Grüne Woche 2006
Landwirtschaft
Das Land in der Mitte
>Die gesamte Branche erlebte die Grüne Woche als "Aufbruchstimmung", so Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Der Agrar- und Ernährungswirtschaft geht es zwar nur wegen des Exports gut, aber es mehren sich auch die Zeichen für ein Ende der Geiz-Mentalität. Das war nicht nur auf Bundesebene, sondern auch speziell aus Sachsen und Brandenburg zu hören.Noch nie haben so viel Bundesländer den Tourismus bei der Grünen Woche in den Vordergrund gestellt. Damit rückt die Landwirtschaft in der Gesamtbetrachtung des ländlichen Raumes zwar in den Hintergrund, bleibt aber weiterhin prägendes Element. Der ländliche Raum, für dessen Entwicklung es immer weniger Geld gibt, nutzt die Chance, seine komplexe Struktur mit traditionellem Handwerk und regionalen Wirtschaftskreisläufen den Menschen über die Ferien näher zu bringen, als es der Landbau in seiner Polarisierung zwischen ökologischer und konventioneller Ausrichtung alleine konnte. Mit neuen Produkten wie dem Beelitzer Kürbiskernöl gewinnen Land und das bäuerliche Unternehmertum attraktivere und nicht mehr nur romantisierende Reize als die intensivierte Agrarwirtschaft. Gerade wer reisen will, möchte auch gut essen. Und da ist die deutsche Küche mittlerweile fast genauso exotisch wie die durchnummerierten asiatischen Speisekarten.
Den neuen Agrarminister fanden manche schwach in seinem Auftritt - die Fachjournalisten sahen sich aber angesichts seiner Eröffnungsrede angenehm überrascht. Und möglicherweise bietet Seehofer noch mehr Überraschungen auf. Der gerne als Querdenker titulierte Politiker rudert von seinen markigen Anfangsworten zurück. Das Gentechnikgesetz wird möglicherweise doch nicht aufgeschnürt. Und auch das Verbraucherinformationsgesetz wird möglicherweise die Nennung der schwarzen Schafe nicht nur im Gefährdungsfall zulassen.
Offensichtlich hat der als Gesundheitsminister erprobte Seehofer ein Gespür für Realitäten. Die Forderungen nach mehr Markt, diskreditiert nicht mehr den ökologischen Landbau, denn der ist zur Zeit der Markt schlechthin. Die Forderung schließt den Ökomarkt mit ein, wenn beispielsweise der Deutsche Bauernverband den Ökobetrieben auch nach Entlohnung der eingesetzten Arbeitskraft einen höheren Betriebsgewinn ausweist und in Brandenburg Bioferkel "mittlerweile steckbrieflich gesucht" werden. "Mehr Markt" heißt, der Bauer hat unternehmerische Gründe sich auch für den Ökolandbau zu entscheiden.
In seinem Wahlkreis ist eine der 84 gentechnikfreien Regionen, die auch von konventionellen Bauern mitgetragen wird. Hier gibt es keine Polarisierung mehr. Nur noch den Unterschied zwischen Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik. Da die Agrarkonzerne zwar die gentechnisch veränderten Produkte verkaufen wollen, aber nicht bereit sind, in einen Haftungsfonds einzuzahlen, setzen viele Bauern ihren geplanten Anbau nicht um, sondern ziehen die Genehmigungsanträge wieder zurück. So ein Verhalten macht skeptisch.
Es gibt in der Landwirtschaft noch den Spagat der Koexistenz. Brandenburg hat rund 1,3 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Fast zehn Prozent werden ökologisch bewirtschaftet und 150 Hektar sind für 2006 für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen beantragt.
Heute Mittag hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) das Ergebnis seiner "symbolischen Volksbefragung" während der Messe bekannt gegeben. Bei einer Befragung von 2.000 Besuchern ergab sich eine Mehrheit von 93 Prozent, die eine grüne Gentechnik ablehnten. Im letzten Jahr hatte die Schweiz zu einer Volksabstimmung aufgerufen, bei der 55,7 Prozent den Grundgesetzparagrafen "Die schweizerische Landwirtschaft bleibt für die Dauer von fünf Jahren nach Annahme dieser Verfassungsbestimmung gentechnikfrei" zustimmten.
Termine
Wer die Grüne Woche verpasst hat kann die nächsten elf Monate mit einem Landurlaub überbrücken. Unter der Adresse www.bauernhofurlaub.com gibt es 25.000 Höfe, die Feriengäste aufnehmen.
Die drei nächsten Landwirtschaftsschauen (Auswahl) mit regionalen Spezialitäten sind:
Die BraLa in Paaren/Glien vom 25. - 28. Mai
Die MeLa in Mühlengeez/Güstrow vom 14. - 17. September
Grüne Tage Erfurt vom 15. - 17. September
Berlins beliebteste "Brandenburger Landpartie" findet am 10. und 11. Juni statt
(Fast) alle Termine im Brandenburger Land, vom Knieperkohlmarkt in Perleberg über das Flößerfest in Finowfurt bis zum Holzschuhmacherweihnachtsmarkt in Friedrichswalde bietet "Ein Jahrbuch für das Land". Das ist kostenfrei zu beziehen über: Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz Brandenburg (MLUV), Referat Öffentlichkeitsarbeit, pressestelle@mluv.brandenburg.de
Roland Krieg
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