Handlungsempfehlungen gegen Landraub
Landwirtschaft
Leitlinien für Landnutzung umsetzen
Landstreitigkeiten hat es auch schon vor dem medial geprägten Land Grabbing gegeben. Peter Prove, Vorstand der ökumenischen Rechtsanwälte, erinnerte am zweiten Tag der Berliner Koferenz „Politik gegen Hunger“ daran. Landstreitigkeiten sind endemisch und wahrscheinlich ein Teil der Menschheitsgeschichte. Landnutzung hat heute die unbestrittene Rolle erhalten Ernährung und Armut zu sichern.
Vor diesem Hintergrund wurden Handlungsempfehlungen für die praktische Umsetzung der FAO-Leitlinien erarbeitet. Die wichtigsten:
Landbesitz ist mit Machtverhältnissen verbunden. Eine Umsetzung kann daher nicht nur auf technischer Basis erfolgen. Die Regierungen müssen die Zivilgesellschaft anerkennen. Das setze einen demokratischen Parlamentarismus voraus. Zur Vermeidung von Asymmetrien müssen Daten ausgetauscht werden und der Umsetzungsprozess ist langwierig. Die Staaten sollen die Leitlinien für ihre Entwicklungsarbeit und die tägliche Praxis nutzen und dabei das Gewohnheitsrecht der Landnutzung stärken. Ein Beschwerdemechanismus muss eingerichtet werden, wie ein Monitoring für die Fortschritte. Die Staaten sollen auf Investitionen für den ländlichen Raum zurückgreifen, aber mehr für die Kleinbauern einsetzen. Der Staat ist mit öffentlichen Geldern für öffentliche Leistungen zuständig. Eine Rechnungsoffenlegung ist Basis für das Monitoring. Der Welternährungsausschuss spielt bei den Leitlinien zwar eine Rolle, ist aber keine Umsetzungsorganisation. Er soll aber Fortschritte bewerten. Zentral ist eine Multistakeholder-Plattform, bei der alle Akteure vor Ort eingebunden sind. Als Indikatoren für eine Bewertung können Menschenrechte und Geschlechtergleichheit dienen.
Thomas Haußmann arbeitet für die Bundesregierung bei der FAO und nutzte die Gelegenheit, die Geberländer nach mehr Finanzmitteln zu fragen. Das Umsetzen der Leitlinien hat auch ganz praktische und alltägliche Probleme: Die Leitlinien müssen übersetzt werden. Dazu gehört auch die Übersetzung der technischen Begrifflichkeiten in die Alltagssprache der Menschen – und womöglich mit anderen Mitteln, wenn die Analphabetenrate zu hoch ist. Dafür braucht die FAO Geld.
Joseph Sam Sesay, Landwirtschaftsminister in Sierra Leone, hat viel auf der Konferenz gelernt. Das afrikanische Land arbeitet bereits seit 2007 an ersten Leitlinien, als ein chinesischer Investor erstmals Land erwarb. Ein Jahr später gab es die ersten Gesetze zum Landerwerb. Vor zwei Jahren haben die Bauernverbände, die Zivilgesellschaft und die Regierung ein Memorandum of Understanding unterzeichnet. Dabei ging es auch um ältere Leitlinien, die schon von anderen Organisationen erstellt wurden. Sierra Leone hat sich jetzt auf die der FAO verständigt.
Motoko Aizawa von der Weltbank beschrieb den Safeguard Mechanismus, den die Weltbank schon vor 20 Jahren für eine Kreditvergabe eingeführt hat. Ein „Update“ der bestehenden Umwelt- und Sozialstandards soll im Herbst 2013 abgeschlossen sein. Zu den neuen Kriterien gehören Menschenrechte oder Klima. Das Thema Land ist auch im Gespräch. Die Bankerin warb um harmonisierte Kriterien, damit alle das gleiche meinen.
Land Grabbing ist Ausdruck einer gewandelten Entwicklungsanforderung geworden.Vor 20 Jahren stand der Technologietransfer im Vordergrund, dann folgte die partnerschaftliche Zusammenarbeit und jetzt fragen Unternehmen bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) an, und bitten um Hilfe bei der Einhaltung von Standards. In der aktuellen Form des Landinvestments hat es bislang keine massiven Auslandinvestitionen gegeben. Albert Engel von der GIZ sieht die Entwicklungshilfeorganisation daher in einer neuen Rolle, die erst gefunden werden muss.
Klaus Schumacher von Nordzucker ist so ein privater Investor, der vor allem aus afrikanischen Ländern Zucker importiert. Das liege vor allem daran, dass die afrikanischen Länder leichteren Marktzugang zur EU haben. Die Leitlinien spielen durchaus eine Rolle für das Unternehmen und werden das Geschäftsfeld beeinflussen. Aber, so räumt Schumacher ein, wohin die Investitionen gehen, entscheidet am Ende die Wertschöpfung.
Die Umsetzung der Leitlinien ist ein dauerhafter Prozess. Die nächste Gelegenheit, sie stärker mit dem Ziel dem Entwicklungsziel zu verbinden sind die Nachfolgekriterien der Millenniumsentwicklungsziele, die 2015 auslaufen.
Lesestoff:
Die ausführlichen Abschlussdokumente finden Sie auf der Seite www.policies-against-hunger.de
Roland Krieg