GVO-Soja dominiert die Futtertröge

Landwirtschaft

Gentechnik für Verbraucher ordentlich kennzeichnen

Eine Studie des WWF hat am Dienstag in Berlin gezeigt, dass konventionelles Schweine- und Hühnerfleisch kaum noch ohne gentechnisch verändertes Futter produziert wird. WWF-Schätzungen zufolge sind demnach über 80 Prozent aller Soja-Importe für den deutschen Markt aus gentechnisch veränderten Bohnen hergestellt. „Gentechnik landet mit Fleisch, Eiern und Käse auf unseren Tellern, ohne das wir es wissen. Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, müssen bisher nicht gekennzeichnet werden“, kommentierte WWF-Referentin Dr. Birgit Wilhelm die Ergebnisse. Der WWF fordert eine entsprechende Kennzeichnungspflicht auf alle tierischen Produkte – von Fleisch und Wurst bis hin zu Eiernudeln.

„Verdeckter Gentechnik-Einsatz“

Als „Weckruf“ hat Harald Ebner, Sprecher für Agrogentechnik bei Bündnis 90/Die Grünen, die Studie bezeichnet. Nur eine erweiterte Kennzeichnungspflicht verhindere diesen „Gentechnik-Einsatz durch die Hintertür“. Die Konsumenten haben ein Recht darauf, zu erfahren, was sich hinter Milch, Fleisch und Eier verberge.

Genug Soja auf dem Markt

Nach Angaben des WWF gibt es auch genug GVO-freies Soja auf dem Weltmarkt, das für die Bedürfnisse des deutschen Marktes ausreiche. Durch einen Nachfrageanreiz wären die typischen Sojaanbauländer wie Brasilien bereit, noch mehr Soja ohne Gentechnik anzubauen.
Mehr Soja in Deutschland anzubauen, sei nicht der Königsweg. Es gibt zwar viele Einzelprojekte, die den Schmetterlingsblütler an das nordischen Klima adaptieren, aber Ackerbohnen und Futtererbsen seine die natürlichere Futterquelle für die heimische Tierproduktion. Dazu gehören auch die Rückkehr der Milchproduktion auf natürliche Weidehaltung und die generelle Überlegung, ob der übermäßige Fleischkonsum aufrecht erhalten werden müsse.

Sind nur Bio-Label sicher?

Neben den Bio-Labeln hat das Bundeslandwirtschaftsministerium 2009 das Logo „Ohne Gentechnik“ herausgebracht. Ebner kritisiert, dass das Logo zu wenig bekannt gemacht werde und nur im ersten Jahr lediglich ein Etat in Höhe von 90.000 Euro zur Verfügung stand. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner müsse mehr in das Siegel investieren.
Nicht nur materiell. Derzeit wird ein Webfehler in der Kommunikation des Logos überarbeitet. Führen darf es ein Betrieb, der auch in bestimmten Zeiträumen vor der Nutzung seine Tiere mit gentechnisch verändertem Futter versorge und Futtermittelzusatzstoffe verwendet, die mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden. Die Definition lässt offen, was es mit den „Fristen der Fütterung“ auf sich hat. Sind sie als „Umstellungsphase“ für den gesamten Betrieb gemeint oder reicht es aus, vier Wochen vor Schlachtung jedes Tier auf Bio-Futter umzustellen?
Wegen dieser Defizite in der Kriterienbeschreibung spricht der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde dem Siegel die Glaubwürdigkeit ab. Vorsichtig äußerte sich auch WWF-Sprecher Roland Gramling gegenüber Herd-und-Hof.de. Die Bio-Logos halten das Versprechen „ohne Gentechnik“ „zu Hundert Prozent ein“.
Seit März findet eine Feinabstimmung beim Träger des Logos statt. Das ist der „Verband Lebensmittel ohne Gentechnik“ (VLOG). Sven Euer vom VLOG-Vorstand gab zu, dass gerade diese Textpassage dem Siegel berechtigte Kritik von außen einbringt, obwohl die Beteiligten unter der Wartezeit eine ganze Betriebsumstellung verstehen. Sonst würden Große des Lebensmittelhandels wie Rewe und Edeka sich an dem Siegel auch nicht beteiligen, erklärte Euer am Telefon. Die einzelnen Fachabteilungen sind mit dem Feintuning auch bereits fertig und im Schweinebereich werden die Kriterien so definiert, dass schon auf dem Betrieb des Sauenhalters keine Futtermittel mit Gentechnik mehr eingesetzt werden darf. Dann zieht sich die gentechnikfreie Fütterung bis zum Mastbetrieb durch.
Wünschenswert wäre es, das Siegel so aufzuwerten, dass jeder Verband zu seinem eigenen Logo auch das Sigel „Ohne Gentechnik“ tragen muss, wie es im Biobereich mit dem EU-Ökosiegel in diesem Sommer verpflichtend wurde. So muss ein Handelslogo von Bioland oder Naturland auch das EU-Biosiegel tragen.
Das macht durchaus Sinn, denn am Montag vermeldete VLOG, dass die Ernährungsindustrie in der Türkei auf den Einsatz von Gentechnik verzichten möchte. Trügen türkische Exportprodukte das deutsche Siegel, dann erhöht das die Transparenz beim Verbraucher auch im grenzüberschreitenden Bereich außerhalb der EU.
Keinen Handlungsbedarf sieht Sven euer bei den Futterzusatzstoffen. Der qualitative Unterschied bestehe darin, dass die Mikroorganismen nicht wie gentechnisch veränderte Futterpflanzen frei gesetzt werden. Zudem sei ihr Produkt, beispielsweise ein Enzym, genetisch mit dem natürlichen Stoff identisch.

Lesestoff:

www.wwf.de

www.ohnegentechnik.org

Roland Krieg

Zurück