Gemeinsame Sitzung von Agri und Envi zu F2F
Landwirtschaft
Kann eine Folgenabschätzung für F2F den Trend korrigieren?
Mit den beiden Strategien From Farm-to-Fork (F2F) und zur Biodiversität hat die Kommission unter dem Dach des Green Deals die eigene Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nachgebessert. Zuerst gab es heftige Kritik aus den USA, dann veröffentlichte die EU-Gemeinschaftsforschung (Joint Research Centre JRC) gefolgt von der Universität Wageningen Analysen für die Umsetzung und die Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Es geht um die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln, Düngemitteln und den Ausbau des Ökolandbaus auf 25 Prozent bis 2030.
Negativer Wirtschaftstrend
Im vergangenen Oktober stimmte das Europaparlament über F2F ab, befand mehrheitlich, es sei keine landwirtschaftliche Apokalypse, wenn auch heftige Kritik an der Kommission geäußert wurde, die JRC-Studie lange zurückgehalten zu haben [1].
Am Dienstag tagten der Agrar- und der Umweltausschuss aus dem Europaparlament gemeinsam über F2F. Jayson Beckman vom Economic Research Service im US-Landwirtschaftsministerium konnte die US-Analyse vorstellen und zog Vergleiche zu den Ergebnissen des JRC. Roel Jongeneel stellte die Wageningen-Studie vor.
Alle drei Studien beschreiben die gleichen beunruhigen Trends. Die Lebensmittelproduktion in der EU geht zurück, die Preise steigen und andere Regionen exportieren in die EU. Durch die Neuordnung des Warenstroms sind 22 Millionen Menschen von Hunger und Mangelernährung bedroht. Abhängig von der Kultur braucht der technologische Fortschritt zwischen neun Jahren bei Obst und Gemüse und 27 Jahren bei Zucker für einen Mengenausgleich, erklärte Beckman. Im Pflanzenbereich hat die Universität Wageningen zehn Feldfrüchte in sieben EU-Mitgliedsländern untersucht. Die Rückgänge in der Produktion beziffert Jongeneel zwischen sieben Prozent bei Mais in Frankreich bis auf 50 Prozent bei Äpfeln in Polen. Die Uni Wageningen hat für ihre Berechnungen auch die Qualitätsverluste berücksichtigt. In einer zweiten Studie haben die Niederländer die Auswirkungen auf die Tierhaltung untersucht.
Die amerikanische und niederländische Studie haben ähnliche interessante Elemente und ähnelten den Ergebnissen des JRC, befand Tasso Haniotis von der Generaldirektion Agri. Sie gehen allerdings vom Status quo der Produktion aus, berücksichtigten keine technologischen Fortschritte und keine künftige Veränderung des Konsumverhaltens. Beides sei aber für die Angebotsseite, also die Landwirtschaft wichtig.
Herbert Dorfmann von der Südtiroler EVP unterstrich, dass die Kommission vor er Gesetzgebung eine wirkliche Folgenabschätzung vorzulegen habe. Vor einigen Jahren gab es noch den Begriff „nachhaltige Intensivierung“, der leider aus der Diskussion verschwunden sei, sagte Dorfmann.
Resilientes Ernährungssystem
Politikanalystin Nora Hiller vom Institute für European Environmental Policy (IEEP) hat den Blickwinkel mit der Studie „Building Blocks für food systems resilience in Europe“ vorgestellt. Anlass war die Pandemie, die Defizite in der Versorgungskette offenbarte. Ziel sei eine vielfältige und gesunde Ernährung aus Wertschöpfungsketten, die sich bei Krisenlagen als stabil erweisen. Hier müsse das Ordnungsrecht einige Vereinbarungen auf Freiwilligkeit ablösen und zielt auf die Agrarstruktur und das Konsumverhalten ab.
Für ein neues Modell plädierte Pierre-Marie Aubert vom Institut du Développement Durable et des Relations Internationales (IDDRI). Seinen Berechnungen kann innerhalb von zehn Jahren Agrarökologie bei einer resilienten Nutzviehhaltung, Auslaufen des chemischen Pflanzenschutzes, geschlossener Nährstoffkreisläufe und veränderter Konsumgewohnheiten die EU die Produktionsverluste auffangen und sogar Nettoexporteur von Kalorien werden.
Alexandra Nikolakopoulou von der DG Gesundheit und Lebensmittelsicherheit versprach, weitere Faktoren in die Folgenabschätzung von F2F und über die Biodiversität einzupflegen. Die Debatte um F2F solle nicht als Zahlendebatte, sondern als Prozess geführt werden. F2F sei ein integrierter Ansatz. Für das Handelsgleichgewicht werden in den Abkommen Gegenseitigkeitsklauseln für faire Standards festgelegt.
Lesestoff:
[1] F2F ist keine Apokalypse: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/f2f-keine-apokalypse.html
Roland Krieg; Foto: roRo
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