Glyphosat am seidenen Faden

Landwirtschaft

Wieder keine Einigung bei Glyphosat

Vor jeder Abstimmung im Ständigen Komitee zur Lebensmittelsicherheit über Glyphosat wurde die Bundesregierung nach dem Stand der Ressortabstimmung befragt. Jedes Mal hiee es, die Ressortabstimmung laufe noch, obwohl die Gräben zwischen Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium unüberbrückbar sind. Nur der Mut fehlte, die Abstimmung für gescheitert zu erklären.

So ist im EU-Komitee die Abstimmung am Montag bereits zum Dritten Mal gescheitert. Jetzt liegt es an der EU-Kommission, die richtige Entscheidung zu finden. Und da liegt EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis mit seinem ambitionierten Vorschlag vorn [1]. Heute will sich der Kommissar mit dem Kommissionskollegen über das weitere Vorgehen beraten.

Er hat noch ein paar Tage Zeit. Die Zulassung von Glyphosat läuft am 30. Juni aus. Einen Notfallplan für das Überschreiten dieses Termins hat die Bundesregierung nicht. Ob sie einen finden wird, ist offen, denn am Wochenende sich die Minister Christian Schmidt und Barbara Hendricks über die Medien kräftig in die Haare geraten.

Hendricks forderte vor dem Hintergrund der Meinungsverschiedenheit gleich „grundsätzlich eine andere Landwirtschaftspolitik“. Gelder sollten nur für „die Produktion gesunder Lebensmittel, die Pflege der Natur und Landschaft“ ausgegeben werden und forderte eine „Umsteuerung“ von Schmidt. Dieser ging in der Rheinischen Post zum Gegenangriff über: „Grundsätzlich sehe ich es mit Sorge, dass in einer solchen Frage Politik nach Belieben betrieben wird und nicht auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse". Die Zulassung solle nur durch wissenschaftliche Erkenntnisse beeinflusst werden.

Hin und Her

Falls Glyphosat wegfalle, müssten Landwirte tiefer in die Tasche greifen. Zwei Fruchtfolgen mit Mais und Raps wurden untersucht. Die direkt- und arbeitsfreien Leistungen fielen zwischen sechs und 39 Prozent, meldete das dlz agrarmagazin.

Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft DLG hat in einem Merkblatt den verantwortungsvollen Umgang mit dem Wirkstoff beschrieben. Einfache Antworten für ein „Für oder Wider“ gebe es nicht. Erst der Einsatz hat bodenschonende Arbeitsweisen möglich gemacht. Auf der anderen Seite habe die „fachliche Vorzüglichkeit“ das Mittel zu einem Einsatz wie bei keinem anderen gebracht.

Martin Häusling, für die Grünen im Europaparlament, kritisiert das Argument der bodenschonenden Bearbeitung. Die pfluglose Arbeitsweise würde zwar bei Regen vor Erosion schützen, ließe sich aber auch mit Zwischenfrüchten erzielen. Bleibt der Pflug fern, wird in tieferen Bodenschichten keine organische Substanz eingetragen. Zudem würden weite und abwechslungsreiche Fruchtfolgen gegen Unkräuter ohne Resistenzdruck schützen.

Wissenschaftliches Papier

Die Universität Göttingen hat Ende Mai in einem Positionspapier darauf hingewiesen, dass es wenig Sinn macht, sich auf ein einziges Mittel zu verlassen. Die Nachteile des Wirkstoffs sollten ernst genommen werden. Dr. Horst-Henning Steinmann, Prof. Dr. Ludwig Theuvsen von der Uni Göttingen und Prof. Dr. Bärbel Gerowitt von der Uni Rostock folgendes diskutiert: Mengenbegrenzung für Pflanzenschutzmittel eine erhöhte Besteuerung vorgeschlagen, Einschränkungen für Anwendungsgebiete auf freiwilliger Basis und die Anlage von Kompensationsflächen ohne Pflanzenschutzeinsatz.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass über alle Pflanzenschutzmittel diskutiert werden sollte und die Möglichkeit von Einschränkungen und die Anlage von Kompensationsflächen weiter verfolgt werden sollte.

Politisches Schauspiel

„Die Unentschlossenheit der Mitgliedstaaten und die Tatsache, dass überhaupt eine Verlängerung der bestehenden Zulassung notwendig geworden ist, stellt eine äußerst bedauerliche Situation dar. Das ist die traurige Bestätigung, wie sehr der Zulassungsprozess zu einem politischen Schauspiel verkommen ist“, erklärte Ursula Lüttmer-Ouazane, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Glyphosat, in der Agrarchemiefirmen zusammengeschlossen sind.

Lesestoff:

[1] Andriukaitis gibt sich als der wahre Grüne

Roland Krieg

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