Gummifäule am Apfel
Landwirtschaft
Neuer pilzliche Lagerfäule beim Apfel
Pilzliche Lagerfäulen sind in milden und feuchten Klimaregionen schon immer ein Thema gewesen. Seit kurzem tritt ein neuer Pilz auf, dessen Schadbild als Gummifäule bezeichnet wird.
Äpfel werden heute in moderne Läger bis zur nächsten Saison gelagert, damit Verbraucher rund um das Jahr frische Äpfel kaufen können. Die Lagerung findet unter kontrolloierter Atmosphäre („Controlled Atmosphere“ – CA) oder unter verringerten Sauerstoffbedingungen („Ultra Low Oxygen“ – ULO) statt. Durch die veränderten Bedingungen werden die Stoffwechselvorgänge im Apfel so stark verringert, dass er lange haltbar ist.
Doch im Februar traten bei der Auslagerung aus CA/ULO – Läger Fäulnisbildungen auf. Die Schale ist blass und das Fruchtfleisch fest. Ein Apfel springt bei einer Fallhöhe bis zu 150 Zentimeter zwei- bis dreimal auf, ohne zu platzen. Die Engländer haben der Krankheit den Namen „Rubbery rot“ verliehen, die nun in Fachkreisen als „Gummifäule“ übersetzt wird. Im normalen Lager bilden sich dann die Pilzkörper aus und überziehen den Apfel in den nächsten vier Wochen mit einem silbernen Pilzbelag.
Seinen wissenschaftlichen Namen hat der Pilz nach seinem Entdeckungsort im US-Bundesstaat Washington erhalten: Phacidiopycnis washingtonensis. Vor rund zehn Jahren wurde er als Ursache für die neue Lagerfäule in den USA identifiziert. Der Pilz ist mittlerweile an dem Bestäuberbaum1) „Golden Hornet“ im Niederelbe-Raum weit verbreitet. Der Pilz kann in den am Baum verbleibenden Fruchtmumien überwintern und bis zum Herbst des Folgejahres seine Sporen verbreiten. Aber auch Tafeläpfel wie Elstar halten ihre befallenen Fruchtmumien über den Winter am Baum und können die Verbreitung des Pilzes befördern.
Die ersten Nachweise des Pilzes in Europa wurden 2008 im Alten Land in Niedersachsen, dann jeweils ein Jahr später in Italien und Dänemark beschrieben. Unveröffentlichte Meldungen über P. washingtionensis stammen aus dem Jahr 2011 aus Bayern, vom Bodensee, rund um Hannover und im Landkreis Hadeln. Die Obstbauer vom Obstbauzentrum Jork schätzen, dass die Gummifäule weiter verbreitet ist und bislang oftmals falsch identifiziert wurde. Die Experten sind aufmerksam. Die Befallsschäden in Niedersachsen beziffern sich derzeit auf rund einem Prozent, doch in den USA schwankt die Befallsintensität nach oben bis zu 24 Prozent der ausgelagerten Früchte.
Dr. Roland Weber von der Obstbauversuchsanstalt Jork hat auf den diesjährigen Norddeutschen Obstbautagen auch schon die ersten Bekämpfungsmethoden vorgestellt. Eine Reduzierung des Befalls wird durch das Absammeln der Fruchtmumien erreicht, doch sollten sich die Obstbauern auch nach anderen Befruchtungsbäumen umschauen. In Dänemark wurde eine Heißwasserbehandlung erfolgreich durchgeführt. Ein dreiminütiges Eintauchen in Wasser mit mehr als 50 Grad Celsius habe einen Wirkungsgrad von 75 bis 80 Prozent erreicht. Über Fungizide gegen die Gummifäule gibt es noch keine Aussagen.
Lesestoff:
www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/gartenbau/nav/115/article/19021.html
1) Äpfel sind wie Birnen oder Kirschen keine Selbstbefruchter und daher auf Wind und Insekten angewiesen. Höhere Erträge können erzielt werden, wenn so genannte Bestäuberbäume oder Befruchterbäume in Plantagennähe gepflanzt oder in die Plantage eingerastert werden.
Roland Krieg