Gentechnik-Politik aus dem Ruder

Landwirtschaft

Gefährliche Nationalisierung der Agrarpolitik

Nicht immer einfach, aber am Ende doch meist im Kompromiss, schlängelt sich die Agrarpolitik der EU durch die Jahrzehnte. Einige Themen sind anhaltend, weil sie tatsächlich keine Einigung finden. Beispielsweise die Haltung zur Gentechnik. Eigentlich mit einem Clou hat die EU den Weg frei gemacht, dass die Länder auch aufgrund gesellschaftlicher Widerstände den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen individuell zulassen könnten. Derzeit setzen die Länder das um – mit der üblichen föderalen Geräuschkulisse in Deutschland.

Doch während des dabei nur um den Anbau geht, plant die EU bereits die nächste Renationalisierung der Agrarpolitik. So sollen die Länder auch individuell über den Import von gentechnisch veränderten Futter- und Nahrungsmitteln entscheiden dürfen.

Den ersten Warnruf sandte die Europaabgeordnete Maria Heubuch von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft am vergangenen Mittwoch aus: „Der Nationalisierungsvorschlag könnte zu einer Zulassungswelle führen, denn insgesamt stehen 13 Importanträge kurz vor der Zulassung.“ Damit weicht die Kommission dem Patt bei den Importzulassungen aus. Die Mehrheit ist beispielsweise gegen den Mais 1507.

Eine weitere Renationalisierung löst zwar verschiedene Knoten in Brüssel auf, löst aber nicht die grundsätzlichen Fragestellungen. „Das Vorhaben läuft den Grundsätzen des einheitlichen, freien Binnenmarktes zuwider“, kritisiert Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV). Wenn verschiedene Länder verschiedene Zulassungen fahren, ist der freie Warenaustausch zwischen den Mitgliedsländern in Gefahr. Das sende auch ein fatales Signal an die Welt. Drittländer könnten dem Beispiel folgen, was den gesamten Exportsektor der EU die Arbeit deutlich erschwere.

Auch der Grain Club, eine Allianz von acht deutschen Agrarverbänden, kritisiert den Vorschlag, der die europäische Logistik vor unüberwindlichen Problemen stelle. Die deutsche Verarbeitungs- und Veredlungsindustrie ist mit einem Selbstversorgungsgrad von 35 Prozent auf den Import von wertvollen Protein- und Aminosäurenquellen, wie beispielsweise Soja angewiesen, teilt der Grain Club mit. Dr. Hermann-Josef Baaken, Präsident des Deutschen Verbandes Tiernahrung glaubt nicht an eine Realisierung dieser Importe ohne gentechnisch veränderte Produkte. „Kurzfristig würden die Verbraucherpreise für tierische Erzeugnisse aus Deutschland steigen, da das Futtereiweiß deutlich teurer würde als in Wettbewerbsländern.“

Der Deutsche Bauernverband (DBV) fürchtet um den Ruf der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Diese Vorschlag untergrabe das europäische Zulassungsverfahren und ließe Zweifel an der EFSA aufkommen. Sie prüft auch in Drittstaaten die neuen Sorten. „Bei EU-Importen mit GVO-Bestandteilen handelt es sich also um mehrfach geprüfte und legale Produkte.“ Der DBV bezweifelt zudem die Vereinbarkeit mit dem internationalen Handelsrecht.

Ein fatales Signal gibt es auch nach innen. Ein anderes Thema, das renationalisiert eine Lösung aus einem Patt finden könnte, wäre das Thema „Klonen von Nutztieren“.

Roland Krieg

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