Früherkennung von Klauenerkrankungen im Milchviehstall

Landwirtschaft

Klauenerkrankungen von Milchrindern hören

Gesunde Klauen sind Voraussetzung für die Gesundheit eines Milchrundes. Lahmheiten sind aber einer wichtigsten Abgangsursachen aus dem Milchviehstall. Nach Fruchtbarkeit und Eutergesundheit sind Klauenerkrankungen mit zehn bis 15 Prozent die drittmeiste Abgangsursache aus dem Milchviehstall. Lahmheiten sind für die Tiere schmerzhaft und belasten sie sehr. Fruchtbarkeitsstörungen können als Folge von Klauenerkrankungen auftreten. Je nach Lahmheitsgrad erzeugen die Kühe zwischen fünf und 36 Prozent weniger Milch.

Ursachen

Die Erkrankung folgt aus einer Überlastung oder Fehlbelastung einzelner Klauen. Nicht jeder Landwirt erkennt den Beginn einer Lahmheit. Kühe können ihre Schmerzen ziemlich gut verbergen. Auch in der Schweiz haben Veterinäre nach Aussage des Rindergesundheitsdienstes RGD einen geübteren Blick.

Generell lässt sich die Klauenerkrankung auf die nicht auf Kühe zugeschnittenen Haltungsbedingungen zurückführen. Die Kuh ist ein Weichbodengänger und liegt die meiste Zeit des Tages wiederkäuend auf dem Boden. Die Laufställe hingegen sind arbeitswirtschaftlich optimiert und haben einen harten Untergrund. Lahmheiten in Anbindeställen treten nach RGD seltener auf.

Doch auch die Fütterung spielt eine Rolle. Spurenelemente und ausreichend Biotin im Futter haben einen positiven Einfluss auf die Hornqualität der Zehen. Zusätzlich gehört eine regelmäßige Klauenpflege bei den Kuhdamen zum Wellness-Programm. Schon 2013 hat die Veterinärin Prof. Dr. Kerstin Müller von der FU Berlin im Bauernblatt die Bildung von „Expertenteams“ aus Landwirten, Veterinären, Fütterungsberatern und Klauenpflegern postuliert.

Das gleiche gilt übrigens auch für den Ökolandbau. Seit 2015 widmet sich das Projekt „Klauenfitnet“ dem Problem, das jüngst in die Weiterentwicklung „Klauenfitnet 2.0“ ging.

Es gilt der Satz: Je früher Klauenerkrankungen erkannt werden, desto höher ist die Heilungswahrscheinlichkeit. Das Projekt bündelt digitale Daten vom Einzeltier und der Umwelt.

Ich höre wie es Deinen Füßen geht

Am Gang die ersten Symptome „hören“

Noch einen Schritt weiter ist das Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf bei Rostock gegangen. Die Kühe laufen bei ihren täglichen Wegen über eine patentierte Trittschallplatte. Diese wird im nächsten Jahr auf der Eurotier in Hannover als Weltpremiere präsentiert.

Weil das Rind die schmerzende Stelle sehr früh zu entlasten beginnt verändert sich das Schallbild ihres Ganges. Kurt Wendland vom FBN hat zusammen mit der Rostocker Firma „argus electronic“ eine Trittschallplatte entwickelt, mit der krankhafte Auftritte klassifiziert werden können. Die Aufnahme erfolgt mit Beschleunigungssensoren mit anschließender mathematischen Bewertung.

Die kompletten akustischen Gangmuster werden digitalisiert, modelliert und in einer tierindividuellen Datenbank abgelegt. Gesunde Kühe haben ein fließendes, sicheres Gangmuster, kranke Tiere bewegen sich unregelmäßiger. Veränderungen des Bewegungsverhaltens und der Auftritte sollen genutzt werden, Lahmheit frühzeitig zu erkennen und die entsprechenden Tiere dem Landwirt zeitnah zu melden, um Schritte für eine Behandlung einzuleiten. Die Trittschallplatte kann in einer Milchrinderanlange so integriert werden, dass die Tiere diese bei jedem Melkvorgang überqueren müssen.
„Besonderes Augenmerk haben wir auf die Robustheit und Praxistauglichkeit des Systems gelegt“, betonte Projektleiter Dr. Peter-Christian Schön.

Die Trittschallplatte könnte auch für andere Haltungsformen und Tierarten erweitert werden.

Roland Krieg; Foto: Joachim Kloock (FBN)

Zurück