Gartenbau in Bulgarien vor neuem Sprung

Landwirtschaft

Chancen für den bulgarischen Gartenbau

Bulgarien. Das Land der Chancen. Mit nur sieben Millionen Einwohnern einer Geschichte in der Begegnungszone von Morgen- und Abendland, touristischer Goldküste und günstigen landwirtschaftlichen Anbaubedingungen hat seit Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2007 die Bürden der sozialistischen Planwirtschaft noch nicht überwunden.

Gerade erst setzt der überraschende Wahlerfolg der Antikorruptionspartei bei der Parlamentswahl neue Signale, nach zwei vergeblichen Wahlgängen 2021, für politische Stabilität. Die Landwirtschaft kann es gebrauchen, denn Fortschritte sind auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen.

Für den Gartenbau haben die spezialisierten Niederländer ein Weißbuch für die Entwicklung der Sektoren Obst und Gemüse veröffentlicht und in einem aktuellen Seminar die Chancen und Risiken  für die Entwicklung aufgearbeitet.

Stärken und Schwächen

Für den Anbau von Obst und Gemüse weist Bulgarien sehr günstige Bedingungen bei geringen Arbeitskosten auf. Die strategische Lage am Schwarzen Meer und Unterstützung der Regierung gelten als weitere Gunstfaktoren. Die kleinteilige und zum Teil überholte Produktionsstruktur erschweren die  Modernisierung der Sektoren.

Die Landwirte sind technologieoffen, stehen aber im Wettbewerb innerhalb und von außerhalb der EU. Zudem leiden auch sie unter den stärker werdenden Klimaeffekten.

In der Zeit zwischen 2007 bis 2017 wurde die Fläche der Obstplantagen kontinuierlich ausgeweitet. 2018 wurden 228.501 Tonnen Obst geerntet, im vergangenen Jahr ging die Produktion allerdings um 13 Prozent zurück. Die gravierendste Veränderung gab es bei Gemüse. Vor 1989 trugen Kohl und Co. 15 Prozent zum landwirtschaftlichen Produktionswert bei. 2013 hatte Gemüse den Tiefpunkt von 3,4 Prozent erreicht. Die Erträge liegen gerade einmal halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt.

Was die Landwirte brauchen

Nikolay Valkanov von der unabhängigen Plattform „InteliAgro“ sieht in den „modernen“ Handelsketten, die derzeit einen Vermarktungsanteil von 44 Prozent gegenüber den traditionellen Verkaufswegen halten, einen Treiber für die Modernisierung. Die Landwirte würden bei ausreichender Unterstützung sofort in automatischen Frostschutz und automatische Bewässerung sowie moderne Schädlingsbekämpfungsmethoden investieren.  

Ziele für den Ausbau der eigenen Produktion sind Kostenreduktion und Ertragssteigerung sowie Verbesserung der Qualitäten. Die fehlende Finanzierung ist das größte Hemmnis für die Modernisierung des Betriebes. Landwirte zögern wegen des möglichen Investitionsumfanges und anstehender Unterhaltungskosten.

Die Analyse ist unabhängig davon, ob Obst und Gemüse im Freiland oder im Gewächshaus angebaut werden.

Bedeutung der GAP

Bulgarien gehört zusammen mit dem Beitrittsland Rumänien zum erweiterten Kreis der Visegrad-Länder Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn, (Visegrad + 2), die eine gemeinsame Stimme der EU gefunden haben. Im Bereich der Landwirtschaft steht die Ökonomie an erster Stelle. Der stellvertretende Agrarminister Georgi Sabev betont daher die Bedeutung der Direktzahlungen für die Landwirte, die seit 2007 Verbesserungen eingeführt haben. Vor allem der Anbau in Gewächshäusern hat den Exportanteil von Obst und Gemüse gestärkt. Tomaten und Gurken machen 90 Prozent der Fläche unter Glas aus. Seit 2015 gibt es gekoppelte Zahlungen an den Gemüsesektor, der die Fläche vergrößert, die Produktion intensiviert und die Marktorientierung gestärkt hat. Sofia hat daher Wert auf eine Fortführung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die Jahre 2023 bis 2027 gelegt. Für Bulgarien haben Obst und  Gemüse Priorität in der neuen GAP.

Dazu zählt die Digitalisierung des Sektors, die Optimierung und Verkürzung der Wertschöpfungskette, Präzisionsanbau, Blockchain-Technology vom Erzeuger bis zum Kunden und Echtzeit-Datenanalyse. Im Rahmen der Regionalentwicklung will Bulgarien Erzeugergemeinschaften stärken und dezentrale Strukturen über die Blockchain einbinden. Sabev rechnet mit 504 Millionen Investitionsumfang, von denen 234 Millionen aus dem Konjunkturplan der EU und 270 Millionen staatlich kofinanziert werden, um weitere 224 Millionen private Investitionen in den Sektor zu bringen.

Die Niederländer wollen mit ihrem Know-how einen Teil für den Erfolg beisteuern.

Roland Krieg

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