Frauen in Entwicklungsländern

Landwirtschaft

Weltfrauentag: Noch immer viel zu tun

Die Vereinten Nationen haben den 100. Weltfrauentag heute unter das Motto Ausbildung gestellt. Die Ziele zwei und drei der Millenniumsentwicklungsaufgaben beschäftigen sich damit: Ziel zwei beschreibt den aktuellen Zugang zur Grundschule. Der Zwischenbericht der UNO sieht zwar große Fortschritte in vielen Ländern, doch ist der Zuwachs zu gering, als das bis 2015 wirklich alle Jungen und Mädchen die Grundschule besuchen können. Ähnlich fällt das Fazit für das Ziel drei aus, der Geschlechtergleichheit. Vor allem Mädchen verlieren den Anschluss. Im Jahr 1999 konnten auf 100 Jungen 91 Mädchen die Grund- und 88 eine weiterführende Schule besuchen. Im Jahr 2008 lagen die Zahlen bei den Mädchen bei 96 und 95. Bis 2015 wird die Geschlechtergleichheit nicht hergestellt sein. Im Ziel fünf soll die Müttergesundheit um drei Viertel reduziert werden, was aber nach Zwischenfazit der UNO ebenfalls nicht erreicht wird. Zusammen sind diese Ziele Zwischenstufen für das erste Millenniumsentwicklungsziel, der Halbierung der Anzahl hungernder Menschen.
Zum Weltfrauentag werden folgende Defizite wiederholt beschrieben:

Malaria

In Afrika sterben jährlich etwa 10.000 schwangere Frauen und 200.000 Neugeborene unnötigerweise an Malaria. Frauen sind besonders von Armut betroffen und leben von weniger als zwei US-Dollar am Tag. Ihnen fehlt das Geld für einfache Malariaprophylaxe, beklagt action medeor. Nach Christine Häfele-Abah von medeor haben Schwangere ein viermal größeres Risiko an Malaria zu erkranken. Ein einziger Mückenstich ist eine ernsthafte Gefahr für Mutter und Kind. Zwei mal drei Tabletten zur Prophylaxe kosten nicht einmal 14 Cent, ein Moskitonetz fünf Euro. Ein Problem ist der eingeschränkte Zugang von Frauen zu Aufklärungs- und Bildungsangeboten. Nur ein Bruchteil der Frauen sei darüber informiert, wie man sich gegen Malaria schützen kann. Das Deutsche Medikamentenhilfswerk medeor hat die Kampagne „Stop Malaria now“ initiiert.

Landrechte

In den Entwicklungsländern haben diskriminierende Praktiken die Marginalisierung von Frauen und damit die Armut verschärft, weist die Menschenrechtsorganisation FIAN zum Weltfrauentag hin. So sind Frauen vom Zugang zu Land, Wasser oder Saatgut ausgeschlossen oder werden behindert, so dass Frauen von Hunger und Unterernährung am meisten betroffen sind. FIAN fordert das gleiche Recht auf Ressourcen ein, damit das Recht auf Nahrung umgesetzt werden kann.
So haben im Jahr 2001 Frauen an der honduranischen Atlantikküste ungenutztes land besetzt und bestellen es selbst. Nach jahrelangem Kampf wurde ihnen ein Eigentumstitel für den Februar 2011 in Aussicht gestellt, doch von der Regierung nach einem Gerichtsurteil wieder verweigert. Jetzt kämpfen die Frauen zum Weltfrauentag mit einer Öffentlichkeitskampage für ihre Interessen. Nach Martin Wolpold-Bosien, Zentralamerika-Experte von FIAN ist dieser Streit beispielgebend für den Kampf von kleinbäuerlichen Interessen. „Es ist höchste Zeit anzuerkennen, dass Frauen in ländlichen Gebieten Schlüsselakteurinnen sind. Als Rechteinhaberinnen müssen sie auf gleicher Augenhöhe beteiligt sein, wenn es um Verhandlungen und politische Entscheidungen zu ländlicher Entwicklung und Agrarpolitik geht“, so Martin Wolpold-Bosien. Im Juni wollen die Honduranerinnen den 10. Jahrestag der Landbesetzung auf ihren eigenen Grund feiern.

Frauentage im BMZ

Die Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp will Frauen fördern und fordern: „Nicht endlos-Debatten über Frauenquoten in Führungsetagen von Unternehmen und Verwaltungen sind zielführend, sondern konkrete Taten.“ Während zweier Begleittage will Kopp jungen Frauen die Möglichkeit geben, ihre Arbeit im Ministerium und im Bundestag zu begleiten. Mit einem Frauenanteil von 51,8 Prozent sei das BMZ ein Vorbild für andere Ministerium, teilte Kopp mit. Der Anteil in Leitungsfunktionen ist ebenfalls hoch und wird nur vom Familienministerium getoppt. Im BMZ sind 36,4 Prozent der Frauen mit Leitungsaufgaben betraut.

Widerstandstag

Das ökumenische Inkota Netzwerk hat seinen aktuellen Inkota-Brief 155 ganz dem Frauentag gewidmet. Christina Felschen warnt darin vor „Instrumentalisierungen“ mit falschen Ausrichtungen. So werde der tag entwertet, wenn Fitness-Studios am Frauentag mit Sonderkonditionen werben oder Unternehmer kaufkräftige Kundinnen einladen. Der Frauentag ist in Nord und Süd immer der Tag gewesen, an dem Frauen selbst auf ihre Bedürfnisse und Wünsche aufmerksam machten. In 26 Ländern ist der Frauentag auch ein Feiertag.
Felschen beschreibt Beispiele, die den Tag mit dem Widerstand verbinden. Vom 08. März 1945 im Konzentrationslager Ravensbrück bis zum Jahr 1980 als 100 Chileninnen unter Pinotchet den Tag erstmals begangen – verhaftet und misshandelt wurden – und sechs Jahre später erneut auf die Straße gingen („Mit uns nicht mehr, wir sind mehr!“). Die Bedeutung haben auch die Männer verstanden. König Mohammed VI von Marokko kündete am Frauentag 2001 an, das Familiengesetz zu überarbeiten.

Es ist an der Zeit…

„Es ist an der Zeit, das Ziel der Gleichberechtigung zu realisieren“, fordert Michelle Bachelet, Leiterin der UN-Frauen-Organisation UN Women. Die Pioniere des ersten Frauentages würden die heutige Welt „aus Stolz und Enttäuschung“ ansehen. Das letzte Jahrhundert habe zu einer „beispiellosen Expansion der Rechtsansprüche und Berechtigungen von Frauen“ geführt, doch sind die zuerst geäußerten Wünsche „noch lange nicht wahr geworden“. Zwei von drei erwachsenen Analphabeten sind Frauen, täglich stirbt alle 90 Sekunden eine Frau in der Schwangerschaft oder bei auftretenden Komplikationen bei der Geburt, so Bachelet. Weiterhin verdienen überall auf der Welt Frauen weniger als Männer in den gleichen Berufen und Zugang zu Land- und erbrecht haben sie zu oft immer noch nicht.
Dadurch das Frauen diskriminiert werden, werde das Talent der Hälfte der Weltbevölkerung nicht ausgeschöpft. Das untergrabe die Qualität der Demokratie, die Stärke der Wirtschaft, die Gesundheit der Gesellschaft und die Nachhaltigkeit des Friedens.
Deshalb hat sich Michelle Bachelet für die Schaffung der neuen UN Women – Organisation eingesetzt, um das „gesamte UN-System wachzurütteln“, damit die Charta der Gleichberechtigung von Männern und Frauen eingelöst werde. Die neue UN-Organisation wurde offiziell am 24. Februar gegründet.

Lesestoff:
www.un.org/womenwatch/feature/iwd
www.medeor.org
Inkota-Brief 155: www.inkota.de
www.unwomen.org

Roland Krieg; Fotos: Afrikanerin: Birgit Betzelt (obs/action medeor); Inkota

Zurück