Freilandtest für Nutztiermedikamente

Landwirtschaft

Neue Umweltverträglichkeitsprüfung für Tierarznei

Ivermectin ist ein Wirkstoff gegen Fadenwürmer, Milben und anderen Parasiten, die sowohl Tiere als auch Menschen befallen. Der Wirkstoff bindet sich an Chloridkanäle der Parasitenzellen und führt dadurch zum Tod. Nebenwirkungen im Tier entstehen eher durch die absterbenden Parasiten als durch das Medikament, dass seit den 1980er Jahren  bei großen und kleinen Wiederkäuern sowie Pferden eingesetzt wird.

Der Wirkstoff verlässt den Körper über den Kot und schon früh haben Umweltwissenschaftler über eine Gefährdung der Koprophagenfauna diskutiert. Darunter sind Kotfressende Arten wie Mistkäfer oder Blatthornkäfer sowie Vögel gemeint, die Larven aus dem Kot suchen. Neben Folgen auf die Nahrungskette verzögert Ivermectin auch den Dungabbau, was zu Grasnarbenschäden auf Weiden zur Folge hat [1].

Folgewirkungen

Neu entwickelte Wirkstoffe müssen im Labor beweisen, welche Gefahren von ihnen ausgehen und auf welche Pflanzen und Tiere sind keine Effekte haben. Für die Kakrophagenfauna werden im Labor ökotoxikologische Tests (LD50) an den Maden der Grossen Gelben Dungfliege, der Stallfliege oder am Dungkäfer durchgeführt. Allerdings variiert die Empfindlichkeit der einzelnen Tierarten auch bei enger Verwandtschaft erheblich. Deshalb hat Evolutionsbiologe Wolf Blanckenhorn von der Universität Zürich die Repräsentativität dieser Tests hinterfragt. Das Risiko für eine hohe Schädigung empfindlicher Arten und wichtige Ökosystemleistungen bleibe groß.

Freilandtests

Blanckenhorn hat die Labortests nicht nur auf eine repräsentative Auswahl der Kakrophagenfauna ausgedehnt, sondern sogar einen Freilandtest entwickelt. Auf vier repräsentativen Weidestandorten in Kanada, Südfrankreich, den Niederlanden und der Schweiz verteilten sie Dungfladen mit unterschiedlicher Ivermectin-Konzentration. „Insgesamt nahmen erwartungsgemäß die Anzahl und die Diversität der Dungkäfer, Dungfliegen und Schlupfwespen mit zunehmender Ivermectin-Konzentration signifikant ab“, beschreibt Blanckenhorn das erste Ergebnis. Doch nicht wenige Arten stellten sich als unempfindlich heraus. Dazu gehörten die unter dem Fladen lebenden Regenwürmer und Springschwänze, weswegen in einem Parallelversuch der Dungabbau auch nicht signifikant beeinträchtigt wurde. „Offenbar konnten nicht so stark vom Medikament betroffene Nützlinge wie etwa die Regenwürmer den Ausfall anderer Organismen kompensieren.“

Dungfladen mir Dung abbauenden Nuetzlingen im Zuercher Freilandtest; Foto: UZH

Die Versuche waren reproduzierbar und zeigten an allen Standorten vergleichbare Ergebnisse. Damit war der Freilandansatz für Blanckenhorn „erfolgreich und ist prinzipiell empfehlenswert. Die zuständigen Regulierungsbehörden, etwa die European Medicines Agency (EMA), müsse nun entscheiden, ob dieser aussagekräftigere aber aufwendigere Test in Zukunft vorgeschrieben wird“, fasst der Biologe seine Arbeit zusammen.

Der Aufwand für die Bestimmung der zahlreichen Tierarten sei groß und ohne biologisches Wissen kaum möglich. Die Artenbestimmung über DNA-Barcoding werde künftig günstiger. Bis dahin müsste jedoch noch eine Datenbank für Dungorganismen aufgestellt werden.

Lesestoff:

Kevin D. Floate, Wolf U. Blanckenhorn. Non-target Structural and Functional Effects of Ivermectin Residues in Cattle Dung on Pasture – Guidance for Researchers and Regulators. Environmental Toxicology and Chemistry. Volume 35, Issue 8. July 21, 2016. DOI: 10.1002/etc.3549

[1] McCracken, D & Bignal, E, (1991), Chemical alternatives to treatment of cattle with Ivermectin, 2 pages A4; Joint Nature Conservation Committee http://jncc.defra.gov.uk/page-2736

Roland Krieg; Foto: UZH

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