Habeck knickt beim Knickschutz ein

Landwirtschaft

Habeck formuliert Kompromiss im Knickschutz-Streit

Eine Fahrt durch Schleswig-Holstein führt unweigerlich an den zahlreichen Knicks vorbei. Die Hecken und Büsche wurden exzessiv seit Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt und dienen vor allem der Abgrenzung von Weidekoppeln und Privatbesitz. Rund 68.000 Kilometer lang ist das Netz aus Knicks, die höchst unterschiedlich angelegt sind. Sie sind eine wahre Fundgrube für Artenschützer. Viele Knicks sind Jahrhunderte alt und gut gepflegt, manche verwildert. Für Besucher sind die Hecken und Strauchreihen eine bildgebende Kulisse der Kulturlandschaft Schleswig-Holsteins.

Der strenge Knickschutz wurde 1973 in das Landesnaturschutzgesetz aufgenommen und 2005 im Zuge der Entbürokratisierung in seiner Strenge deutlich abgemildert. Es gab eine freiwillige Bewirtschaftungssauflage für Knicks ab 2007, bis über die Biotopverordnung 2009 der strenge Knickschutz wieder eingeführt wurde. Dadurch war ein vertikales Aufputzen der Hecke und ein fachgerechtes „Auf den Stock setzen“ alle zehn bis 15 Jahre erlaubt. Seit Februar 2013 gibt es wieder strengere Regeln, bei denen neben einer Beseitigung des Biotops auch alle Maßnahmen verboten sind die zu einer erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung des Knicks führen.

Am Ende wussten die Landwirte nicht mehr, was genau erlaubt ist und was nicht. So darf der Aufwuchs des Saumstreifens zwar genutzt werden, aber eine Neueinsaat darf nicht erfolgen. Ein Schlegelmulcher darf eingesetzt werden, gilt aber als Beeinträchtigung, wenn der Abstand zu gering ist und der Bewuchs geschädigt wird. Mehr als 50 Fragen hat der Landesbauernverband dem Landwirtschaftsministerium gestellt, um Klarheit über den Knickschutz zu erhalten. Das reichte nicht, denn drei Landwirte haben vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig eine Klage angestrebt, um Auflagen zu erleichtern. Die Knicks sind schließlich alle in Privatbesitz. Und: Die bisherige Verordnungen haben für die Erhaltung der Knicks ausgereicht.

Änderungen beim Knickschutz in Planung

Ausdrücklich mit Verweis auf das noch ausstehende Gerichtsverfahren will Landwirtschaftsminister Robert Habeck die Knickschutz-Vorschriften ändern. Am Mittwoch hat er die Eckpunkte für eine neue Regelung vorgestellt. Die geplanten Änderungen im Einzelnen:

Schutzstreifen

2013 hatte das Ministerium einen Saumstreifen von 50 Zentimetern entlang der Knicks eingeführt. Dieser heißt künftig „Schutzstreifen“ und wird auf Knicks am Acker reduziert und nur noch über das Naturschutzrecht umgesetzt. Das ermöglicht zum einen Grünland-Landwirten, den Streifen ohne Einschränkung zu nutzen (Beweidung, Mahd), wie es auch in der Arbeitsgruppe und im ergänzenden Erlass vorgesehen war. Zum anderen sorgt es dafür, dass Landwirte sich den „Schutzstreifen“ zwischen Knick und Ackerland als ökologische Vorrangfläche anerkennen lassen und so ihre Greening-Verpflichtungen für die landwirtschaftlichen Prämienzahlungen erfüllen können. Dazu muss der Landwirt zum Schutzstreifen 50 Zentimeter hinzugeben, so dass ein ein Meter breiter ökologischer Greening-Streifen entsteht. Davon profitiert nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Natur.

Hintergrund dafür sind hier die geänderten Rahmenbedingungen der EU für das Prämienrecht (Direktzahlungen, Greening etc.) Landwirte sind nun verpflichtet, 5 Prozent ihrer Flächen als ökologische Vorrangflächen zum Schutz der Natur nicht zu bewirtschaften, wenn sie für ihre ganzen landwirtschaftlichen Flächen Prämien erhalten wollen. Nach der noch bestehenden Knick-Regelung gab es aber hier bei der Umsetzung der Agrarreform 2015 Probleme bei der Abgrenzung, dem Vollzug, der Kontrolle und der Nutzung des Grünlandstreifens. Daher mussten hier rechtssystematische Änderungen vorgenommen werden.

Seitlicher Rückschnitt

Die weitere Änderung betrifft den seitlichen Rückschnitt der Gehölze auf dem Knick. Knicks können zukünftig alle drei Jahre bis zu einem Abstand von einem Meter vom Knickfuß senkrecht bis zu einer Höhe von vier Metern seitlich zurückgeschnitten werden. Damit entfällt der bisher empfohlene Schrägschnitt. Zudem dürfen Knicks bislang laut derzeitiger Verordnung nur alle sechs Jahre zurückgeschnitten werden. In der gemeinsamen Arbeitsgruppe hatten sich Naturschutz und Landwirtschaft aber darauf geeinigt, dass ein seitlicher Rückschnitt bei starkem Knickwachstum auch früher als sechs Jahre nach dem auf den Stock setzen des Knicks möglich ist.

Kompromissangebot

Diese Regelungen sollen mehr Klarheit bringen, was die Landwirte mit ihren Knicks machen dürfen: „Es ist ein zumutbarer Kompromiss gefunden zwischen den Interessen der Landwirte, das Hineinwachsen der Gehölze in die genutzten Flächen zu begrenzen und den Interessen des Naturschutzes, das Zurückschneiden der Knicks zu bloßen Formhecken zu verhindern“, sagte Habeck.

Roland Krieg

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