Grotelüschen nicht zu halten
Landwirtschaft
NI: Lindemann neuer Agrarminister
Als vor acht Monaten Astrid Grotelüschen Landwirtschaftsministerin in Niedersachsen wurde, rückte ihre ehemals berufliche Verbindung zur Putenmast sie gleich in den Fokus der Tierschützer. Nach acht Monaten Dauerfeuer ist Astrid Grotelüschen am Freitag zurückgetreten. Nachfolger wird Gerd Lindemann, ehemaliger Staatssekretär des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
680 Euro im Monat für 12-Stunden-Tag
Als Grotelüschen Nachfolgerin von Hans-Heinrich Ehlen
wurde, der aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, schoss sich die
Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ gleich auf die neue Ministerin ein. Gerade
die Putenhaltung ist als Massentierhaltung und überschweren Tieren, die sich
kaum auf den Beinen halten können ein „Problemsegment“ der Landwirtschaft. Über
40 Prozent der Tiere leiden an krankhaften Beinleiden, wie Tibiale
Dyschondoplasie und Pododermatitis an den Fußballen.
Die ehemalige Prokuristin aus einem Neubrandenburger
Putenmastbetrieb hatte die Chance, als Ministerin die Putenhaltung auf die
Agenda zu bringen. Letztlich taten das andere, wie aktuell der NDR mit seiner
Sendung „Menschen und Schlagzeilen“, die bei der „Fitkost
Geflügelverarbeitungs- und Vetriebsgesellschaft mbH“, wo Grotelüschen als
Prokuristin tätig war, und auf einem Schlachtbetrieb in Wildeshausen, an dem
ihre Familie beteiligt ist, die Arbeitszustände untersuchte. Am 15. Dezember
meldete der NDR vorab, dass mindestens in dem Neubrandenburger Betrieb
Arbeitszeiten von 12 bis 13 Stunden am Tag üblich gewesen seien. Monatlich
haben die Mitarbeiter dafür Brutto 680 Euro erhalten. Beim Schlachten wurde
nach Angaben des NDR ein Akkordlohn gezahlt, der bei schweren Tieren aber nur
90 Cent je Tier ausgemacht habe.
Aus der Schussbahn genommen
Auf die Dauer war Grotelüschen nicht zu halten gewesen.
Ministerpräsident David McAllister teilte dann am Freitag mit, dass
Grotelüschen zurücktritt. Die andauernden Vorwürfe hätten sie zu einer
Belastung der schwarz-gelben Landesregierung gemacht, teile die Fraktion mit.
Ein Wechsel an der Spitze des Landwirtschaftsministeriums sei unausweichlich
geworden.
Björn Thümler, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion,
blickte zurück und befand, dass es der Opposition weiger um Sachverhalte, denn
um „ein inszeniertes Kesseltreiben“ gegangen sei: „Der Umgang mit Astrid
Grotelüschen durch die Opposition war respektlos und menschlich tief
verletzend.“
In einer Sondersitzung wurde mit Gert Lindemann auch
gleich der Nachfolger bestimmt. McAllister erklärte, dass der 63jährige „alle
notwendigen Qualifikationen und Voraussetzungen mitbringe“. Lindemann gilt als
ausgewiesener Agrarexperte im Inland und auf europäischer Ebene, musste
allerdings im Januar das Bundeslandwirtschaftsministerium als Staatssekretär
verlassen. Im September erst hatte Lindemann den Aufsichtsrat der
Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) übernommen.
roRo