Gelb ist das Land

Landwirtschaft

3. Landesrapsblütenfest in Sternberg

>Schwer liegt der Duft über dem Land. Nähert sich man den gelben Feldern, dann schwirrt und brummt es in der Luft. Der Raps blüht. Brassica napus gehört wie Rosenkohl, die Stoppelrübe oder das Radieschen zu den Cruciferen, den Brassicaceae. Der leuchtend gelben Pflanze sind die Glucosinolate eigen, über 50 bekannte Bitterstoffe, die schwefelhaltige Seitenketten im Molekülaufbau haben. Die Wurzel bildet an den Wurzelenden zusätzliche lange Wurzelhaare, die sehr fein und lang sind und damit für die Nährstoffaufnahme auch kleinere Poren im Boden erschließen können.

Null und Doppelnullraps
Die Erucasäure im Raps vermindert in der Tierfütterung, vor allem bei Jungtieren, die Verdaulichkeit der anderen Pflanzenöle. Die klassische Züchtung hat Mitte der 1970er Jahre eine erste Rapsmutante gefunden, die Erucasäurefrei war und diesen 0-Raps genannt. 1981 kam mit Librador der erste Glucosinolatarme Raps auf dem Markt, um die Schmackhaftigkeit in der Tierfütterung zu erhöhen. Raps, der keine Erucasäure mehr enthält und nur noch ganz wenig Glucosinolate wird als 00-Raps vermarktet. Seit 13 Jahren wird die Pflanze als nachwachsender Rohstoff angebaut und mittlerweile kann jeder auf dem Land die gelben Farbtupfer am Horizont sehen.

Landesrapsblütenfest
Am Wochenende stand Sternberg im Landkreis Parchim zwischen Schwerin und Güstrow ganz im Zeichen des Raps. Unter Schirmherrschaft Dr. Till Backhaus´, Agrarminister aus MV, fand bereits in dritter Auflage das Landesrapsblütenfest unter dem Motto "Das Land ist Gelb" statt. Am Freitag wurde erstmals der Rapsblütenball gefeiert.
Neben der Blaubeerkönigin, der Heidelbeer- und der Honigkönigin fanden sich insgesamt acht Majestäten zum Abschied Yvonne I in der Sternberger Seenlandschaft ein. Die Rapsblütenkönigin hat ihr Zepter am Abend einer neuen Hoheit weitergereicht, die in einem fachlichen Entscheid über den Nachmittag hinweg gewählt worden ist. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
Das Mecklenburg-Vorpommern ein großes Fest feiert und Horst Huth vom Balkon auf dem Sternberger Markplatz sogar eine eigens komponierte Festfanfare erklingen ließ, gehört zum nördlichen Bundesland. Dr. Backhaus bezeichnete die blühenden Rapsfelder als "Augen- und Bienenweide" und erinnerte daran, dass MV mit 45,2 dt/ha den Ernterekord in Deutschland hält.

Wirtschaftsfaktor Raps
Am Freitag erfolgte im Gewerbegebiet Sternbergs die Grundsteinlegung für die zweite Rapsmethylester-Produktionsanlage des Landes, in der ein Viertel der Saat verarbeitet werden kann. Das Investitionsvolumen beträgt 30 Millionen Euro. "Jede Investition in die erneuerbaren Energien ist zugleich ein Signal an die Wirtschaft und an die Land- und Forstwirte, weiter auf den Anbau nachwachsender Rohstoffe zu setzen", sagte der Landwirtschaftsminister. So fördere die Produktion von Biokraftstoffen die Unabhängigkeit vom Erdöl und trüge zur Wertschöpfung im ländlichen Raum bei. Mit der Anlage in Sternburg wird die Verarbeitungskapazität in MV auf 275.000 Tonnen jährlich steigen.
Rapsöl. Biodiesel und Bioethanol sind zur Zeit die einzigen verfügbaren und erprobten biogenen Kraftstoffe für den Verkehrsektor. "Die Produktionskapazitäten für Biodiesel haben in Deutschland 1,2 Millionen Tonnen erreicht. Für 2005 wird ein Anstieg auf 2 Millionen Tonen erwartet", prophezeit Backhaus.
Der Erfolg des Festes stehe jedoch auch für die Erfolgsgeschichte des Landes. Der sonnengelbe Raps sei ein Erkennungszeichen der ganz besonderen Art, denn damit beginne endlich die Sommersaison für Feriengäste und Einheimische. "Wenn die Jecken am Rhein Karneval als fünfte Jahreszeit für sich beanspruchen, dann können wir dies ganz ungeniert mit der Rapsblüte tun", so der Minister zur Eröffnung. Tourismus ist ein wesentliches Standbein der Wirtschaft in MV.
Der Anbau des Winterraps hat allerdings seine Grenze erreicht: Auf 236.000 Hektar wächst die Ölfrucht, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 3.000 ha ist. 1991 betrug die Fläche nur etwa 134.000 ha. Im langjährigen Mittel werden Ernten von 37,4 dt/ha erzielt.

Uneinheitlicher Markt
Von der Ernte verbleiben etwa 3.500 kg Rapssaat je Hektar, die in die Ölmühle kommen. Daraus werden 1.320 kg Rapsöl gepresst, die mit 155 kg Methanol verestert werden. Neben 142 kg Glycerin für die chemische Industrie verbleiben 1.333 kg Biodiesel, die einem Äquivalent von 1.500 Liter entsprechen. Die Universität in Köln hat berechnet, dass 1 ha Raps die Grundlage zur Produktion von 10 MW dient, jener Energiemenge, mit der ein Pkw 20.000 km fahren kann. Damit kann Rapsdiesel bis zu 10 Prozent des Dieselverbrauchs in Deutschland ersetzen.
Trotzdem ist Raps alles andere als ein Selbstläufer. Insbesondere Rapsöl steht mehr zur Verfügung, als nachgefragt wird. Die Analysten der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) sehen viele Käufer zögern und auf sinkende Preise spekulieren. Auch aus dem Ausland drängt Rapsöl auf den Markt: So nahmen die Importe im Zeitraum Juli 2004 bis Januar 2005 um mehr als 70 Prozent auf gut 107.000 Tonnen zu. Den Angebotsüberhang haben auch nachgebende US-Sojakurse zu verantworten, das im Februar über 100 Euro billiger als Raps gewesen ist. Im April zahlten die Ölmühlen etwa 500 Euro pro Tonne Raps. 60 € weniger als im Vorjahr. In den Biotreibstoffe sieht die ZMP den wichtigsten Impulsgeber des Rapsmarktes.

Delikatessöl
In der Vergangenheit hat Olivenöl in der Küche einen starken Boom gehabt. Rund 20 Prozent Marktanteil hat sich das Öl erkämpft. Mit 23 Prozent liegt Pflanzenöl als Mischung aus verschiednen Ölen auf Platz zwei und das beliebteste Speiseöl in Deutschland ist das der Sonnenblume. Rapsöl hat mittlerweile auf den vierten Rang erobert. Insider und Spitzenköche schätzen das Öl wegen der mehrfach ungesättigten Fettsäuren und des Gehaltes an Vitamin E. Das leicht bitter bis nussig schmeckende Rapsöl eignet sich für Dressings, zum Kochen und Dünsten. Der Geschmack ist allerdings eine Sortenfrage des Rapses: Mut zum ausprobieren. Für Raps gilt daher das gleiche wie für alle Speiseöle: Wer einen Daimler haben will, der muss auch für einen Daimler zahlen. Kaltgepresste und sortenreine Öle sind kostbar und verderblich.
Nach eigenen Angaben nimmt Dr. Backhaus jeden Tag einen Teelöffel Rapsöl: das kommt dem Körper, der Seele und der Wirtschaft zu Gute.

VLE

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