Gurkenkrümmung oder Vereinigte Staaten von Europa?

Landwirtschaft

Brauchen wir eine klare Identität für Europa?

Mehr Macht für Europa? Und wenn ja, in welchen Bereichen und wie vermeiden wir noch mehr Bürokratie? Diese Fragen prägten das politische Forum der diesjährigen Altfredeburger Studienwoche am 25. Februar 2012 in der Andreas Hermes Akademie in Bonn. Einführend stellte dazu Gastdozent, Dr. Andreas Marchetti vom Zentrum für Europäische Integrationsforschung der Uni Bonn die EU als Erfolgsmodell dar. Die Sicherung von Freiheit, Sicherheit, Wohlstand und Frieden sei auch unter den heutigen Vorzeichen der Wohlstandgesellschaften, der offenen Binnengrenzen und der Globalisierung der Märkte von zentraler Bedeutung. Dr. Marchetti sieht die Kraft der EU stärker als die Summe der einzelnen Mächte. Entsprechend beantwortete er die Frage „Mehr Macht für die EU?“ mit einem „Ja“. Deutlich hob er hervor, dass dies nicht automatisch mit einem Weniger an Macht für die beteiligten Staaten einhergehen müsse. Sondern es gehe darum, Souveränität zusammen zu legen statt abzugeben und „gemeinsam stark“ zu sein.

Die anschließende Diskussion spannte einen Bogen von der Bürokratisierung am Beispiel der EU-Verordnung zur Gurkenkrümmung, über die Entfremdung durch „Brüsselialisierung“, bis hin zu den Visionen und den Werten des gemeinsamen Europas. Werte wie Nahrungsmittelsicherheit, so ein Teilnehmer, aber auch Demokratische Freiheit und Frieden seien den Europäern heute nicht mehr bewusst, weil oftmals eine Selbstverständlichkeit. Hier fehle in Europa die Vision und die Visionäre. Beide seien aber dringend erforderlich, um nicht nur die Zügel in die richtige Richtung zu lenken, sondern die Ziele auch klar zu transportieren, waren sich die Diskussionsgäste auf dem Podium, Dr. Marchetti, Anna-Maria Schückler, Teilnehmerin des TOP Kurses 2012, Willi Kampmann, Leiter des DBV-Büros in Brüssel und Michael Schwab, Vorsitzender der Europäischen Landjugend, einig. Michael Schwab stellte mit seinen Erläuterungen und Erfahrungsberichten sehr beeindruckend dar: Die Menschen in Europa haben ganz unterschiedliche Sorgen und Herausforderungen und damit auch unterschiedliche Erwartungen an die EU. Die Europäische Landjugend habe sich deshalb auf die Fahnen geschrieben, europäische Kontakte auszubauen, Verständnis zu schaffen, Menschen europaweit zusammen zu bringen. Willi Kampmann, DBV, unterstrich als überzeugter EU-Befürworter die Chancen eines solchen Zusammenwachsens. Sein größter Kritikpunkt: Europa habe derzeit innerhalb der Mitgliedsstaaten noch keine Lobby. Aber mit Blick auch auf die Landwirtschaft sei er der festen Überzeugung, dass die EU-Politik verlässlicher als jede regionale Politik sei. Um diesem Zusammenwachsen weiterhin Vorschub zu geben, so Anna-Maria Schmückler, sehe sie vor allem die menschliche Seite. Alle Aktivitäten, um den Austausch und damit die Kontakte zu fördern, trügen zu Verständnis und Toleranz bei. Denn „im Mittelpunkt – auch der EU – steht der Mensch.“

Die Diskussion zur Frage „Mehr Macht für Europa?“ fand im Rahmen der jährlich stattfindenden Studienwoche der „Altfredeburger“ – vom 23. bis 26.02.2012 – in der Andreas Hermes Akademie in Bonn statt. Die „Altfredeburger“ sind aktuelle wie auch ehemalige Teilnehmer von Studien- bzw. TOP Kursen zur Ehrenamtsqualifizierung. Im Rahmen der Studienwoche werden alljährlich aktuelle agrar- und gesellschaftspolitische Themen erörtert.

Marietheres Förster, Andreas Hermes Akademie / roRo

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