Füttern oder Züchten?

Landwirtschaft

Synthetisches Methionin in der Mast

Mit einer Mast wird im agrartechnischen Sinne die Neubildung von Körpersubstanz bezeichnet. Die Intensität der Mast ergibt sich aus der zusätzlichen Berücksichtigung eines Zeitdifferentials.
Also im Eigentlichen ganz einfach: Das ständige Füttern eines Schweins führt zu seiner Gewichtszunahme und je intensiver gefüttert wird, desto schneller wird es rund und fett. Und damit fangen die Probleme an. Alle Tiere wachsen nach dem gleichen Muster. Zunächst wachsen vor allem die Knochen, dann die Muskeln und zum Schluss das Fettgewebe. Nun gibt es einzelne Rassen und Tiere die sind frühreif und andere, die sind spätreif. Eine unterschiedliche Fütterungsintensität erreicht den gleichen Unterschied: Spätreife Tiere oder eine geringe Ernährung bilden bis zum Schlachtgewicht von 100 kg nur langsam Fett und weisen einen guten Muskelkörper auf. Bei frühreifen Tieren oder einer intensiven Fütterung haben die Tiere bei 100 kg bereits sehr viel Fett angesetzt. Tiere, die langsam wachsen belegen allerdings einen Stallplatz länger als Tiere, die schnell ausgemästet sind und geschlachtet werden. Daher gewinnen Züchtungsziele, welche frühreife Tiere erzeugen, und Futter mit hoher Energiedichte ökonomischen Wert.

Gemächliche Mast mit richtigem Futter
Energiedichtes Futter beinhaltet ein hohes Maß an Protein, welches überwiegend aus Aminosäuren besteht. Allerdings können nicht einfach verschiedene Aminosäuren beliebig in das Futter gemischt werden, denn da gibt es sehr interessante Wechselwirkungen. Die Aminosäuren gelangen bei der Fütterung in einen so genannten Aminosäurenpool aus dem sich der Körper die notwendigen Bestandteile für die verschiedenen Aufbauprozesse herausfischt. Wichtig sind dabei die essentiellen Aminosäuren, die von den Tieren nicht selbst aufgebaut werden können, sondern über das Futter von außen hinzukommen müssen. Beispielsweise das Methionin. Außerdem muss innerhalb eines Zeitfensters ein bestimmtes Gemisch im Aminosäurepool vorliegen, damit der gesamte Stoffwechsel nicht gehemmt wird. Für intensiv zu mästende Tiere wird also ein energiedichtes Futter mit synthetisch hergestelltem Methionin notwendig, um schnell gemästet zu werden. Das hohe Maß an Neubildung von Körpergewebe ist eine Leistung des Stoffwechsels, der in der intensiven Form über natürliches Futter gar nicht gewährleistet werden kann. Selbst Eiweißerbsen und Ackerbohnen, traditionell verwendetes Futter im ökologischen Landbau, haben nicht so hohe Methionin-Gehalte, um eine konventionelle Mast durchzuführen. Daher hat der Ökolandbau eigene Zuchtziele, die mit langsam wachsenden Tierlinien qualitatives Fleisch aus Futter vom eigenem Hof erzeugen. Hochleistungstiere können nicht mit ökologischem Futter ernährt werden.
Die Universität Kassel kommt in einer Literaturstudie zum dem Ergebnis, dass der Zusatz von chemisch-synthetisiertem Methionin in der ökologischen Produktion weiterhin abzulehnen ist. Werden langsam wachsende Mastrassen verwendet, dann erfüllt sich der regionale Kreislauf, nur hofeigenes Futter zu verwenden. Würde hingegen der Futterzusatz erlaubt werden, dann müssten die Ökologen ihr zugrunde liegendes Konzept einer Neuausrichtung von Zucht und Qualitätserzeugung verlassen.

Internationaler Methioninbedarf
Wie hoch der Bedarf an synthetischem Methionin ist, verdeutlicht eine Pressemeldung der Degussa Ende letzten Jahres. In Antwerpen wurde der Grundstein für die vierte Methionin-Anlage gelegt, die 2005 ihren Betrieb aufnehmen soll. Geplant ist eine Jahreskapazität von 150.000 Tonnen. Mit seinem vierten Methionin-Werk neben Wesseling, Mobile in den USA und einer bereits vorhandenen Anlage in Antwerpen, wird der Konzern auf eine Gesamtproduktion von 400.000 Tonnen dieser Aminosäure kommen. Dr. Hubert Wennemer, Leiter des Geschäftsbereiches Feed Additives prophezeit eine weltweit steigende Nachfrage ?nach dieser unverzichtbaren Aminosäure für die Tierernährung.... Die Wachstumsaussichten für Methionin sind hervorragend, Experten erwarten in den nächsten Jahren überproportionale Steigerungsraten.?

Umweltbelastung
Allerdings ist das Geschäft mit den Proteinen für die Umwelt nicht so einfach. Proteine, die zwar verdaut, aber nicht zur Proteinsynthese verwertet werden, verlassen das Tier über seine Exkremente. Dabei bildet sich Ammoniak, ein Gas, dass die Atmungswege reizt, Bronchitis verursacht und den Regen sauer macht. Eine Forschungsgruppe des französischen Instituts für nachhaltige Landwirtschaft Cemagref in Fresnes hat jüngst festgestellt, dass weniger Protein in der Fütterung auch zu weniger Ammoniak in der Luft führt (Wissenschaft Frankreich, No. 54). Bei Schweinen wurden drei Futter mit jeweils 12 %, 16 % und 20 Prozent Protein getestet. ?Die Proteingehalte entsprechen der minimalen, der maximalen und der von den Züchtern meist eingesetzten Menge, die keine Auswirkungen auf das Wachstum und die Entwicklung der Tiere haben.? Das Ergebnis war eindeutig: Wurde die Proteinmenge von 20 auf 12 Prozent reduziert, verringerten sich die Ammoniakemissionen um bis zu 65 Prozent. Es wurde weniger und qualitativ bessere Jauche produziert. Übrigens ist auch bereits länger bekannt, dass ein Überschuss an synthetischen Aminosäuren im Futter das Wachstum und die Futteraufnahme sogar verringern kann. Die Fachzeitschrift ?Pig International? berichtete 1993, dass schon ein Überschuss von zwei Prozent Methionin zu Wachstumsdepressionen führt.

VLE

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