Habemus Reginam Asparagus

Landwirtschaft

Spargelsaison in Brandenburg gestartet

>"Die Königin kommt", rief Jörg Buschmann auf seinem Hof in Klaistow. Vier Vasallen trugen eine Sänfte herbei, der die grazile Nicole Szust im prächtigen Gewand entstieg. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck herzte die Spargelkönigin als Erster und verkündete: "Wenn der Spargel halb so gut ist, wie die Königin schön, haben wir eine tolle Saison. Beelitzer Spargel ist das wichtigste Aushängeschild Brandenburgs geworden." Nicole Szust, Beelitzerin und vom Spargelverein in diesem Jahr zur Repräsentantin des königlichen Gemüses gekürt eröffnete gestern Mittag auf dem Spargelhof Klaistow von Buschmann und Winkelmann offiziell die Spargelsaison. Heute gibt es den Saisonstart in Berlin mit einem Umzug des Beelitzer Spargelvereins. Ab 10:30 vom Schlossplatz über das Rote Rathaus, wo dem Regierenden Bürgermeister Wowereit frischer Spargel überreicht wird. Dann geht es mit dem Umzug Unter den Linden weiter. Auf dem mittlerweile zum Erlebnisbauernhof mutierten Spargel- und Kürbishof Klaistow findet am 23. und 24 April das erste Spargelfest statt: Abfahrt Glindow auf der A10 westlich des Dreieck Potsdam, links Richtung Klaistow nach einem Kilometer rechts. Die Vermarktungsprofis halten den Hof für Besucher täglich zwischen 07:00 und 20:00 Uhr offen.

Gute Ernte erwartet
Der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Manfred Schmidt, passend mit Spargelkrawatte erschienen, ist optimistisch. 80 Prozent der rund 940 ha Spargelfläche ist unter Folie. Die Folie wärmt den Boden gleichmäßig auf und hält die Wärme bei den kalten Nachttemperaturen ohne Überhitzung. "Es ist ideales Folienwetter. Der Spargel wird am Tag flächig ausgetrieben", so Schmidt. Alle rechnen mit einer neuen Rekordernte. Der jetzt geerntete erste Spargel ist der würzigste. Verbraucher dürften mit einem Preisniveau ab 7 Euro/kg rechnen. In Berlin wird es handelsbedingt bei 9 Euro liegen.
Der Spargelverein wurde 1991 gegründet und hat der Mark ein regelrechtes Spargelwunder beschert. Das Gemüse gilt als Türöffner für alle anderen landwirtschaftlichen Saisonprodukte aus Brandenburg. Die leichten, sandigen Böden mit unterschiedlichen Lehmanteilen geben dem Spargel optimale Wachstumsbedingungen. Die kurzen Wege nach Berlin garantieren Frische und Geschmack.
Letztes Jahr wurden rund 9.500 Tonnen Spargel in Brandenburg geerntet. 1.000 t mehr als 2003. Ursachen sind die weitere Flächenzunahme um 105 ha und der hohe Hektarertrag. Dieser lag 2004 mit 44,2 dt je ha um 2,4 dt über dem Vorjahresertrag. Asparagus officinalis (Spargel) nahm 2004 mit 2.143 ha rund ein Drittel der Gesamtfläche für Freilandgemüse in Brandenburg ein. Beelitz ist mit 940 ha die größte zusammenhängende Anbaufläche in Deutschland. In Brandenburg aber nicht die einzige.
Im letzten Jahr wurden in Deutschland insgesamt fast 65.000 Tonnen Spargel geerntet. Pro Kopf verzehren die Deutschen 1,2 kg. Am 24. Juni, dem so genannten Spargelsylvester, ist die Saison vorbei und die Verbraucher stellen den Konsum fast schlagartig ein. Importspargel ist nur wenig gefragt.

Spezialisierte Spargelstecher
Der Spargelhof Klaistow beschäftigt ganzjährig 80 Arbeitskräfte. Jährlich kommen 1.000 Saisonarbeitskräfte hinzu. Das sind für den Verkauf 400 Deutsche und 600 Spargelstecher aus Polen für die Ernte.
Jürgen Frankenthal leitet die Spargelernte und erläutert Herd-und-Hof.de warum so viel Erfahrung für die Ernte notwendig ist. Alle 33 cm befindet sich auf insgesamt 5.500 Meter Länge eine Pflanze im Spargeldamm. 10 - 15 Stangen kann sie jährlich bilden und soll mindestens 10 Jahre lang genutzt werden. Damit die Spargelstangen, die an warmen Tagen pro Stunde etwa 1 cm wachsen, weiß bleiben, befindet sich die Pflanze in einem 30 cm hohen Erdwall. Sonnenlicht verfärbt den Spargel innerhalb kurzer Zeit violett. Kurz bevor der Trieb den Wall senkrecht nach oben durchbricht zeigen sich feine Risse im Sand. Die Folie muss daher entlang des Walls immer hochgehoben werden, um den Spargel "durch die Erde wachsen zu sehen". Mit den Fingern wird dann etwa das obere Drittel des Triebes freigelegt, parallel zu ihm das Stechmesser in die Erde geführt und der Spargel etwa 25 bis 28 cm tief in der Erde abgeschnitten. Fünf Zentimeter tiefer liegt der Vegetationskegel der Pflanze, der unverletzt bleiben muss - sonst gibt es keine weiteren Spargelstangen mehr.
Erst beim Freilegen des Triebes erkennt der Spargelstecher, ob neben oder hinter dem Trieb bereits ein weiterer ganz dicht anliegt und nach oben dem Licht entgegenstrebt. Der muss ebenfalls unverletzt bleiben und wird dann am nächsten Tag geerntet. Da die Schnittstellen praktisch in der Erde verborgen sind ist die Gefahr eines falschen Schnittes groß, sagt Jürgen Frankenthal. Nach Entnahme des Triebes wird mit einer Art Maurerkelle der Damm wieder zugemacht und glatt gezogen. Alle Dämme werden zwei mal am Tag abgelaufen und Spargel gestochen. Morgens um 06:00 Uhr geht es los.
Frankenthal hält den Trieb in die Höhe: "Geschlossener Kopf, Stangendurchmesser 16 bis 26 mm: Das ist erste Qualität." In der Sortierstation werden die Stangen dann auf die von der EU vorgegebenen 23 cm Länge geschnitten. Wer den Trieb im Wall zu kurz abgeschnitten hat, der produziert Bruchware.

Spargel-Quiche
Durchaus zu Recht bemängelte kürzlich der Berliner Tagesspiegel, dass die Spargelsaison auch immer wieder die gleichen Rezepte hervorbringt: Mit Schinken, mit Kartoffeln und vor allem mit Hollandaise. Damit Sie in dieser Saison einmal etwas anderes zubereiten können, hat sich die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen ein besonderes Rezept einfallen lassen:
Spargel-Quiche für vier Personen (braucht etwas Zeit)
800 g weißen Spargel waschen und schälen;
1/2 Liter Wasser mit einem Tl Salz, 1 Tl Zucker und 10 g Butter zum Kochen bringen;
Spargelstangen hineingeben und 15 Minuten garen;
Für den Teig:
250 g Mehl, 1 Ei, 1/2 Tl Salz und 125 g Butter oder Margarine zu einem Mürbeteig verrühren. Den Boden und Rand einer Springform damit auslegen.
200 g Lachsschinken in kleine Würfel schneiden und auf den Teigboden streuen. Den abgetropften Spargel auf den Teig verteilen.
2 Eier mit 150 g Créme frâiche und 1 Prise Salz verquirlen, die Eiercreme über den Spargel gießen.
Die Quiche im Backofen bei 200 Grad (Umluft 170 Grad) auf mittlerer Schiene 30 Minuten backen.

Guten Appetit wünscht Roland Krieg

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