GAP im EP-Agrarausschuss
Landwirtschaft
EP diskutiert Gemeinsame Agrarpolitik
Langsam
kommt die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auch im Europäischen Parlament in
Schwung. Der Agrarausschuss des Parlaments will in fünf Workshops darüber
diskutieren, was die Kommission sich an Legislativvorschlägen ausgedacht hat.
Multifunktionale Landwirtschaft
Diese
Woche stellte Jan Douwe van der Ploeg, Professor für den ländlichen Raum an der
Universität Wageningen, die möglichen Auswirkungen der GAP ab 2014 auf den
ländlichen Raum vor.
Vor
allem trat er den Befürchtungen entgegen, dass eine multifunktionale
Landwirtschaft der Ernährungssicherung abträglich sei. Untersuchungen in den
Niederlanden haben gezeigt, dass große und kleine Milchbetriebe zum gleichen
Betriebsergebnis kommen. Doch während die großen etwa 800.000 Kilogramm Milch
für die Kostendeckung ihrer nahezu automatischen Betriebe brauchen, kommen die
kleineren mit 400.000 Kilo aus. Trotz höherer Arbeitskosten erzielten sie den
gleichen Gewinn. Im Gegenteil fahren die großen Betriebe bei Preistälern um die
24 Cent je Kilogramm sogar ein negatives Betriebsergebnis ein.
Wenn
die kleinen Betriebe also keine „Bedrohung der Landwirtschaft“ seien, dann
solle die GAP sie auch stärker fördern, meinte van der Ploeg. Die Qualität der
Produkte hänge von der Qualität der Landwirtschaft ab und die definiere sich
über soziale Faktoren im ländlichen Raum.
So
sollten in der zweiten Säule Investitionen bis zu 10.000 Euro für die
Kleinbetriebe leichter zu finanzieren sein. Die „multifunktionale
Landwirtschaft“ zeichne sich durch eine engere Verzahnung zwischen Verbrauchern
und Erzeugern aus. Ziel ist die Umwandlung eines radialen Versorgungssystems in
eine Kreislaufwirtschaft. Während im radialen System Erzeugung, Verarbeitung
und Distribution räumlich getrennt sind könne eine regionale
Kreislaufwirtschaft einen Gegenpol zu den vorherrschenden Strukturen der
Supermärkte darstellen.
Die
GAP solle sich mehr auf die Umsetzbarkeit ihrer Politik im ländlichen Raum
konzentrieren.
Für und Wider
Für
Elisabeth Köstinger, Sozialdemokratin aus Österreich, sind in den
Reformvorschlägen sowohl die erneuerbaren Energien als auch die Forstwirtschaft
zu wenig berücksichtigt, obwohl beide ein großes Marktpotenzial für die Bauern
haben.
Für
Martin Häusling (Grüne, Deutschland) habe die ökologische Landwirtschaft ihre
Wettbewerbsfähigkeit ausreichend unter Beweis gestellt. Sie müsse aber stärker
gefördert werden, weil die Umstellungsrate der Betriebe der Nachfrage nach
ökologischen Produkten nicht mehr nachkomme.
Czeslaw
Adam Siekierski, polnischer Christdemokrat, möchte die Modernisierung der
Betriebe ausschließlich über die erste Säule der Direktzahlungen finanziert
wissen. Die politischen Vorstellungen der ländlichen Entwicklung folgen den
Wünschen und Erwartungen der Bürger. Nach Siekiersk müsse nicht die GAP das
Instrument für die Umsetzung der Entwicklung des ländlichen Raums sein.
Gegen
die zweite Säule argumentiert auch James Nicholson, englischer Konservativer.
In England ist die zweite Säule schwächer ausgeprägt und das Problem bestehe
darin, dass vor allem die kleinen Betriebe kaum noch Geld von den Banken
erhalten. Für sie müsse die erste Säule gestärkt werden.
Albert
Dess, Christdemokrat aus Bayern, fürchtet eine Schwächung der Bauern. So
unterstütze Bayern einen Fruchtwechsel derzeit über die zweite Säule, künftig
soll es über die erste laufen.
Angesichts
knapper Haushalte der EU und der Mitgliedsstaaten fragte die liberale Britta
Reimers (Deutschland), ob die Finanzierung nicht künftig auf eine neue Basis
gestellt werden sollte? Anstatt das Budget immer ganz auszugeben zu müssen,
könnten übrig gebliebene Gelder für künftige Aufgaben „angespart“ werden. Man
solle auch mal Experimente wagen, so Reimers.
Die
GAP ab 2014 wird auch ein Junglandwirte-Programm auflegen. Es tauchte jedoch
die Frage auf, ob das ausreiche. Junge Menschen bleiben nur auf dem Land, wenn
auch die Infrastruktur modern sei und die neuen Betriebsleiter auf moderne
Betriebsmittel zurückgreifen könnten.
Roland
Krieg; Foto: roRo