Herausforderungen für die Zuckerindustrie

Landwirtschaft

Zuckerindustrie braucht Politik auch ohne Quote

Am 01. Oktober ist es soweit. Die Zuckerquote läuft aus. Die nächsten Monate sind von steigender Nachfrage und sinkenden Lagerbeständen geprägt, so dass die Rübenbauern und die Zuckerindustrie gute Marktchancen haben – weltweit. Ob es aber so bleibt, oder der Zuckersektor eine vergleichbare Krise durchläuft wie der Milchmarkt ist bei Marktexperten umstritten.

In wie weit die europäische Zuckererzeugung eine Erfolgsgeschichte wird, hängt auch weiterhin stark von der Politik ab. Diese könne im Bereich des Zuckerexports aus der EU für zufriedene Stimmungen bei den Landwirten und der Industrie sorgen, schreibt der Europäische Ausschuss für Wirtschaft und Soziales (EESC) in seiner neuesten Publikation. Das Quotenende könne der EU die Möglichkeit einer großen Exportoffensive eröffnen. „Das ist eine große Chance für die Zuckerproduzenten. Doch dafür brauchen sie die volle Unterstützung der EU-Politik“, sagt Autor José Manuel Roche Ramo.

Zucker in den Handelsabkommen

Als Unterstützung für die Zuckerindustrie müsse die EU in ihren Handelsabkommen für einen freien Marktzugang bei Nettoimporteuren für Zucker sorgen. Bei diesen Ländern müssen die Zölle und technischen Barrieren für den Import von Zucker und zuckerhaltigen Lebensmitteln gesenkt werden, fordert das EESC. „Gleichzeitig muss die EU auf strenge Herkunftsregeln achten. Nur so profitiere die EU vom steigenden Export“, erklärt Ramos.

Ramos fordert sogar die Aufnahme von Unterstützungsregeln und Förderwerkzeugen für die Zuckerindustrie in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Nur so könnten die Wertschöpfungskette im ländlichen Raum erhalten werden und neue Arbeitsplätze entstehen. Für eine an die Menge gekoppelte Zahlung spricht sich daher Mit-Autorin Estelle Brentnall aus. Auch die Bedingungen für eine Unterstützung der privaten Lagerhaltung müssten eindeutiger definiert werden.

Diese Umkehr vom Weg der Agrarpolitik in den freien Markt begründen die Autoren mit der Nachhaltigkeit der Zuckerrübe. Als Hackfrucht verbessert sie die Bodenbedingungen, lässt mit ihren Blättern viel organische Substanz auf den Feldern und wird in weiten Fruchtfolgen angebaut. Weil die Rübenanbauer meist in Nähe der Zuckerraffinerien wirtschaften, minimieren kurze Transportwege die Emissionen.

Das europäische Zuckerproblem

Hintergrund für die Sorge ist nicht die eigene Produktion. Im Rahmen bestehender Freihandelsabkommen dürfen zentralamerikanische Länder wie Kolumbien, Peru und Ecuador, aber auch Südafrika rund 420.000 Tonnen raffinierten Rohrzucker in die EU exportieren. Zoll- und Quotenfrei dürfen die ehemaligen Kolonien, die in den AKP-Ländern zusammen gefasst sind, und die am wenigsten entwickelten Länder (Last Developed Countries – LDC) Zucker in die EU liefern. Im neuen Zuckerwirtschaftsjahr ab dem 01. Oktober werden zwischen 700.000 und 800.000 Tonnen Zucker in die EU geliefert. Mit 17,2 Millionen Tonnen ist Europa der größte Erzeuger von Rübenzucker. Die Pflanze wird von rund 137.000 Landwirten angebaut. Mit der Zuckerindustrie sind 28.000 direkte und 150.000 inndirekte Arbeitsplätze verbunden. Die Reform der europäischen Zuckererzeugung hat in den vergangenen Jahren rund die Hälfte der Raffinerien schließen lassen. Die EU erzeugt seitdem 4,5 Millionen Tonnen Zucker weniger und hat rund die Hälfte der Arbeitsplätze im Sektor verloren. Das dürfe nach Quotenende nicht weitergehen.

Für den EECS ist das Fazit klar: „Die EU muss Zucker als sensibles Produkt in den Handelsabkommen einstufen.“ Das heißt: Die EU selbst darf Zölle auf Zucker erheben, wo immer es geht. Und wer unfaire Handelspraktiken beim Zucker einführt, der solle sanktioniert werden.

Lesestoff:

Die Studie finden Sie unter http://www.eesc.europa.eu/en/our-work/opinions-information-reports/opinions/industrial-change-eu-beet-sugar-industry

Roland Krieg

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