Green Deal für Wald, Boden und Abfall
Landwirtschaft
EU-Kommission nimmt drei Green Deal-Vorschläge an
Die EU-Kommission hat am Mittwoch mit drei angenommenen Vorschlägen den Green Deal in den Bereichen Waldschutz, Abfallverbringung und Bodenschutz fester gezurrt. Vizepräsident Frans Timmermanns verspricht, dass die EU mehr Verantwortung gegen die Klima- und Biodiversitätskrise übernehmen muss. Die neuen Vorschriften über die Abfallverbringung werden die Kreislaufwirtschaft stärken, die Bodenstrategie die Gesundheit der Böden schützen und mit der Waldstrategie ein Zeichen gegen die Entwaldung setzen. Umwelt-Kommissar Virginijus Sinkevičius betont, dass die EU ehrlich sein muss, wenn sie mit ihren Handelspartnern eine ehrgeizigere Umwelt- und Klimapolitik einfordert.
Entwaldungsfreie Lieferketten
Die Verordnung sieht die Sicherung entwaldungsfreier Lieferketten vor. Allein im Zeitraum zwischen 1990 bis 2020 sind weltweit 420 Millionen Hektar Wald gerodet worden. Eine Fläche so große wie die EU. Unternehmen müssen sicher stellen, dass nur erlaubte Produkte auf den Binnenmarkt kommen. Die Kommission wird ein Benchmark-System für die Einstufung der Länder mit einem Entwaldungs- und Waldschädigungsrisiko einrichten. Gleichzeitig werden „entwaldungsfreie Produkte“ gefördert.
Es geht dabei um Produkte wie Palmöl, Rindfleisch, Sojabohnen, Kaffee, Kakao und Holz selbst. Die Unternehmen werden bei Zugang der EU-Mitgliedsländer nachweisen müssen, dass ihre Roh- und verarbeiteten Stoffe den Regeln folgen. Anonymisiert stehen die Daten der Allgemeinheit zur Verfügung. Die Länder bekommen das Recht, die Importe auf die neuen Standards zu kontrollieren. Dafür müssen die Produkte rückverfolgbar sein. Satellitendaten werden die Entwaldung kontrollieren.
Der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling begrüßt den Vorschlag: „Dieser Gesetzesvorschlag meint es ernst mit Schutz der globalen Wälder und wird der Verantwortung der EU in der Welt gerecht. Es kann nicht angehen, dass wir auf der einen Seite der Welt munter konsumieren und dadurch auf der anderen Seite der Welt ökologische und soziale Probleme verursachen. Die bisherigen freiwilligen Selbstverpflichtungen von Unternehmen zu verantwortungsvollem Handel haben nicht die gewünschten und gebrauchten Konsequenzen gebracht.“
Umweltsprecherin Delara Burkhardt von der Europa-SPD bezeichnet den Vorschlag als „riesigen Erfolg“. Neben dem Brüsseler Parlament haben auch eine Million Europäer sich an der entsprechenden Konsultation beteiligt. Gegenüber dem ersten Vorschlag fehlt in der jetzigen Fassung allerdings die Haftungsregelung für Mitgliedsstaaten und eine unvollständige Produktpalette. Da will die SPD nachbessern.
Katharina Brandt von germanwatch kritisiert, dass der Vorschlag nicht weit genug geht. Es werden keine Moore, Mangroven und Savannen geschützt, die ebenfalls zerstört werden.
Die Verbände europäischer Landwirte und europäischer Genossenschaften (Copa Cogeca) fordert die EU auf, für die Landwirte alternative Produkte in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Das Beispiel der EU-Eiweißstrategie gilt hier als Vorbild.
Abfallverbringung
Kreislaufwirtschaft und Null-Schadstoff-Ziel sind die Eckpunkte, auf denen die Überarbeitung der Verordnung über die Verbringung von Abfällen fußt. Die Ausfuhr von Abfällen wird schärfer kontrolliert, ein effizienteres System für den Verkehr von Abfällen als Ressource und konsequente Maßnahmen gegen den illegalen Müllexport stehen im Vordergrund. Exporte in Nicht-OECD-Länder werden begrenzt und nur zugelassen, wenn die Drittländer dies zulassen und die Importe nachhaltig bewirtschaften können. Für ein effizientes System wird ein elektronischer Austausch von Dokumenten eingeführt.
Das Thema ist kein Pappenstiel. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) weist für 2020 eine Müllausfuhr aus der EU in Höhe von 33 Millionen Tonnen aus. Im Gegenzug hat die EU 16 Millionen Tonnen Abfall importiert. „Es ist richtig und notwendig, den Export vor allem von Kunststoffabfällen stärker zu beschränken“, sagt VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. „Seit dem Erlass der Verpackungsverordnung vor 30 Jahren ist die Herausforderung, Kunststoffe zu recyceln, bekannt – jedoch wurde zu wenig getan. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass es in Deutschland bis heute noch immer keine ausreichenden Kapazitäten gibt, um alle Kunststoffabfälle hochwertig zu verwerten. Statt Ländern wie der Türkei oder Malaysia unseren Abfall vor die Tür zu kippen, sollte Deutschland endlich mehr Kapazitäten für das Recycling vor allem auch von Kunststoffabfällen aufbauen.“ Ein weiteres Problem ist die Nutzung von Verbundstoffen aus unterschiedlichen Materialien, die ein Recycling von Kunststoffen erschwert bis unmöglich mache.
Bodenschutz
Neu im Geschäft ist die EU-Bodenschutzstrategie 2030 für den Erhalt und Aufbau gesunder Böden für Menschen, Nahrung, Natur und Klima. 70 Prozent der europäischen Böden befinden sich in keinem guten Zustand. Sie sind aber Grundlage für gesunde Nahrungsmittel und dienen dem Kohlenstoff als Senke. Die Böden sollen so wie Wasser, Meeresumwelt und die Luft geschützt werden. Bis 2023 erfolgt eine Folgenabschätzung für ein neues Bodengesundheitsgesetz. Die Verordnung ist ein Mix aus freiwilligen und rechtlichen Maßnahmen zur Sicherung und Erhöhung der organischen Substanz im Boden, die Verhinderung der Wüstenausdehnung, die Sanierung von geschädigten Flächen und Böden bis 2050 und dem Erreichen eines gesunden Bodenökosystems.
Für den grünen Abgeordneten Martin Häusling ist die EU-Bodenschutzstrategie „dringend notwendig“. Das Europaparlament hatte in diesem Frühjahr eine Resolution für den Bodenschutz vorgelegt – allerdings ohne die Stimmen der Konservativen. Seit den 2000er Jahren verhindert diese Allianz ein Bodenschutzgesetz. Häusling hofft, dass aus den weiteren Vorschlägen Ansätze für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) entspringen. In Deutschland schützt noch nicht einmal das Bundes-Bodenschutzgesetz die Funktionen des Bodens ausreichend, reklamierte Häusling.
Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßt den Vorschlag. Beim „Bodenschutz besteht ein massiver und dringender Handlungsbedarf“, sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken. Allerdings gibt es eine Vielzahl an nationalen und europäischen Regelungen zum Schutz des Bodens. „Ein weiteres Regelwerk zum Bodenschutz würde daher keinen Mehrwert bringen, sondern nur Doppelregelungen und mehr Bürokratie zur Folge haben. Ein europäisches Bodengesundheitsgesetz missachtet die Subsidiarität und hebelt nationale Bodenschutzregelungen aus. Aus diesen Gründen wurde bereits die selbst bei den Umweltministern der EU nicht mehrheitsfähige EU-Bodenrahmenrichtlinie zurückgezogen.“
Der Bauern- und Genossenschaftsverband Copa Cogeca schlägt in die gleiche Kerbe. Außerdem seien die Böden lokal so vielseitig, dass es kaum eine einheitliche EU-Qualitätspolitik geben könne. Außerdem fordern die beiden Verbände noch 2022 eine Vorlage für Landwirte, die Böden zu monitoren, neueste bodenschonende Technologie einzusetzen und die Böden zu renaturieren.
Roland Krieg
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