Französisches Milchpreismodell für Deutschland?

Landwirtschaft

„Kein zurück zur Marktordnung“

In Frankreich haben sich die Milchbauern mit den Molkereien auf einen Milchpreis geeinigt, den sie Jahresablauf durchschnittlich erreichen wollen. 28 Cent wird der Richtpreis sein. Auf der 4. Handelsblatt Jahrestagung der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Berlin forderte Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, für Deutschland ein vergleichbares Modell und hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und Wirtschaftsminister Guttenberg angeschrieben, den Weg dafür frei zu machen. Derzeit gebe es noch kartellrechtliche Bedenken für eine vergleichbare Einigung.

Gerd SonnleitnerMolkereien müssen sich rühren
Seit 1992 sei das Ende der Milchquote vorhersehbar gewesen, doch die Molkereien haben sich seitdem nicht für den Ausstieg vorbereitet, klagte Sonnleitner. Derzeit werde die Marktorientierung der Gemeinsamen Agrarpolitik in Frage gestellt, doch gebe es kein zurück mehr. Stattdessen seine die Bauern zerstritten. Die einen wollen eine Marktordnung, die anderen den Wettbewerb akzeptieren. Die Bauern seien gegenüber ihren Molkereinen misstrauisch. Die Eigenkapitaldecke sei zu dünn und wenn eine Molkerei sich auf die Käseproduktion spezialisiert hat, bringe sie überschüssige Milch zu jedem Preis auf dem Trinkmilchmarkt unter und verderbe dort die Preise. Zudem reagierten die Molkereien mit einem „Unterbietungswettbewerb“ auf die Nachfragekonzentration des Lebensmittelhandels. Die Molkereien würden lediglich mit dem Satz „Wir haben zu viel Milch“ reagieren. Sonnleitner vermisst Konzepte und Pläne in der Branche. Weder Ilse Aigner noch EU-Kommissarin Fischer Boel könnten das Fehlverhalten ausgleichen. „Niemand soll sich hinter der Quote verstecken, wir sind für den Markt selbst verantwortlich“, sagte Sonnleitner.
Im Schweinefleischbereich hat Deutschland Dänemark überholt und ist jetzt der größte Anbieter in Europa. Im Milchbereich könnte sich eine vergleichbare Erfolgsgeschichte verbergen.

Agrarhauhalt: Keine Verteilungskämpfe
Nach dem Auf und Ab der Preise der letzten Jahre und der derzeitigen Krise werde die Landwirtschaft gestärkt hervorgehen. „Wir sind trendy und wir sind zukunftsorientiert“, sagte Sonnleitner. In den nächsten zehn Jahren werde der Agrarbereich von seinem dritten Platz der deutschen Ökonomie auf den ersten Platz durchstarten. Dass aber gelinge nur, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen. Das informelle Agrarministertreffen in Brno habe gezeigt, dass die Verteilungskämpfe um den Agrarhaushalt bereits begonnen haben. Die ausgezahlten Prämien schwanken innerhalb der EU zwischen 80 und 500 Euro je Hektar, es gebe Verteilungskämpfe zwischen der ersten und der zweiten Säule sowie auch innerhalb der Ausgabenbereiche. Wichtiger ist für den Bauernverband jedoch zunächst die Akzeptanz der Gesellschaft für einen Agrarhaushalt. Man müsse die Vorteile und Nachteile transparent machen, wenn man nach 2013 das Budget erhalten wolle. Da hätten die Akteure noch viel Arbeit vor sich festzustellen, welche Marktsicherungssysteme überhaupt politisch noch haltbar sind.

Lesestoff:
4. Handelsblatt Jahrestagung der Agrar- und Ernährungswirtschaft am 09. und 10. Juni:
Keine Alternativen zum globalen Wettbewerb
Markt: Alles grün bei Schweinefleisch
Ernährungswirtschaft und Handel
Technischer Fortschritt, aber wie?

Roland Krieg (Text und Foto)

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