Fruit Logistica startet in Berlin

Landwirtschaft

Frischebereich vor großen Herausforderungen

Heute startet für drei Tage auf dem Berliner Messegelände die Weltleitmesse für Obst und Gemüse. Mit 90 Prozent Ausstellern aus dem Ausland ist die Fruit Logistica die internationalste Ausstellung der Messe Berlin GmbH. 3.100 Aussteller aus 80 Ländern erwarten innerhalb von drei Tagen rund 75.000 Fachbesucher aus 130 Ländern, die parallel aus einem umfangreichen Kongressprogramm neue Informationen gewinnen können. Mit der neuen Halle 26 ist die Fruchtmesse um den Berliner Funkturm auch flächenmäßig gewachsen. Dort zeigen sich die Frischelogistik und eine Bündelung afrikanischer Anbieter.

Rainer Münch

Weltweit wird sich der Fruchthandel bis 2030 verdoppeln. Das hat eine Trendstudie von Oliver Wyman gezeigt, die Rainer Münch der Presse vorstellte. Das liege nicht nur an der wachsenden Bevölkerung und einer größer werdenden Mittelklasse in Asien, sondern auch am weltweiten Trend zu mehr Gesundheit und Wellness. Obst und Gemüse können mit Vitaminen und Mineralstoffen einen erheblichen Beitrag für eine gesunde Ernährung leisten. Der Online-Handel wächst vor allem in Asien und darf „on top“ zum prognostizierten Wachstum angesehen werden.

Uptrading statt Konsumsteigerung

Dennoch essen die Deutschen nicht mehr Obst und Gemüse. Dieter Krauß zeigte zuvor sich in der Lebensmittel Zeitung pessimistisch über eine Steigerung des Konsums mit Aufrufen, Plakaten und Werbekampagnen. Dafür bleiben nur die Ladenkasse mit innovativen Konzepten und die emotionale Ansprache im Schulbereich übrig.

Die Tomate zeigt wie es geht. Gab es vor einigen Jahren praktisch nur eine runde rote Tomate im Handel, kann der Kunde heute zwischen anderen Farben und Formen wählen, bekommt kleine Snack-Packungen für unterwegs angeboten und zahlt am Ende durchaus mehr. Marketingexperten nennen das „uptrading“. Gegenüber Herd-und-Hof.de sieht Rainer Münch Chancen im „uptrading“ bei anderen Obst- und Gemüsesorten.

Ein anderes Wort ist „convenience“. Steven Martina von der niederländischen „Greenery“ sucht ständig, Obst und Gemüse so einfach und verzehrfertig wie möglich an den Kunden zu bringen. Dieser will nicht mehr schnippeln, zerteilen und aussortieren. „Sofortkonsum“ ist ein anderes Zauberwort der Frische-Branche. Dazu müssen die Firmen möglichst viele Daten über ihre Kunden sammeln, um frühzeitig neue Trends zu erkennen, erläutert Martina. „The Greenery“ sucht ständig neue Produkte, neue Geschmäcker und will ihre Ware in den Geschäften bestmöglich positionieren.

Um Amazon kommt die Branche nicht herum, weiß Rainer Münch. Der Internetriese setzt Trends und verfolgt sie dauerhaft bis zum Erfolg. Solche Ausdauer haben die meisten Händler nicht, müssen sich aber dem „Speed Retailing“ anpassen: Online, Lieferung nach Wunsch und ständige Verfügbarkeit.

Nathan Ning

China verändert den Warenstrom

In Deutschland ist das noch alles in einer frühen Phase. Chinesen haben beispielsweise die Avocado erst in den letzten vier Jahren kennen und lieben gelernt. Im Reich der Mitte spielt der E-Commerce eine wichtige Rolle. Nathan Ning hat mit Shanghai Supafresh Ltd eine Importfirma für Avocados aufgebaut und verkauft sie online mittlerweile in verschiedenen Regionen. Dabei musste er Aufklärungsarbeit leisten. Zeigen, wie Avocados gegessen und zubereitet werden. Das „Superfood“ schwimmt in China auf der Gesundheitswelle ganz oben mit. Ning kauft seine Ware in Mexiko, Peru und Chile. Neuseeländische Avocados sind zu teuer. Dennoch glaubt er auch an deren Marktchancen, wenn die Neuseeländer dem chinesischen Kunden Markenbewusstsein und hohe Qualität für höhere Preise vermitteln können.

Aktuell kommt die Produktion von Obst und Gemüse der Nachfrage nicht hinterher. Weltweit steigt sie um jährlich zwei Prozent. Der internationale Handel aber steigt schon um sieben Prozent pro Jahr, berichtet Cindy van Rijswick von der niederländischen Rabobank. Das sei vor allem ein Ergebnis zunehmend verlustfreier Frachten, ergänzt Mike Riley von Compac. Sowohl per Schiff als auch Flugzeug wird die Frische mittlerweile in modernen Containern garantiert.

Treiber des internationalen Handels sind die USA und China, so van Rijswick. China wird sich schon kurzfristig als Importland Nummer eins bei Obst und Gemüse etablieren. Die Länder Südamerikas bleiben Hauptexporteure. Wachstumstreiber gilt laut Rabobank und Wyman-Analyse auch der Biobereich. Weltweit wird dieser aber nicht mehr als zehn Prozent einnehmen, so die Niederländer. Aktuell liegt der Anteil bei fünf Prozent.

Paco Barros

Spanier besorgt über Brexit

Neu im Handel ist gefrorene Ware. Die punktet bei Frische, ist transportfähiger und für den Kunden convenient. Seit zwei Jahren haben Beeren den Markt erobert und ihren Anteil als vermeintliches Superfood“ in kurzer Zeit verdoppelt.

Spanien ist das Hauptlieferland für europäisches Obst und Gemüse. Aktuell ist es in Spanien kälter als in Berlin und große Teile des Landes sind mit Schnee bedeckt. Was nach der Schmelze die Wasserspeicher auffüllen wird, sorgt aber die Zitruserzeuger. Die Früchte können bis zu vier Grad unter null tolerieren. Am Dienstag zeigte das Thermometer aber schon minus fünf Grad an. Hält der Frost bis Donnerstag wird die Zitrusernte in Spanien nachhaltig beschädigt, prognostiziert Paco Borras, Berater der größten spanischen Erzeugergemeinschaft Anecoop. Nachhaltige Sorgen bereitet ihm aber der Brexit. Das Vereinigte Königreich kauft Obst und Gemüse pro Jahr 3,5 Millionen Tonnen Obst und Gemüse vom Kontinent. 60 Prozent stammen aus Spanien. Den Brexit bezeichnete Borras als „Chaos“. Vornehmlich für die Briten, dann aber auch für die spanischen Erzeuger, denen Zölle auf ihren Waren drohen. So schnell seien andere freie Märkte nicht zu finden.

Roland Krieg; Fotos: roRo

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