Gesellschaft reif für Zahlungstransparenz?
Landwirtschaft
EU-Agrarrat unterstützt Kommission bei Zahlungstransparenz
Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen. Damit dieser Satz Substanz erhält wurden bis zum Veto des Europäischen Gerichtshofes die Zahlungsempfänger von Agrarzahlungen im Internet veröffentlicht. Hauptargument gegen die Datenbank war mangelnder Datenschutz. Dennoch hat die EU-Kommission bald einen neuen Transparenz-Vorstoß unternommen [1]. Für EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos ist die Veröffentlichung der Zahlungen eine wichtige Angelegenheit für deren Akzeptanz und gleichzeitig eine Kontrolle für die Wirksamkeit. Denn neben dem Namen des Empfängers soll auch der Grund für die Zahlung angegeben werden. In einem neuen Vorschlag hat die Kommission eine de minimis-Schwelle vorgeschlagen, ab der Zahlungen erst veröffentlicht werden sollen.
Im EU-Agrarrat durften sich die einzelnen Mitgliedsländer zwischen zwei Optionen entscheiden: Der Kommissionsvorschlag ist angemessen und verhältnismäßig – oder es bedarf weiterer Prüfung, um Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit zu erreichen. Vor allem ging es um die Frage, ob der Kommissionsvorschlag einer neuerlichen rechtlichen Prüfung standhalte. Simon Coveney, irischer Landwirtschaftsminister und im Rahmen der Präsidentschaft Agrarrats-Vorsitzender, fasste zusammen: Der Vorschlag solle nicht wieder von einem Gericht gestoppt werden.
Keiner sprach sich gegen Transparenz aus. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und ihr französischer Amtskollege Stéphane Le Foll sagten unisono der Initiative die volle Unterstützung zu, äußerten jedoch Bedenken wegen des aus ihrer Sicht noch immer fehlenden Datenschutzes. Aigner und Le Foll wollten noch weitere Rechtsfragen abklären.
Damit waren sie aber in der Minderheit. Die deutliche Mehrheit unterstützte den Kommissionsvorschlag als angemessen und verhältnismäßig. Damit unterstützt der Agrarrat die Kommission. Jetzt werden noch Details festgelegt:
So ist noch offen, wie hoch die de minimis-Schwelle ist. Die Vorschläge aus den Ländern reichen von 100 Euro (Estland) bis 5.000 Euro (Zypern). Möglich wäre auch eine individuelle Festlegung nach Mitgliedsland.
Österreich hat in diesem Jahr eine Datenbank eingeführt, in der alle Empfänger von öffentlichen Geldern hinterlegt sind. Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich berichtete, dass die Daten anonymisiert wurden. Vorher waren die vollen Namen öffentlich, was in der Alpenrepublik zu einer Neiddebatte geführt habe. Inhaltlich sei nichts dabei herumgekommen.
Ganz andere Erfahrungen hatte Estland gemacht: Die Bürger gingen sachlich mit den Daten um.
Ciolos machte klar, dass der Agrarrat lediglich für die Zahlungen im Agrarbereich, und zwar für die erste und zweite Säule, sprechen kann. Polens Vorschlag auch Zahlungsempfänger aus anderen Ressorts öffentlich zu machen, müsste in anderen Gremien besprochen werden. Nach Ciolos sei aber der Druck zur Transparenz im Agrarbereich am stärksten.
Tschechien und Großbritannien sprachen sich für eine möglichst vollständige Transparenz aus und wären bereit, auf jegliche Veröffentlichungsschwelle zu verzichten. Finnland könnte sich vorstellen, dass die Daten nach Sektoren und Regionen anonymisiert zusammengefasst würden.
Die Diskussion über Transparenz quer durch Europa ist ein Siegelbild, wie offen eine Gesellschaft mit den Daten ihrer eigenen Nachbarn umzugehen vermag.
Lesestoff:
Neue Transparenzinitiative nach EuGH-Urteil
Roland Krieg