Grüne Trends im Gartenbau auf der IPM Essen
Landwirtschaft
Belgische Handwerkskunst im Gartenbau
Die Internationale Pflanzenmesse IPM in Essen steht in der Zeit vom 22. bis zum 25. Januar ganz im Zeichen der belgischen Gartenkunst. Das Nachbarland stellt seine Partnerschaft mit der IPM in diesem Jahr unter das Motto „Rooted in Craftmenship together“. Die Belgier sind seit dem Messestart 1982 in Essen vertreten und kommen in diesem Jahr mit 70 Ausstellern.
Belgische Sommerlinde in Essen
Hinter der Partnerlandskooperation stehen der VLAM (Flanderns Agrar-Marketing-Büro) und der Verband Belgischer Zierpflanzenbau (AVBS). 80 Prozent der europäischen Azaleen stammen aus Belgien. Auch bei den Baumschulerzeugnissen ist Belgien Spitzenreiter. Im November haben die Belgier der Messe Essen eine Sommerlinde (Tilia platyphyllos Zelzate) geschenkt. Belgien erzielt mit dem Export aus der Baumschulwirtschaft jährlich rund 104 Millionen Euro Umsatz. Mehr als 870 Baumschulen gibt es im Königreich, die auf 5.300 Hektar überwiegend Zierbäume und Ziersträucher produzieren. Ein Drittel davon geht in den Export nach Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Deutschland.
Grüne Trends
Die Sommerlinde in der Stadt ist ein Zeichen für das Stadtklima, das im vergangenen Sommer unter Stress stand. Bäume und Pflanzen sind nicht nur Schattenspender, sie sind auch Feinstaubfilter und Kühlung im Mikroraum. Mit dem Sonderprogramm „Zukunft Stadtgrün“ fördert die Bundesregierung den grünen Städtebau [1]. Die Einzelhändler geben im Vorfeld der Messe an, das Endverbraucher im letzten Jahr verstärkt nach hitzetoleranten Pflanzen gefragt haben und sich dieser Trend auch in diesem Jahr verfestigen werde.
Treiber der grünen Entwicklung ist auch auf den Händler „toom“ zurückzuführen. Im Frühjahr 2018 hatte er in der Kölner Innenstadt einen PopUp-Store aufgemacht und zeigt auf der IPM auf 200 Quadratmetern das Thema „Urban Gardening“.
Blüten und Früchte
Alles was blüht und Früchte trägt wurde von den Konsumenten bevorzugt. Anfang Juni 2018 waren die meisten Balkone und Gärten bereits fertig bepflanzt. So früh wie sonst nie, heißt es in der Branche. Doch auch die Blumenfachgeschäfte kamen mit „Impulsware“ auf ihre Kosten. Vor allem übertragen Kunden ihre Vorzüge für Lebensmittel auf den Gartenmarkt. Zur Abgrenzung zum Massenmarkt, wurde vielfach nach größeren und hochwertigen Pflanzen gefragt. Nicht nur für Draußen – Zimmerpflanzen erfreuen sich steigender Beliebtheit.
Mit dem „Naschgarten“ kommen Minibeeren-Sträucher und Snack-Erdbeeren vermehrt auf die Balkone und in die Gärten.
Regionalität
Die Zulassungsproblematik bei den Pflanzenschutzmitteln hat beispielsweise die Gärtner aus dem Viermarschlanden im Hamburger Bezirk Bergendorf zur Umstellung vieler Rosengärtner auf Sommerflor gezwungen. Plötzlich erschienen neue regionale Produkte am Markt, die Floristen sehr gut bei Kunden unterbringen konnten. Zum Teil werden regionale Produkte auch schon zertifiziert, was ebenfalls bei Kunden gut ankommt.
Für den Einzelhandel bieten sich dabei neue Chancen. Blumen sind online nur schwer zu vermitteln. Kunden bevorzugen gerade bei Pflanzen den sinnenbehafteten Einkauf. Händler können mit Fachberatung und verschiedenen Themenwelten wie „Urban Gardening“, „Smart Gardening“ oder „Outdoor Living“ punkten. Für 2019 rechnet die Branche mit einem Umsatzplus von zwei Prozent, was zum neunten Mal hintereinander ein Wachstum bedeutet.
Märkte
Der Schnittblumenexport wurde nach niederländischen Angaben im heißen Sommer 2018 nahezu „verbrannt“. Fast alle Zielländer haben ihre Importe zurückgefahren. Aufgefangen wurde das Gesamtergebnis mit einem Plus bei Zimmer- und Gartenpflanzen. Dennoch scheinen die wichtigsten Zielländer der niederländischen Exporte gesättigt. Bei Blumen und Pflanzen suchen Exporteure neue Märkte und finden sie in Asien. Die Budgets für Blumendekorationen bei Großveranstaltungen außerhalb Europas nehmen zu. Innerhalb der EU wachsen die Märkte in Osteuropa und vor allem in Polen. Sinkende Arbeitslosenzahlen, und eine Zunahme der kaufkräftigen Mittelschicht erlaubt Ausgaben für pflanzliche Begleiter in Haus und Garten. In Osteuropa wird der Absatz von Pflanzen über den Ausbau des Filialnetzes europäischer Handelsketten kanalisiert.
Im letzten Jahr wurde der Türkische Zierpflanzenverband SÜSBIR Mitglied im europäischen Baumschulverband „ENA“. Das Land am Bosporus will sich als Drehscheibe im Pflanzenhandel mit Asien und dem Mittleren Osten etablieren.
Deutschland
Die Marktdaten 2018 liegen noch nicht vor. Erste Signale weisen auf ein vergleichbar erfolgreiches Ergebnis von 8,6 Milliarden Euro wie aus dem Jahr 2017 hin. Das Pflanzengeschäft fand „geballt“ in den Monaten April und Mai statt. Verbraucher mussten viele erfrorenen Beet- und Balkonpflanzen ersetzen, was vereinzelt zu Lieferengpassen auf dem Pflanzenmarkt führte. Die „Jahrhundertdürre“ wird wohl Spuren im Gartenbau hinterlassen und den Strukturwandel beschleunigen. Die Sortimente werden sich verschieben.
Eine Markterhebung in Thüringen zeigte, dass der Preis pro Pflanze im Durchschnitt um acht Cent angehoben werden konnte. Bei Kulturen mit kleinen Stückzahlen ließen sich sogar 20 bis 30 Cent pro Pflanze mehr als 2017 durchsetzen. Selbst bei Schnittblumen konnten stabile Preise erzielt werden. Der niederländische Vermarkter Plantion führt das auf den Trend zu Blumensträußen aus Sommerblumen und einem geringeren Angebot aus Afrika zurück. Dort sank wegen niedriger Temperaturen und hohen Niederschlägen die Verfügbarkeit exportfähiger Waren.
Fachkongress
Zwischen Blumen und Pflanzen bietet die IPM ihr fachspezifisches Konferenzprogramm an. Bei der Lehrschau 2019 dreht sich alles um die Wurzel. Unter dem Motto „Unterirdisch gut“ werden Aspekte zur Optimierung des Wurzelraums beleuchtet. Ein neu aufgelegter Marketing-Preis belohnt die besten Marketing-Storys von Stauden und Gehölzen.
Junge Käufer steigen langsam in den Pflanzenbereich des Internets ein. Sie informieren sich über Social Media. Diese Kunden gehen den klassischen Einzelhandelsgärtnern und Gartencenter verloren. Fachvorträge gehen den Fragen nach, wie die Kunden wieder zu gewinnen sind, welche Bedürfnisse sie haben und welche Produkte sie wollen.
Das g&v CreativCenter schafft Anreize zum Nachmachen im eigenen Geschäft. Namhafte Floristen demonstrieren, wie Themengebiete „Zusatzsortiment – gut aufgetischt“ oder „Lockvogel des Monats“ Kundeninteresse wecken.
Lesestoff:
[1] Stadtbäume sorgfältig aussuchen: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/der-richtige-baum-fuer-die-hitze-in-der-stadt.html
roRo; VLE, Fotos: IPM Essen