Habemus rectoram principiam agriculturae

Landwirtschaft

Ilse Aigner bleibt Agrarministerin

Bei den Bauern nicht unumstritten, aber letztlich in der Koalition früh gesetzt, steht Ilse Aigner dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz weiterhin vor. Die Landwirtschaft war nicht in den großen Schlagzeilen über die Koalitionsverhandlungen geraten und wird im Wesentlichen auch unverändert weiter geführt. Der Einfluss der FDP ist aber spürbar, wie ein Zitat von Michael Goldmann, agrarpolitischer Sprecher der FDP, zeigt: „Eine staatliche Milchmengensteuerung durch nationale Sonderwege ist vom Tisch.“ Die Liberalen forcieren den marktwirtschaftlichen Weg in der Agrarpolitik.
Im Koalitionsvertrag „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt“, der heute abend unterzeichnet werden soll, bekennt sich die Bundesregierung eindeutig zum beschlossenen Ausstieg aus der Milchquote. Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes sieht darin verlässliche und den Wettbewerb stärkende Rahmenbedingungen. In den beiden nächsten Jahren soll ein Sofortprogramm in Höhe von 750 Millionen Euro für die Landwirtschaft aufgelegt werden, wobei alleine die Grünland-Hilfe 500 Millionen Euro beansprucht.

Energiepolitik befriedigend
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) bewertet die Energiepolitik im Vertrag als „befriedigend“. Positiv aus Sicht der Branche sei die Anerkennung und Betonung der erneuerbaren Energien sowie der Ausbau der Technologieführerschaft. BEE-Präsident Dietmar Schütz kommentierte am Sonntag: „Diese Aussagen sind wegweisend und wichtig. Denn eine klimaschonende, sichere und bezahlbare Energieversorgung können auf Dauer nur die Erneuerbaren leisten.“ Gut sei auch das „klare Bekenntnis“ zum Erneuerbare-Energien-Gesetz. Es wurden keine vorschnellen Änderungen, die im Vorfeld geäußert wurden eingearbeitet. „Enttäuschend“ hingegen sei das Ergebnis zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, so der BEE. Zwar werde am Marktanreizprogramm festgehalten, doch fehlten neue Impulse, um das große Effizienzpotenzial zu erschließen.
Der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) begrüßt die vorgesehene Markteinführung von Benzin mit 10 Prozent Bioethanol (E 10). Damit würde das CO2-Einsparungspotenzial von Bioethanol besser ausgeschöpft und die Eu-Klimaschutzziele für den Straßeverkehr effizienter verwirklicht, kommentiert BDBe-Geschäftsführer Dietrich Klein.

BÖLW kritisiert „Product Placement“
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) begrüßt die weitere Amtszeit von Ilse Aigner. „Das bedeute personelle Kontinuität mit einer Ministerin, die einer ökologischen Entwicklung der Landwirtschaft gegenüber aufgeschlossen ist“, kommentiert der Vorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein den Koalitionsvertrag.
Allerdings widmet sich der Vertrag gerade einmal in drei Zeilen dem Ökolandbau: „Wir stehen für ein gleichberechtigtes Nebeneinander unterschiedlicher Wirtschaftsmethoden von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Wir wollen den ökologischen Landbau insbesondere im Bereich Forschung fördern.“
Als „Product Placement“ bezeichnet Löwenstein die Erwähnung der gentechnisch veränderten Kartoffel „Amflora“ im Koalitionsvertrag. Das sei skandalös. Im Koalitionsvertrag steht, dass der Anbau von Amflora für die industrielle Verwendung unterstützt werde.
„Product Placement“ wäre auch die Erwähnung von MON 810, bei dem die Koalition den Ausgang des Gerichtsverfahren über das Zulassungsverbot abwarten möchte.

Gentechnik bleibt strittig
Im Vertrag heißt es: „Wir schaffen die rechtlichen Voraussetzungen, damit die Bundesländer innerhalb eines bundeseinheitlichen Rahmens von Kriterien flexibel eigenständig Abstände festlegen können, die zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen und solchen mit konventionellem oder ökologischen Anbau einzuhalten sind.“ Theoretisch könnte Bayern sich dann zu einer gentechnisch freien Zone erklären, während Brandenburg wieder die größte Fläche mit gentechnisch veränderten Pflanzen bearbeitet.
Für den BÖLW „völlig unverständlich“: „Bei aller Sympathie für die Entscheidungsfreiheit von Regionen: brandenburgischer Maispollen fliegt ebenso weit wie bayerischer“, so Löwenstein.

Weiteres
Zur Vermeidung weiterer Gammelfleischskandale werden Schlachtabfälle der Kategorie 3 zur deutlichen Kennzeichnung eingefärbt.
Vorgaben der EU werden nur noch „1:1“ umgesetzt.
Beim Agrardiesel will die Koalition europaweit einen einheitlichen Steuersatz durchsetzen.
Im Bereich der gesunden Ernährung sollen die Bildungsangebote für Familien ausgebaut werden. Das Thema Ernährungsbildung soll in Kindergärten und Schulen verankert werden.
Im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung ist die Ampel vom Tisch: „Ein farblich unterlegtes Ampelsystem zur Nährwertkennzeichnung führt die Verbraucher in die Irre“, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Koalition spricht sich eindeutig für das „1+4-Modell“ aus und will das europaweit durchsetzen.

VLE; Foto: roRo

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