Heilpflanzen und Artenschutz
Landwirtschaft
Bei Heilpflanzen auf die Herkunft achten
Die Heilkraft von Pflanzen verspricht Verbrauchern eine besonders natürliche Abhilfe gegen Schnupfen, Erkältung, mittlerweile auch gegen Asthma und Rheuma. Alte Kulturen hatten alle ihre Medizinmänner, auf die sich der Mensch in der Zivilisationsgesellschaft rückbesinnt. Der medizinalen Chemie überdrüssig. Weltweit gibt es etwa 15.000 Heilpflanzen, von denen rund 350 auch durch das Artenabkommen CITES geschützt sind. Der Nachfrageboom generiert nach Angaben des WWF Österreich mittlerweile einen Markt von 1,2 Milliarden US-Dollar jährlich und aus den entlegensten Winkeln der Welt gelangen rund 30 Prozent der Rohstoffe nach Europa.
Rohstoffhandel bedroht Arten
„Gerade weil der Handel mit Heilpflanzen aus den entlegensten Gegenden der Erde massiv zugenommen hat, sind schonendes Ernten und weltweit kontrollierter Handel extrem wichtig“, erklärt WWF-Artenschutzexpertin Jutta Jahrl.
Hoodia gordonii sieht aus wie ein Kaktus und wächst in den Trockengebieten des südlichen Afrikas. Die San-Völkern nutzen die getrocknete oder frisch verarbeitete ganze Pflanze als appetithemmendes Mittel. Das hat die Pflanze als Diätmittel in den Welthandel gebracht. Die Pflanze wächst aber nur langsam und daher stammt der Wirkstoff der meisten Kapseln, Dragees und Kaugummis aus Wildsammlungen. Hierbei werden die Pflanzen gleich ganz abgeschnitten, so dass kleine Horte schnell verschwunden sind.
Auch die Asiatische Eibe (Taxus chinensis) wächst langsamer als die Nachfrage. Der in der Rinde gefundene Wirkstoff Paclitaxel hat sich in der Behandlung bestimmter Krebsarten als effektiv erwiesen. Um jedoch ein Kilogramm Wirkstoff zu gewinnen, müssen bis zu 3.000 Eiben entrindet werden. Vorhandene Bestände können sich kaum von einer Übernutzung erholen und Plantagen können den weltweiten Bedarf noch lange nicht decken.
Infobroschüre des WWF
„Fragen Sie nach, woher die Rohstoffe kommen und ob Gewinnung und Handel unter Einhaltung des Artenschutzgesetzes erfolgt sind“, rät Mag. Jutta Pint von der Österreichischen Apothekerkammer. Und: Wer sich seine Wirkstoffe über das Internet bestellt, schlüpft in die Rolle des Direktimporteurs: Strafrechtlich selbst verantwortlich, wenn die Importpapiere nicht in Ordnung sind.
Um Kunden auf die Bedrohung der Arten aufmerksam zu machen hat der WWF Österreich eine kostenfreie Broschüre aufgelegt, die über geschützte Heilpflanzenarten informiert. Zusätzlich gibt es eine kleine Checkliste, mit der Kunden sich in Apotheken, Reformhäusern und Naturkostläden über die Herkunft informieren können:
Kann der Zulieferer belegen, dass Gewinnung und Handel legal erfolgt sind?
Verkaufen oder verwenden Sie nur nachweislich legal importierte Produkte aus Anbau oder nachhaltiger Wildsammlung?
Rund 70 Prozent der Wirkstoffe stammen aus Wildsammlungen. In Indien, China und Bosnien-Herzegowina gibt es mittlerweile bereits auf Nachhaltigkeit zertifizierte Wildsammlungen.
TCM-Pflanzen aus Bayern
Der Kräuteranbau in Bayern geht bis auf das 15. Jahrhundert zurück. Die Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) beschäftigt sich seit 30 Jahren mit dem Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen.
Zuletzt erfreut sich die traditionelle chinesische Medizin (TCM) großer Beliebtheit. Da Importe aus den asiatischen Ländern immer wieder mit Qualitätsproblemen zu kämpfen haben, hat Bayern vor zwei Jahren im Landkreis Roth ein Pilotprojekt gestartet, Pflanzen aus der TCM als interessante Nische für die Bauern zu etablieren.
Zum Start hatte der damalige Agrarminister Josef Miller die aus dem Anbau resultierende hohen Hygiene- und Qualitätsstandards hervorgehoben: „Vertreter der Pharmazie und des Arzneimittelrechts wissen um die Problematik von Verwechslungen und Verunreinigungen bei Importware sowie um die daraus resultierende Gefahr für die Verbraucher.“ Anstoß zum dem Projekt gab es unter anderem von der DECA, der Gesellschaft für die Dokumentation von Erfahrungsmaterial der chinesischen Arzneitherapie.
Angebaut wurden insgesamt 16 Arten. Darunter beispielsweise Chinesischer Tragant, chinesischer Salbei oder Besenbeifußkraut.
Gutes aus dem Goldmohn |
Im Oktober diesen Jahres gab es einen Abschlussbericht, der aufzeigte, dass die Qualitäten des Drogenmusters bayrischer Pflanzen durchaus mit den Wirkmengen chinesischer Handelsmuster mithalten können. Nur die besten Arten werden dann für den Anbau empfohlen.
2007 wurden dann acht chinesische Heilpflanzen auf insgesamt vier Hektar kommerziell angebaut. Fünf Landwirte waren für mehrere Abnehmerfirmen im Vertragsanbau tätig, mussten aber in diesem Jahr die Anbaufläche wieder reduzieren. Statt der erwarteten Abnahmemenge im Dezitonnen-Bereich, wurden die Bauern die Ware nur in 100 kg-Chargen los. Für Prof. Dr. Ulrich Bomme von der LfL ist das unverständlich, denn gerade die Anbauempfehlungen der LfL sichern hohe Qualität. Deswegen ruft er die Abnehmer von TCM-Pflanzen auf, mehr auf heimische Herkünfte zu achten.
Lesestoff:
Der Ratgeber „Heilpflanzen und Artenschutz“ ist eine Gemeinschaftsproduktion von WWF Österreich und dem Lebensministerium und will Konsumenten zum Nachdenken anregen. Kostenfrei unter www.wwf.at /Heilpflanzen.
Im Freistaat gibt es den „Verein zur Förderung des Heil- und Gewürzpflanzenanbaus in Bayern e.V.“ der auf seiner Internetseite auch einen Überblick der bayrischen Anbaugebiete gibt: www.kraeuteranbau.de
Regelmäßig Informationen für die Praktiker gibt es viermal im Jahr in der „Zeitschrift für Arznei- und Gewürzpflanzen“: www.zag-info.de
Fachbücher für die Anbauer sind rar. Eins der letzten Erscheinungen ist von Marquard, R. und Kroth, E., 2002: Anbau und Qualitätsanforderungen ausgewählter Arzneipflanzen, Band II Agrimedia GmbH Bergen/Dumme, ISBN 3-86037-184-3; 29,90 Euro
Vortragsfolien des Oktober-Workshops über den TCM-Pflanzenanbau in Bayern finden Sie auf der Internetseite www.lfl.bayern.de
roRo; Foto: WWF: geschälte Hoodia