„Frau Lemke, Sie haben völlig Recht.“

Landwirtschaft

Das Murmeltier grüßt aus dem Bundestag

Drei Zulassungen für gentechnisch veränderten Mais warten in Brüssel auf Zulassung. Dass dort keine Entscheidung fällt, liegt auch an Berlin, wo die Regierungskoalition im Waffenstillstand verharrt. Das erzürnt Bündnis 90/Die Grünen erneut und hat deren parlamentarische Geschäftsführerin Steffi Lemke zum vierten Mal für einen Antrag zur sofortigen Sachentscheidung an das Rednerpult gezwungen.

Die Grünen wollen die Maissorten nicht zulassen und haben schon drei entsprechende Anträge an die Regierung gestellt. Die welken im Agrarausschuss vor sich hin, weil die Koalitionsmehrheit keine Abstimmung dazu zulässt. Während Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland ablehnt, in Brüssel jedoch zulassen würde und Barbara Hendricks aus dem Bundesumweltministerium (SPD) vehement gegen die Zulassung ist, findet die Koalition keine einheitliche Entscheidung in Berlin. Daher muss sie in Brüssel sich als gewichtiger Partner der Stimme enthalten. Daher findet sich in Brüssel keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Zulassung.

Die Abstimmungen zu den Grünen-Anträge im Agrarausschuss werden derzeit sogar ohne Begründung verschoben, beklagte Steffi Lemke. Das beschneide die Oppositionsrechte und führe zu dem „unrühmlichen Verhalten“ Deutschlands in Brüssel. Der Blick auf den 27. März führt in den EU-Berufungsausschuss, der aller Wahrscheinlichkeit ebenfalls keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Mais-Zulassungen erwarten lässt. Dann allerdings ist das Possenspiel zu Ende, weil die Kommission alleine entscheiden wird – und wohl gegen das Europaparlament die Maissorten erlaubt.

Mit der CSU, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD gibt es nach Parteiprogrammen eine eindeutige Mehrheit der Abgeordneten gegen die Gentechnik. Allein die CDU sperrt sich und kann sich in der Koalition so durchsetzen, dass selbst die Sozialdemokraten gegen ihr Parteiprogramm mitspielen. An die adressierte Lemke am Donnerstag ihre Kritik: Sie haben ein Erklärungsproblem, weil sich Hendricks nicht durchsetzen kann und haben ein Erklärungsproblem, weil sie an der Entscheidungslosigkeit teilhaben.

Elvira Drobinski-Weiß gehört für die SPD den Ausschüssen für Verbraucherrecht und Agrar sowie dem Unterausschuss Europa an: „Frau Lemke, Sie haben völlig Recht!“ Lässt aber gleich danach die Begründung folgen, warum die SPD wiederholt gegen die sofortige Sachentscheidung votiert und den vierten Antrag in den Ausschuss überweist: CDU und CSU können sich nach Drobinski-Weiß nicht so deutlich positionieren wie die SPD und das Umweltministerium – sei aber eben der Koalitionspartner. Mit dem sollte die SPD auch bei allen Differenzen in der Politik einig sein. „Immerhin“, so Drobinski-Weiß, „hat es die Zulassung bis jetzt verhindert.“  

Dennoch zeigt der Geschäftsantrag der Grünen Wirkung. Die Verbraucherschutzpolitikerin zeigte sich genervt: „Wir wollen uns nicht ständig von Euch vorführen lassen.“

Roland Krieg

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