Frischzellenkur für Blaue Süßlupine

Landwirtschaft

„Reagenzglas-Heirat“ zwischen Wild- und Kulturlupine

ProtoplastenfusionDie Blaue Süßlupine ist eine heimische Eiweißpflanze, die alle Voraussetzungen mitbringt, um künftig Soja- oder Hühnereiweiß in Teig- und Wurstwaren, in Saucen oder sogar in Eiscremes zu ersetzen. Zudem verbessert ihr Anbau in Fruchtfolgen die Bodenstruktur, denn die Blaue Lupine besitzt eine tiefgehende Pfahlwurzel und ein gutes Phosphat-Aufschlussvermögen. Leider hinkt die Lupine, was den Ertrag betrifft, anderen Fruchtarten hinterher. Ein Forschritt in der Züchtung wird dadurch gehemmt, dass alle heutigen „süßen“ Blaulupinen-Sorten von ähnlichen Pflanzeneltern abstammen. Eine Lösung des Problems wäre eine genetische Frischzellenkur durch Kreuzung mit wilden Verwandten. Doch dafür sind die Barrieren zwischen Wild- und Zuchtform bereits zu hoch. Ein Ausweg ist die künstlich erzwungene Hochzeit von Zellen im Reagenzglas, Protoplastenfusion genannt. Genau solch eine Protoplastenfusion ist Wissenschaftlern des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Groß Lüsewitz geglückt. Über ihren Erfolg, bei dem am Ende Sprosse mit Genen beider Eltern in künstlichem Nährboden stehen, berichten sie in der Märzausgabe der Zeitschrift „Plant Cell, Tissue and Organ Culture“ (PCTOC).

Protoplastenfusion
Es ist allgemein bekannt, dass Pflanzen sich vegetativ, auf ungeschlechtlichem Weg, vermehren lassen. Aus einem kleinen Zellhaufen wächst in geeigneten Nährmedien wieder eine Pflanze heran. Da es bei der Blauen Lupine und ihrer „Wildform“ mit der geschlechtlichen Vermehrung, bei der Pollen auf die Narbe gebracht wird, nicht klappte, sind die Züchtungsforscher des JKI auf den biotechnologischen Ansatz ausgewichen. „Um die Gene beider Partner doch noch zu vereinen, haben wir Zellen ohne ihre Zellwand aus dem Pflanzengewebe gewonnen, um danach in einem elektrischen Feld die Beginn der SprossendiffernzierungVerschmelzung der Elternzellen herbeizuführen“, berichtet Dr. Karin Sonntag. Die Wissenschaftlerin nutzte für die Protoplastenfusion Zellen aus verschiedenen Geweben von sieben etablierten Sorten, die sie mit Wildtypen aus drei verschiedenen Herkünften zusammenbrachte. „Von den vielen Kombinationen hatten nur wenige Erfolg“, berichtet Sonntag. Nur zwei der Kulturformen hatten sich mit einer Wildform im Reagenzglas „verheiraten“ lassen. Die Forscher konnten drei Zellhaufen erzeugen, die Gene beider eingesetzter Elternzellen in sich trugen. Aus diesen in der Petrischale (in vitro) entwickelten Zellhaufen wieder grüne Sprosse zu kultivieren, ist laut Dr. Sonntag die größte Herausforderung gewesen. „Sprosse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Süßlupinen mit neuen aus dem eigenen Genpool stammenden Eigenschaften“, so das Fazit der JKI-Wissenschaftlerin. Bis zum züchterischen Einsatz der Protoplastenfusion ist es jedoch noch ein weiter Weg, denn die regenerierten Sprosse müssen nun noch dazu gebracht werden, im künstlichen Nährmedium auch Wurzeln zu schlagen. Die Zukunft wird zeigen, ob die Zell-Paarungen auch von Bestand sind.

Lesestoff:
Originalartikel: „Protoplast isolation and culture for somatic hybridization of Lupinus angustifolius and L . subcarnosus“ von K. Sonntag, B. Ruge-Wehling and P. Wehling PCTOC S. 297-305 Vol. 96, Nr. 3 / März 2009 (DOI 10.1007/s11240-008-9487-5)

Stefanie Hahn; JKI

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