationale Konzerne den Kleinbauern das Land streitig machen, neige sich dem Ende zu. Derzeit sind es heimische Unternehmen, die Land aufkaufen. Vermehrt kommen dabei Modelle zum Einsatz, die Beschäftigung und regionalen Wohlstand erzeugen, erläuterte Prof. Braun.

Landmanagement ist Bodenmanagement

Für Reinhard Ollig, Abteilungsleiter im BMBF, ist der Begriff Landmanagement zu statisch. Die Forschung sei zwar wichtig, aber eine Umsetzung der einzelnen Ergebnisse müsse in den Länder und Kommunen erfolgen. Dem widerspricht Prof. Dr. Angelika Zahrnt, Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Die Aufgabe der Politik bestehe doch in der Festsetzung von Rahmenbedingungen wie Reduzierung des Flächenverbrauchs, Ausgestaltung der europäischen Agrarpolitik, der eigenen Verkehrspolitik oder den Änderungsmöglichkeiten im Baugesetzbuch: „Der Bund hat eine Menge Handlungsmöglichkeiten!“
Maßnahmen und Instrumente sind genug vorhanden, aber es fehle an der Umsetzung. Für Prof. Dr. Karin Holm-Müller, stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen, ist es eine Frage, wer die Inhalte nach vorne bringe. Erst wenn Medien und Interessensgruppen einspringen, setze die Politik etwas um.
Auch für Prof. Braun ist der Rechtsrahmen entscheidend. Boden und Land haben im internationalen Handel den Charakter eines öffentlichen Guts gewonnen, der einen Eingriff des Staates legitimiere. Nur das führe aus dem Dilemma von Verknappung wieder heraus.
Prof. Dr. Dr. Töpfer, Exekutivdirektor des Institute for Advanced Sustainibility Studies Potsdam, fokussiert das Landmanagement auf das Bodenmanagement. Der Boden hat bei den meisten Menschen keinen Wert mehr. Das hänge auch damit zusammen, dass Sanierungsmaßnahmen gesellschaftlich verteilt werden. Die Sanierung der Braunkohlegebiete belaufe sich auf zehn und die der DDR-Wismut auf sechs Milliarden Euro. Diese Werte tauchen in den Nutzungsbilanzen nicht auf. Das einzig Gute daran sei, dass die Sanierungstechnik aus Deutschland mittlerweile weltweit nachgefragt werde.
Die Welt brauche eine ehrliche Bodenbilanz. Es sei nicht nachhaltig, Futter aus Lateinamerika nach Europa zu bringen, während die Gülle hier die Böden überversorge. Eine regionale Bilanzierung de Nährstoffe führe zu einer nachhaltigen Landnutzung.

Lesestoff:

www.nachhaltiges-landmanagement.de

Roland Krieg

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