Heracleum mantegazzianum

Landwirtschaft

Riesen-Herkulesstaude hat gefährliche Haare

> Anfangs gab es nur ganz wenige von den wunderschönen Pflanzen der Riesen-Herkulesstaude, die aus Südwest-Asien nach Mitteleuropa verpflanzt wurde. Aber heute nach hundert Jahren haben sie sich so verbreitet, dass sie überall unerwünscht sind. An Flussufern, Bahndämmen und Wegrändern sind sie zu sehen und können zu gefährlichen Hautreizungen führen: Denn die feinen Haare auf den Blättern und Stängeln brechen bei Berührung ab und der daraus austretende Pflanzensaft sensibilisiert die nackte Haut für UV-Strahlung. Es kann zu Verbrennungen dritten Grades kommen. Darauf verweist die Biologische Bundesanstalt Land- und Forstwirtschaft (BBA).

Einst eine Zier im Garten...
Dabei fing alles so wunderschön an. In den 70er und noch den 80er Jahren sah man die bis zu vier Meter hohe Staude neben Bungalows in eleganten, kahlen Vorgärten stehen, die den heutigen Vorstellungen absolut nicht entsprechen. Die Riesen-Herkulesstaude, botanisch Heracleum mantegazzianum, bildete einen dicken Stängel mit einer großen Dolde, die einen Durchmesser von fast einem Meter haben kann. Diese Blütestände blieben den Winter über stehen und sahen mit Schnee bedeckt sehr reizvoll aus. Aber sie hatten es in sich, denn jede Dolde konnte mehrere Tausend Samen produzieren und sich dann im Garten verbreiten. Jeder, der beim Rasenmähen mit nackten Beinen an die Blätter kam, kannte die gefährlichen Symptome. Bis zu sechs Wochen lang hielten die Verbrennungen an, bevor sie völlig abgeheilt waren. Versteckten sich kleine Kinder an heißen Sommertagen halbnackend unten den Blättern, so konnten die Verbrennungen durchaus lebensgefährlich sein. Hinzu kommt, dass eine erste Berührung kaum wehtut - mit der Reizung durch Brennnesseln kaum zu vergleichen. Dementsprechend schnell verschwanden diese Stauden zwar aus den kahlen Vorgärten, aber sie hinterließen eine bleibende Erbschaft im Umland, die mehrere Tausend Samen umfassen konnte.

... nun eine Plage im Umland
Eine effektive Bekämpfung ist auf die Schnelle nicht möglich. Geduld ist angebracht, so die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig, die schon seit mehr als zwei Jahren Versuche durchführt: Eine optimale Lösung gibt es nicht. Sobald sich eine starke, lange Wurzel ausgebildet hat, ist eine Bekämpfung sehr schwierig. Eine drei Meter hohe Staude hat eine Pfahlwurzel, die ebenso tief in den Boden reicht. Daher ist eine frühe Bekämpfung angebracht. Im Privatgarten sollte man die kleine Pflanze mit einem Spaten oder einem Messer samt Wurzel entfernen. Hat sich die Pfahlwurzel schon zu tief in den Boden gegraben, ist ein Ausstechen nicht mehr möglich, sondern nur ein Abschneiden. Der verbleibende Rest der Wurzel kann jedoch wieder durchtreiben und ist nur mit jahrelanger Geduld aus den Gärten restlos wieder zu entfernen. Das gleiche passiert jetzt an Bahndämmen oder Flussufern, auch in Naturschutzgebieten. Die Pflanze breitet sich aus und ist zudem sehr konkurrenzfähig. Durch die großen Blätter deckt sie alles andere ab. Fingerhut, seltene Orchideen und andere lieb gewordene, einheimische Pflanzen werden zurück gedrängt.
Die Biologische Bundesanstalt hat bei ihren Versuchen mit Unkrautbekämpfungsmitteln und mit einem Heißschaumverfahren gearbeitet. Dabei wird Wasser und eine Art Sirup heiß aufgeschäumt, wie die Milch beim Kaffee, und die Pflanze damit eingehüllt. Häufig stirbt sie dabei nicht vollständig ab. Ein Teil der Wurzel überlebt und treibt wieder aus, so dass der Gärtner die Die Prozedur wiederholen muss. Es gibt Fälle aus Privatgärten, die acht Jahre brauchten bis die Pflanze endlich verschwunden war. Auch mit der chemischen Keule ist der Pflanze kaum beizukommen!

Pflanzlicher Neubürger
Die Biologische Bundesanstalt ist nicht sehr optimistisch, dieses lästige Kraut jemals wieder loszuwerden. ?Viele Neophyten, pflanzliche Neubürger, haben sich hier angesiedelt?, so Professor Dr. Peter Zwerger vom Institut für Unkrautforschung der BBA. ?Immerhin haben wir in den letzten 200 Jahren mehrere Hundert neue Pflanzen in Deutschland in Wald und Flur bekommen?. Und dann der Zusatz: "Aber nicht alle werden zu Problemen."
Die Diskussion, ob der Begriff Unkraut zutrifft oder man lieber Wildkraut sagen möchte, ist in diesem Fall hinfällig. Dazu ist die Pflanze einfach zu gefährlich. Es handelt sich bei der UV-Sensibilisierung übrigens nicht um eine Allergie. Der Fachmann spricht von Phyto-Photodermatitis, die von dem Pflanzeninhaltsstoff Furocumarin ausgelöst wird. Dieser Inhaltsstoff ist nicht nur für den Menschen gefährlich, sondern kann auch bei Tieren zu starken Reaktionen führen. Erkrankungen bei Ziegen im Schnauzenbereich sind bereits bekannt. Kühe und Schafe werden wahrscheinlich ähnlich reagieren.
Jetzt im Spätsommer ist es für eine Bekämpfung zu spät. Man sollte aber auf jeden Fall darauf achten, dass die Pflanzen keine Samen ausbilden und die Dolden abschneiden. Dabei hat die Pflanze die Fähigkeit selbst unten direkt an der Erde kleine Blütenstände zu bilden, die zur Verbreitung der Pflanze führen, wenn man nicht aufpasst und sie abreifen lässt.

Eine bei uns vorkommende einheimische Verwandte, der Bärenklau Heracleum sphondylium, ist wesentlich kleiner als die Riesen-Herkulesstaude und wird höchstens ein Meter fünfzig hoch. Auch sie ist ebenfalls stark behaart, aber ungefährlich.

roRo

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