Geheimnis der grünen Inseln gelüftet

Landwirtschaft

Die Blätter lassen Pflanzen altern

> Schnittblumen könnten länger haltbar sein und Zuckerrüben mehr Zucker produzieren - nur zwei Beispiele für das, was möglich wäre, wenn sich die Alterung der Blätter verzögern ließe. Für dieses Ziel haben Würzburger Wissenschaftler jetzt den Grundstein gelegt: Professor Thomas Roitsch und seine Arbeitsgruppe fanden heraus, wie die Blattalterung gesteuert wird. Über diesen Erfolg berichtet die Zeitschrift ?The Plant Cell?.
Den Forschern am Julius-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften der Uni Würzburg ist es bei Tabakpflanzen sogar gelungen, die Blattalterung zu verlangsamen. Normalerweise werden im Laufe des Wachstums die unteren Blätter des Tabaks gelb und lösen sich dann ab. Bei den Würzburger hingegen blieb das Laub länger grün und fällt später ab.

Jungbrunnen Cytokinin
Seit längerem ist bekannt, dass Cytokinine, Pflanzenhormone, die Alterung von Blättern verzögern kann. Das ist demnächst auch wieder in der freien Natur sichtbar: Im Herbst rettet der Baum die noch in den Blättern vorhandenen Nährstoffe in den Stamm. Sonst ginge es mit dem Laubfall verloren. Je mehr abtransportiert wird, desto gelber oder röter verfärben sich die Blätter. Oft bleiben auf den alternden Blättern aber grüne Flecken bestehen, die so genannten grünen Inseln: Sie werden durch Bakterien oder Pilze verursacht, die Substanzen mit einer Cytokinin-Wirkung produzieren. Damit verhindern die in der Pflanze schmarotzenden Eindringlinge - zumindest stellenweise - die Alterung der Blätter und erhalten sich so ihre Nahrungsgrundlage.

Enzym Invertase
Für dieses seit über 45 Jahre bekannte Phänomen haben Professor Roitsch und sein international besetztes Team nun eine Erklärung gefunden. Die Forscher zeigten, dass unter dem Einfluss der Cytokinine vermehrt das Enzym Invertase produziert wird. Dieses spaltet den in den Blättern vorhandenen Rüben- oder Rohrzucker, das Polysaccharid Saccharose, in seine Bestandteile auf: Glucose und Fructose. Weil Pflanzen Zucker aber ausschließlich in Form von Saccharose verfrachten können, wird auf diese Weise der Abtransport der Nährstoffe aus dem Blatt unmöglich gemacht, die Blattalterung gerät ins Stocken.
Im Labor fanden die Tester heraus, dass sich die Blattalterung hinauszögert, wenn das Enzym verstärkt gebildet wird. Hemmten sie die Aktivität der Invertase, dann blieben selbst die pflanzeneigenen "Jungbrunnen-Hormone" wirkungslos. Durch eine örtlich begrenzte Aktivierung des Enzyms war es im Labor auch möglich, grüne Inseln zu erzeugen, ohne dass die Hormone dabei eine Rolle gespielt hätten.

Gib´ den Pflanzen Zucker?
Wie Thomas Roitsch sagt, kommen diese Effekte durch sehr fein regulierte Änderungen des Zuckerspiegels im Inneren der Pflanze zu Stande. Darum hat Tante Karla, die ihre Schnittblumen mit einem alten Hausmittelchen länger frisch halten möchte, keine Aussicht auf Erfolg: ?Die Zugabe von Haushaltszucker in das Vasenwasser verlängert leider nicht die Haltbarkeit eines Blumenstraußes?, bedauert der Wissenschaftler. Wohl aber bewirkt eine verstärkte Aktivierung des pflanzeneigenen Enzyms Invertase eine längere Lebensdauer der Blätter - das haben die Würzburger Forscher an Tabakpflanzen eindeutig gezeigt: Deren Blätter bleiben länger jung, die Wuchsleistung steigt. Ob dieser Trick auch bei anderen Pflanzen funktioniert, müssen weitere Forschungen zeigen.

roRo

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