Gehört die Gentechnik zur Nachhaltigkeit?

Landwirtschaft

Zukunft der Pflanzenzucht

Im EU-Agrarausschuss des Europaparlamentes gaben am Dienstag drei Experten in einer Anhörung Expertisen über die Zukunft der Pflanzenzucht ab. Im Fokus standen die neuen Herausforderungen der wachsenden Weltbevölkerung und Pflanzen, die bei schwindenden Ressourcen höhere Erträge erzielen sollen.

Für Nigel Moore vom Europäischen Saatgutverband und der deutschen Saatgutfirma KWS in England steht es außer Frage, dass Geschmack, Qualität und Ertrag von den Genen der Pflanzen bestimmt sind. Die bis zu 15 Jahre dauernde Entwicklung neuer Sorten müsse auf der Arbeit mit den Genen basieren, ohne dass er sich explizit auf die grüne Gentechnik festlegen wollte. Nach Nigel fehle es in Europa an der Verbindung zwischen staatlicher Grundlagenforschung und Kompetenz der privaten Unternehmen. Oft werde vergessen, dass die Saatgutzüchter in Europa kleiner strukturiert sind als die großen amerikanischen Unternehmen.

Nach Per Hofvander von der schwedischen Universität für Ararwirtschaft in Uppsala sind zusätzliche Forschungsanstrengungen dringend notwendig. Die gesamte biobasierte Wirtschaft braucht neue Pflanzen, die fossile Kohlenstoffquellen ersetzen sollen. Der Weg zu neuen Pflanzen ist immer mit der Arbeit an der DNS verbunden, wobei Hofvander sich von den multinationalen Saatgutfirmen unterscheiden will. Die Forscher arbeiten mit neuen Methoden, bei denen nicht immer klar ist, ob sie wirklich unter die grüne Gentechnik fallen.

Ganz neue Wege geht die Biochemikerin Pamela C. Ronald aus Kalifornien, deren Ehemann einen ökologischen Betrieb in den USA führt. Gentechnik und Ökolandbau sind keine ausschließenden Komponenten mehr. Sie führte als Beispiel die Papaya an, die 1950 auf der Hawaii-Insel Oahu von der Ringfleckenkrankheit befallen war und die ganze Ernte vernichtete, weil es kein Mittel gegen das Virus gibt. Erst das Aufpfropfen eines kranken Papaya-Stammes auf eine gesunde Unterlage habe krankheitstolerante Pflanzen hervorgebracht. Das sei ein Auslöser für die Verbindung zwischen Gentechnik und Ökolandwirtschaft gewesen. Es gehe dabei nicht um die Umgestaltung der biologischen Bewirtschaftungsweise, die wegen ihrer Ressourcenschonung erhalten bleiben müsse – aber auch der Ökolandbau brauche Saatgut, das auf neue Hybriden zurückgreifen könne.

Der grüne Abgeordnete Martin Häusling kritisierte die Expertenliste und argwöhnte eine Wiederbelebung der grünen Gentechnik. Die schwedische Liberale Marit Paulsen sieht war die Pflanzenzucht an einer neuen Schwelle angekommen, verweist aber auf die Akzeptanzprobleme in Europa. „Ganz Europa steht auf Alarm“, ergänzte Christa Klaas, Christdemokratin aus Deutschland. Die Welt brauche zwar keinen bunten Blumenkohl, aber Pflanzen, die mit Wasser effizienter umgehen müssen. Auch Parteikollege Peter Jahr findet Gefallen an der amerikanischen Variante. Sie beziehe sich lediglich auf neue Züchtungsmethoden und könne den Selektionsprozess deutlich beschleunigen: „The Need of Speed.“

Herbert Dorfmann, Christdemokrat aus Italien, hingegen glaubt nicht mehr an diesen „Speed“. Die Landwirte werden Produkte herstellen müssen, die Verbraucher auch kaufen wollen. Doch: Das ist bei der Gentechnik nicht der Fall: „Europa will diese Produkte nicht.“

Marit Paulsen beklagte einen doppelten Standard, denn in der Humanmedizin vertrauten die Kunden der so genannten roten Gentechnik.

Lesestoff:

Kein Konsens zur Gentechnik

Die Zukunft der Gentechnik

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Roland Krieg

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