Genug Biomasse für BtL?
Landwirtschaft
BtL: Zwischen Ressourcenknappheit und Optimismus
Der alle zwei Jahre stattfindende BtL-Kongress bringt in einmaliger Weise verschiedene Akteure zusammen, die entlang der Prozesskette verschiedene Sprachen sprechen und unterschiedliche Ziele verfolgen: Das Ergebnis ist dann eine genaue und aktuelle Standortbestimmung der BtL-Technik.
Ressourcen werden knapp
Prüf. Dr. Jürgen Zeddies, Agrarökonom der Universität Hohenheim gab in Berlin eine Vorausschau auf die Trends der Agrar- und Ernährungsbranche. Bis 2050 steigt mit einer Wachstumsrate von jährlich einem Prozent die Bevölkerung auf neun Milliarden Menschen an. Derzeit verzehrt jeder Mensch 645 Getreideeinheiten pro Jahr und Kopf. Unter anderem durch den steigenden Fleischverzehr erhöht sich der Verbrauch jährlich um 0,7 Prozent. Auf der Angebotsseite werden weltweit im Durchschnitt 3,3 Tonnen Getreide je Hektar geerntet, wobei die jährliche Steigerung der Produktivität 1,5 Prozent hinzufügt. Im Jahr 2050 müssen 5,6 Tonnen Getreide von jedem Hektar geerntet werden, um die Nahrungsversorgung sicher zu stellen.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es weltweit rund 0,65 Milliarden Hektar, die für die Biomasseproduktion in Frage kam. Angesichts der beschriebenen Trends wird sich das Flächenpotenzial verringern. 2010 sind es nur noch 0,26 Mrd. ha, ab dem Jahr 2020 fehlen dann sogar 0,20 Mrd. ha und 2050 fehlen bereits 1,23 Mrd. ha für die Biomasseproduktion. Ab 2015 werden Lebensmittel knapp und teuer, prophezeit der Agrarökonom.
Als Ausgleich muss bei unvermindertem Verbrauch der Ertrag pro Fläche um 50 Prozent gesteigert werden. Sollen Regenwaldrodungen und Weidelandumbrüche vermieden werden und sollen 20 Prozent der Fläche für die Biodiversität erhalten bleiben, dann muss die Ertragssteigerung höher ausfallen. Für eine Ausdehnung des Ökolandbaus reichen die Ressourcen nicht aus. Oder: Die Konsumenten beginnen, auf ihre Überernährung zu verzichten.
Wo bleibt da die Bioenergie? Weizen, Rüben und Ölsaaten, die der menschliche Ernährung dienen, stehen dem Biomassewachstum für den Non-Food-Bereich ab 2015 nicht mehr zur Verfügung. Bevor der Magen leer bleibt, wird das Auto stehen bleiben. Doch durch die höhere Nahrungsproduktion fallen auch höhere Mengen an Reststoffe an, die in BtL-Anlagen verwertet werden können. Vor allem Stroh steht nach Angaben von Dr. Armin Vetter von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft ohne Benachteiligung der Humusbilanz ausreichend zur Verfügung. Des weiteren bieten Zwischenfrüchte, Forsten und Grenzertragsstandorte Potenziale auf.
Branche ist zuversichtlich
Dr. Helmut Born, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, erinnerte am Donnerstag Abend an die Diskussion über Biodiesel, für den Ende der 1980er Jahre etwa 200.000 Hektar zur Verfügung gestellt wurden. Niemand hätte geglaubt, dass die Landwirtschaft in Deutschland heute bereits auf fast zwei Millionen Hektar nachwachsende Rohstoffe anbaue. Weitere Flächen stünden also noch zur Verfügung. Allerdings müsse man mit den Züchtern reden, damit die Trockenmasseerträge von heute rund 15 auf benötigte 20 Tonnen je Hektar ansteigen können. Für Dr. Norbert Schmitz von meó Consulting, die weltweit Zertifizierungssysteme aufbaut, sind steigende Erträge kein Nachhaltigkeitshindernis.
Außerdem müsse die BtL-Anlage nicht sofort eine Million Tonne Biomasse verarbeiten, sagte Dr. Ludolf Plass vom Anlagenbauer Lurgi. Man könne mit der Pyrolyse der Biomasse erst einmal den Wärmebedarf bedienen. Die nächsten Stufen bis zum Fischer-Tropsch-Verfahren kämen von alleine.
Allerdings sind die großen Anlagen keine Selbstläufer. Die gesamte Technik ist so kompliziert und teuer, das sie noch nicht für eine Großanlage zusammengefügt sind. Deshalb gebe es bisher nur Pilotanlagen gibt, beschreibt Dr. Frank Seyfried von Volkswagen die schleppende Umsetzung. Letztlich sei die Frage zu klären, wie viel die Konsumenten für ihre Mobilität bereit sind zu zahlen.
Clemens Neumann aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium hält an der Förderung der BtL-Technik fest. Gerade der gestern übergebene Zuwendungsbescheid sichert die Forschung, damit der Konsument später einmal die Qualität des Produktes überprüfen kann. Größere Reichweite, Null Emissionen und hohe Leistungen haben die Autobauer dem BtL-Kraftstoff in den letzten beiden Tagen bereits bescheinigt.
Die Anlagenbauern wollen auch deshalb an der Technik festhalten, weil es bereits weltweite Anfragen über Vergaser und Pyrolysen gibt. Doch zeigen können sie den Käufern bislang nur Pilotanlagen. Die BtL-Raffinerie als High-Tech-Exportschlager aus Deutschland.
Kein Förderstopp
Mit Blick auf die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen auf dem Biodieselmarkt, fordert die Branche, die Förderunen auch über 2015 hinaus aufrechtzuerhalten. Das wünscht sich auch Neumann. Die Rahmenbedingungen müssen für die Investitionen sicher gemacht werden.
Dr. Born möchte nicht nur den deutschen Markt betrachten. Deutschland ist dicht besiedelt und hat nur noch wenig freie Fläche. Der Binnenmarkt hingegen hat in Osteuropa Flächen integriert, die nur wenig besiedelt sind und ein hohes Wachstumspotenzial aufweisen. Schon alleine das richtet die Rentabilität neu aus.
roRo