GVO-Moratorium vor dem Petitionsausschuss

Landwirtschaft

Gentechnikdebatte gestern und heute

Am Montag stand im Petitionsausschuss des Bundestages eine der erfolgreichsten Online-Petitionen auf der Tagesordnung. Mehr als 100.000 Menschen haben die Petition des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) für einen Zulassungsstopp von gentechnischen Pflanzen unterzeichnet.
Vorstandsvorsitzender Dr. Felix Prinz zu Löwenstein
erläuterte noch einmal die Gründe, warum die grüne Gentechnik so besonders zu bewerten sei. Sie sei keine Fortführung der konventionellen Züchtung mit modernen Methoden und berge zusätzliche Risiken. Es geht vor allem um lebende und veränderte Pflanzen in einem offenen Natursystem, aus dem unerwünschte Produkte nicht mehr zurückzuholen seien.
Die grüne Gentechnik treffe außerdem Bauern und Verbraucher, die mit der Technologie nichts zu tun haben wollen.
Daher sei das Zulassungsverfahren, in dem sich aktuell 28 Pflanzen befinden, zu überdenken.
Löwenstein betonte, dass das Moratorium nicht gegen die Grundlagenforschung oder Methoden wie das Smart Breeding gerichtet sei.
Der Petitionsausschuss hat es am Montag bei der Anhörung belassen und wird seine Entscheidung später fällen.

Gentechnikdiskussion gestern und heute

Die Tatsache der Freilandversuche „lässt es nicht länger zu, dass sich der bisher dialogbereite Widerstand in so genannten Gentechnik-Diskursen, auf diesbezüglichen Konferenzen und Technikfolgeabschätzungen einfangen lässt. Diese Veranstaltungen dienten in den vergangenen Jahren vorwiegend nur einem Zweck: der Akzeptanzerhöhung unter der skeptischen Bevölkerung.“
„Wir – das ist die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland.“
„Aber werden wir, die Mehrheit, nicht mehr und mehr von angeblichen Sachzwängen, die Gentechnik unausweichlich machen, unterwandert?“
„Die Gentechnik ist eine Schlüsseltechnologie im Rahmen der Biotechnologie zur Industrialisierung wichtiger Lebensbereiche“.
Zitate, die von einer aktuellen Gegendemonstration oder aus dem Petitionsausschuss stammen? Nein, es sind Zitate aus der Rede von Sigmar Groeneveld, einem Aktivisten der ersten Stunde. Er hielt sie am 17. Juni 1997 zum Auftakt einer 7-tägigen Fahrrad-Rallye gegen Gentechnik von Hannover nach Berlin. Damals gab es 60 Freisetzungsversuche.
Doch hat sich 24 Jahre später etwas geändert? Nur im Detail, wie die Ausschusssitzung zeigte:
Löwenstein will die Fütterungsstudie der Technischen Universität mit dem Hinweis widerlegen, dass kranke Tiere während des Versuches ausgetauscht wurden. Agrarpolitikerin Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) verweist auf die „Remontierung“ der Herde, was bäuerlichem Alltag entspricht.
Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium
, plädiert für eine Komplettkennzeichnung aller Lebensmittel, bei denen auch verwendete Enzyme, die von gentechnisch veränderten Bakterien hergestellt werden, ein entsprechendes Siegel tragen müssen. Löwenstein sieht darin nur ein Hilfsargument. Würde das umgesetzt werden, sei das Thema Gentechnik durch.
Bleser beantwortet Happach-Kasans Frage nach bekannten Schäden auf Mensch und Umwelt durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen mit einem „Nein“. Löwenstein weist aber auf das Zulassungsverbot von Ministerin Ilse Aigner hin, dass sich auf die Sterberaten des Zweipunkt-Marienkäfers bezieht.
Deutschland wird nach Bleser die Renationalisierung der GVO-Zulassung nicht unterstützen. Das würde nicht nur für diese Technik das „Aus“ bedeuten, sondern den gemeinsamen Binnenmarkt auch mit zwei unterschiedlichen Regeln für ein Produkt belasten. Löwenstein weist darauf hin, dass die steigende Nachfrage nach GVO-freien Futtermitteln neue Märkte erschlossen werden könnten.

Wie geht es weiter?

Der Petitionsausschuss hat seine Entscheidung vertagt. Hingegen hat die Bundesregierung einen SPD-Antrag für die Aufnahme von Verbraucherinteressen in das Gentechnikgesetz und für neue Zulassungskriterien erst am 21. September abgelehnt.

Wie die Diskussion mit der grünen Gentechnik weiter geht, ist nicht mehr die Frage nach dem besseren Argument. Das Für und Wider wird durch politische Mehrheiten entschieden. Die SPD scheiterte an der Regierungsmehrheit. Wer punktet bei 100.000 Bürgerunterschriften?

Lesestoff:

Überprüfung der Zulassung (Teil III)

Argentinische Studie zu Glyphosat (Teil I)

Aigner entzieht MON810 die Zulassung

Fütterungsstudie TUM

Forschungsallianz Gentechnik

Roland Krieg

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