Großbetriebe keine Heuschrecken
Landwirtschaft
Kapitalanleger gefährden die Agrarstruktur
Auf dem Bezirkstag der Agrargenossenschaften des Genossenschaftsverbandes in Schwerin stellte Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus klar: „Landwirtschaftliche Großbetriebe im Osten Deutschlands haben nichts mit industrieller Landwirtschaft oder gar mit der Anhäufung von großem Besitz in der Hand von „Heuschrecken“ zu tun.“
„Mehrfamilienbetriebe“
Die Mitgliedsbetriebe der Genossenschaften bewirtschaften im
Schnitt 1.700 Hektar und werden von rund 37 Familien getragen. Rechnerisch
entfallen nach Backhaus auf eine Familie 46 Hektar, was zwei Hektar unter dem
Bundesdurchschnitt der Betriebsgröße bleibt. Der Minister spricht in diesem
Zusammenhang von Mehrfamilienbetrieben.
Daher wehrt sich Backhaus gegen die Öffnung des Bodenmarktes für
Kapitalanleger: „Wenn der Weg des Fremdkapitals verstärkt gegangen wird, ist
überdies zu erwarten, dass die Preise noch schneller und stärker steigen.“ Die
Betriebe, die den Kaufpreis aus dem Ernteeinkommen finanzieren müssten hätten
nach Ansicht des Ministers keine Wettbewerbschance mehr. Sie könnten nur auf
bezahlbare Pachtpreise hoffen und sich in Abhängigkeiten zu den Kapitalanlegern
verstricken. In erster Linie seien hier die Banken gefragt, die den
Landwirtschaftsbetrieben die Flächen als Produktionsgrundlage geben sollten und
nicht aus Renditegründen die Flächen selbst zu erwerben, so Dr. Backhaus.
Rasanter Preisanstieg
Backhaus sieht nur wenige Chancen, solche nachteiligen
Entwicklungen abseits des Grundstücksverkehrsgesetzes einzudämmen. Eine
Streckung des Privatisierungszeitraumes sei unerlässlich, doch seien dafür
selbst in den ostdeutschen Ländern keine politischen Mehrheiten vorhanden. Backhaus
selbst bevorzugt statt Flächenverkauf die langfristige Pacht an
landwirtschaftliche Betriebe.
Das Thema ist bedeutend, weil die Flächen über die BVVG
(Bodenverwaltungs- und -verwertungs GmbH) verteilt werden. Mit einem Anteil von
75 Prozent am Markt hat die BVVG in Mecklenburg-Vorpommern eine preisbestimmende
Position. Die durchschnittlichen BVVG-Kaufpreise stiegen von 7.492 Euro je
Hektar im Jahr 2008 um 31,6 Prozent im Jahr 2009 und erreichten im letzten Jahr
ein Niveau von 12.152 Euro je Hektar. Im Vergleich dazu liegen die Kaufpreise
in Westdeutschland bei 17.960 Euro je Hektar.
In diesem Jahr laufen nach Angaben der BVVG mehr als 1.500
Pachtverträge mit einem Umfang von 45.000 Hektar aus und werden neu verhandelt.
roRo