Gentechnikgesetz vor Gericht

Landwirtschaft

Gentechnik: Klage der Landesregierung Sachsen-Anhalts

Am Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht die Verhandlung über den Normenkontrollantrag der Landesregierung Sachsen-Anhalt eröffnet.

Hintergrund
Das Land Sachsen-Anhalt hält das Gentechnikgesetz für verfassungswidrig. Die schuldunabhängige Haftung widerspreche den Artikeln im Grundgesetz der Berufsfreiheit, der Eigentumsgarantie und dem Gleichheitssatz.
Das Standortregister verletzte das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz.
Die Regelungen im Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen schränkten die Berufsfreiheit ein.
Die neuen Begriffe „gentechnisch veränderter Organismus“ und „Inverkehrbringen“ seien weder mit der Wissenschaftsfreiheit noch mit der Berufsfreiheit vereinbar.
Der Ausgang ist offen und sowohl Gentechnikbefürworter und -gegner haben ihre Zweifel an dem bestehenden Gesetz.

Lücken auch für GVO-Gegner
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) sieht Lücken auch für Gegner der grünen Gentechnik. Die Interessen der Imker sei in dem Gesetz nicht berücksichtigt und wenn sie keine Einträge gentechnisch veränderter Pflanzenpollen hinnehmen wollten, dann müssten sie ausweichen. Das widerspreche der Berufswahlfreiheit der Imker und der Wahlfreiheit der Verbraucher. Außerdem führten zusätzliche Kontrollaufwände zu zusätzlichen Kosten bei gentechnikfrei wirtschaftenden Bauern. Ihnen würden die Folgekosten der grünen Gentechnik aufgebürdet, so der BÖLW.

Das ganze Gesetz auf der Kippe?
Zum Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft müsse nach Ansicht des Ökoverbandes Bioland das Gesetz weiter entwickelt werden. Präsident Thomas Dosch: „Wenn das Bundesverfassungsgericht der Klage stattgeben sollte, gefährdet dies die gentechnikfreie Landwirtschaft. Die Existenz der Biobauern stünde dann auf dem Spiel. Das Gentechnikgesetz muss weiterhin die Wahlfreiheit von Landwirten und Verbrauchern sicherstellen.“ Zur Aufrechterhaltung der Koexistenz müsse das Standortregister aufrecht erhalten bleiben.
Dosch kritisiert das Bundesland Sachsen-Anhalt, das an seiner Klage von 2005 festhalten will. Statt besserer Koexistenzregeln durchzusetzen, sollen die Nutzer der Gentechnik vom Haftungsrisiko befreit werden. Damit vertrete das Land die Interessen weniger „Gentech-Bauern und die Gentech-Industrie“.

GenTG behindert Pflanzenzüchter
Kritik am Gentechnikgesetz (GenTG) gibt es aber auch vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP). Es schade dem Innovationsstandort Deutschland, weil nur sehr eingeschränkt neue Pflanzensorten entwickelt werden können. „Bisher wurden Innovationen von Deutschland aus entwickelt und weltweit umgesetzt. Deutsche Pflanzenzüchtungsunternehmen nehmen seit jeher international eine Spitzenposition ein. Mit dem Gentechnikgesetz drohen wir zunehmend, in einem wichtigen Bereich den Anschluss zu verlieren“, sagte Christoph Herrlinger, stellvertretender Geschäftsführer im BDP. Auch der BDP will das Gesetz weiterentwickeln. Herrlinger hält für verschiedene Anbauformen eine angemessene und kulturartenspezifische Anbauregelung „für unerlässlich.“
Der Deutsche Bauernverband (DBV) kritisiert, dass das Gesetz so oft umformuliert wurde, dass er „keinem Landwirt zum Anbau von GVO-Pflanzen raten kann“.

Was berät das Bundesverfassungsgericht?
Die mündliche Verhandlung ist Anlass, sich neu für oder gegen die Gentechnik zu positionieren. Das Bundesverfassungsgericht wird aber das Gentechnikgesetz nicht umformulieren, es wird es nicht ergänzen – es wird nur darüber entscheiden, ob es verfassungskonform ist.
Die Geschichte geht weiter.

Roland Krieg

Zurück