Freiwillig in den Melkstand
Landwirtschaft
Moderne Milchproduktion
Die Milchproduktion ist eine ganz besondere innerhalb der
Landwirtschaft. Nicht nur, weil Milch ein Lebensmittel mit ganz besonderem
Image ist und Kühe bei Verbrauchern einen hohen Beliebtheitsgrad haben – sondern
auch, weil sie viel Arbeit machen. Ein Bauernspruch geht so: „Eine Kuh macht
Muh, viele Kühe machen Mühe.“
Die Tiere wollen zwei Mal am Tag gemolken werden, sieben
Tage die Woche und 365 Tage im Jahr. Schon ein Wochenendurlaub der Bauernfamilie
bedeutet, jemanden zu finden, der die Arbeit übernimmt. Welche Technik ist
möglich, dass die Kühe im freien Kuhverkehr automatisch gemolken werden?
VMS
Wie das geht, zeigt der schwedische Melktechnikspezialist
DeLaval auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin. Eine kleine Herde
Fleckvieh in der Halle 3.2 betrachtet die Messebesucher und bei Bedarf suchen
die Kühe den automatischen Melkstand (voluntary milking system – VMS) auf. Eine
Kamera mit Doppellaser führt die Melkbecher an die Zitzen, die mit warmen
Wasser und sanfter Druckluft gereinigt werden. Die Milch aus jeder der vier
Euterkammern wird separat untersucht und notfalls abgeleitet. Die Milch aus den
anderen Kammern fließt dann in den Milchtank.
Die ranghöheren Tiere suchen in der Regel den Melkstand
tagsüber auf, die rangniedrigeren Tiere kommen in der Nacht, erklärt Dr. Ulrike
Borchert, Tierärztin bei DeLaval.
Das System melkt qualitativ auf höchstem Niveau und sorgt
durch die Freiwilligkeit der Tiere für weniger Stress. Rund 2,6 Mal werden die
Tiere am Tag gemolken. Kommt ein Tier zu oft, wird es vom System sanft wieder hinaus
komplementiert.
Für alle Betriebe
Rund 7.000 VMS-Systeme hat DeLaval weltweit verkauft. Neue Systeme mussten entwickelt werden, weil sich die Milchwirtschaft verändert. Von 1993 an bis heute hat sich die Kuhzahl je Betrieb von 24 auf 45 erhöht. Von 220.000 Betrieben sind nur noch 130.000 übrig geblieben. Während die Arbeitserleichterung bei den Familienbetrieben ein Treiber für die Neuentwicklung war, fragen immer mehr Großbetriebe nach dem System, so Gerd Claußen, Verkaufsdirektor für Europa. Wie sich in Herden mit 1.000 Kühen der freie Kuhverkehr zum Melkautomaten sei noch offen. Wie viel Systeme bräuchten die Betriebe? Das, so Claußen ist ein lernender Prozess.
Smart Farming
Neben Arbeitserleichterung und Milchqualität hat das
VMS-System noch weitere Vorteile. Der Energieverbrauch je Tonne Milch reduziert
sich auf 15 bis 25 kW. Einem bislang noch nicht erreichten Wert.
Die Entwicklung des VMS ist in das Smart Farm – Konzept von
DeLaval eingebettet. Dazu gehören Weiterentwicklungen in den Bereichen
Herdenmanagement, Fütterung, Melken, Milchqualität, Tiergesundheit und
Stalleinrichtungen, wie die mittlerweile verbreitete Kuhbürste. Mit Hilfe der
rotierenden Bürste geben die Kühe einen Liter mehr Milch am Tag.
Halle 3.2
Roland Krieg; Fotos: Ralf Flucke
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