Herausforderung EU-Öko-Verordnung

Landwirtschaft

Änderung in der EU-Ökoverordnung

Auf der BioFach in Nürnberg wurde über den aktuellen Stand der EU-Ökoverordnung diskutiert. Offen ist derzeit noch die Reglementierung zur Weinerzeugung und der Bericht an die Kommission Ende des Jahres 2011. Dennoch gibt es Sorgen, die weniger in der Verordnung selbst als in der neuen Entscheidungsfindung seit dem Vertrag von Lissabon liegen.

Entkoppelte Entscheidung?

Maria Fladl von der EU erläuterte den neuen Entscheidungsprozess. Damit mehr Transparenz in die Arbeit der EU einzieht, kann das Europäische Parlament mitbestimmen. Neben dem bisherigen Umsetzungsweg, dass alle Mitgliedsstaaten bei Änderungen einbezogen werden, kann es nun auch zu dem Prozess kommen, dass eine Entscheidung delegiert wird. Die Nichtregierungsorganisationen fürchten, dass sie dabei nicht mehr gehört werden und ihre Lobbyarbeit erhöhen müssen.
Dr. Alexander Beck, Vorstand beim Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)
erklärt gegenüber Herd-und-Hof.de was passieren könnte: So kann beispielsweise ein Futterzusatzstoff aus dem Entwurf in das Parlament zur Entscheidung gegeben werden, was wegen einer offensichtlichen Kleinigkeit diesen oder einen anderen Zusatzstoff schnell genehmigt. So könnten auch Bestimmungen in die EU-Verordnung Eingang finden, die beispielsweise nicht auf den Betriebsalltag eines kleinen Ökobetriebes in Bulgarien passt.
Trotz solcher Möglichkeiten, bestehe aber dennoch Einigkeit darüber, dass die Einbeziehung des Europäischen Parlaments wegen der höheren Transparenz richtig sei, so Dr. Beck. Was derzeit für Unruhe in der Branche sorgt, ist eher die Unsicherheit, wie der Prozess genau ablaufe und wer wirklich darin involviert ist.

EGTOP

Neu in der Entscheidungssfindung ist auch die technische Kommission aus Experten EGTOP. Die Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament entsenden insgesamt 13 Mitglieder, die von einer Jury ausgewählt werde und sich vor allem um die technischen fragen der Anhänge in der EU-Ökoverordnung kümmern. Sie sollen sich drei bis viermal im Jahr treffen und über zugelassene Dünger, Pflanzenschutzmittel und Zusatzstoffe entscheiden.

Realität geht weiter

Kritik an der EU-Ökoverordnung äußerte Bavo van der Idsert von der Vereinigung der Bioproduzenten in den Niederlanden. Letztlich spiegele die Verordnung den Definitionsstand von vor 30 Jahren wider. Heute sind die gesellschaftlichen Erwartungen, was „bio“ alles leisten muss komplexer und beziehen sich auf den ökologischen Fußabdruck eines Produktes, sozialen und ethischen Aspekten und dem umweltfreundlichen Transport.
Nach Dr. Beck sind dieser Aspekte in dem Ziel „ökologische Produktion“ subsumiert und brauchen vor allem kein eigenes Logo. Doch zeigt dieser Einwurf, dass der legale Rahmen der Realität immer hinterherhinkt. Letztlich muss, so Fladl ein harmonisierter Rahmen geschaffen werden, der von Sizilien bis nach Schweden genauso so gilt, wie für den Großbetrieb in Ostdeutschland oder die kleine Farm in Rumänien. Die Aufgabe bestehe darin, den großen Rahmen lokal flexibel zu gestalten. Wichtiger sei es, so Beck, nicht nur den landwirtschaftlichen Betrieb, sondern die ganze Produktionskette auf ihre Nachhaltigkeit zu beschreiben.

Ausnahmeregeln belassen

So will die EU alle Ausnahmeregelungen kippen, um die Verordnung einfacher zu machen. Das allerdings könne vor allem die kleinen Ökobauern gefährden, warnte die polnische Vertreterin. Im Baltikum und Polen gibt es beispielsweise weder ökologisches Saatgut noch in diesem Jahr ökologisches Futter. Mit dem Kippen von Ausnahmeregeln ist die Entwicklung der kleinen Betriebe gefährdet.
Wie dynamisch die Biobranche ist, weiß auch Maria Fladl. Die Marktentwicklung hat mittlerweile Spezialisten für Geflügel und Schweine hervorgebracht, die von dem ursprünglichen Leitbild des Ökolandbaus entfernt seien. So steht die Verordnung auch künftig wieder auf dem Prüfstand.

Roland Krieg

[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige BioFach mit dem Suchbegriff "BF-11" im Archiv anzeigen lassen]

Zurück