GAP 2020: Berlin entscheidender als Brüssel
Landwirtschaft
Leichte Bewegung beim Risikomanagement
Auch nach 2020 wird es eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) geben. Die Idee der Übertragung von Verantwortung in die Mitgliedsstaaten wird heute weniger als „Renationalisierung“ bezeichnet, als bei der Vorstellung des neuen „Delivery Model“. Den Worten von Direktor Michael Niejahr von der Generaldirektion Agri in Brüssel konnten alle Teilnehmer beim agrarpolitischen Forum auf der alle zwei Jahre stattfindenden Landwirtschaftsmesse agra 2019 in Leipzig zustimmen. Ob allerdings der Agrarministerrat noch in diesem Jahr zu einer Verabschiedung der Entwürfe kommen und das neue Europaparlament der Ausschussabstimmung vor zwei Wochen folgen wird bleibt offen.
Die Prinzipien der beiden Säulen, die Konditionierung an Umweltmaßnahmen und die gekoppelten Zahlungen als Auslaufmodell sind auch für die Förderperiode bis 2027 unstrittig, ergänzte Michael Stübgen, Parlamentarischer Staatssekretär aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) in Berlin. Ob diese Politikstruktur aber in „50 Jahren“ noch ausreiche, glaube er nicht.
Solange wird die erste Säule zu 100 Prozent durch Brüssel finanziert, die zweite Säule zur Hälfte aus den Ländern kofinanziert. Daher wird in der zweiten Säule auch mehr gekürzt als in der Säule der Direktzahlungen, erinnert Niejahr. Die Länder haben mehr Möglichkeiten, mit einer höheren Kofinanzierung den ländlichen Raum und Umweltmaßnahmen individueller zu gestalten.
Ob das allerdings funktioniert, ist offen. Mehr Geld aus den Bundesländern will Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert aus Sachsen-Anhalt nur zugestehen, wenn der Bund auch mehr bezahlt. Berlin hingegen sieht die Bundesländer in der Pflicht, die immerhin 60 Prozent der Steuereinnahmen erhalten. Eine höhere Modulation von Geldern aus der ersten in die zweite Säule, wie die zuletzt im April auf der Agrarministerkonferenz vorgegebenen 4,5 Prozent, wären nach Stübgen ein Mittelabfluss von Ost nach West.
Während also die Finanzierung der GAP zwischen Bund den Ländern ein größeres Thema als in Brüssel scheint, hat das Agrarforum mehr Klarheit beim Risikomanagement für die Betriebe gebracht. Die gute Nachricht: Brüssel hat den Plänen einer dreijährigen Gewinnglättung endlich grünes Licht gegeben und sieht darin keine verbotene Beihilfen mehr. Das BMEL will jetzt noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf vorlegen, der schnell notifiziert werden kann.
Allerdings gibt es auch eine schlechte Nachricht. Das Bundesfinanzministerium steht nach wie vor zu seinem „Nein“ für eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage. Jetzt hat sich auch das BMEL dieser Sichtweise angeschlossen. Zum einen sei es schwer, genaue Gründe für die Rücklage zu definieren, zum anderen entziehe sie den Betrieben Liquidität, erläuterte Stübgen. Außerdem: Wie soll mit der Rücklage nach Betriebsaufgabe verfahren werden? Auf den Betrag wurden jahrelang keine Steuern erhoben.
Immerhin hat das BMEL Argumente für die Reduzierung der Steuer einer Dürreversicherung gesammelt. Die Steuer liegt bei 19 Prozent. Die anderen Agrar-Versicherungen werden hingegen mit 0,03 Prozent besteuert. Der hohe Steuersatz macht die Versicherung teuer, das Finanzministerium befürchtet bei Reduzierung einen Einnahmeausfall, aber Abschlüsse bei 0,03 Prozent Versicherungssteuer überweisen dem Staat in der Summe mehr Geld, als keine Abschlüsse mit 19 Prozent.
Roland Krieg