Herausforderungen vor dem Welternährungstag

Landwirtschaft

FAO im Agrarausschuss des Europaparlaments

Europaparlament

Weniger als zehn Minuten vom Brüsseler Parlament entfernt liegt das Verbindungsbüro der FAO. Büroleiter Rodrigo De Lapuerta Montoya war am Montag im Agrarausschuss des Europaparlaments zu einer Diskussion zum Welternährungstag, der jährlich am 16. Oktober stattfindet. Die Aufgaben sind klar: Die im Jahr 2050 rund zehn Milliarden Menschen müssen mit weniger Lebensmittelverlusten, einer um 40 bis 60 Prozent ansteigenden Produktion und über eine Umstellung der Ernährungsweise ernährt werden. Doch die aktuelle Situation spricht nicht dafür. Der letzte Welternährungsbericht der FAO weist eine steigende Zahl an Hungernden und mangelernährten Menschen auf der Welt aus. Von 2016 auf 2017 stieg die Zahl von 806 auf 821 Millionen. Ursache für den Anstieg sind vor allem Konflikte und Klimaveränderungen. Dennoch gibt es auch Erfolge. Die Zahl der hungernden Kinder unter fünf Jahren ist um 25 Prozent gefallen.

Lösung seit 40 Jahren gesucht

Armut und Hunger haben zahlreiche Ursachen. Und das seit mehr als 40 Jahren, kritisierte die spanische Linke Maria Lidia Senra Rodriguez. Sie hinterfragte, ob die FAO in den letzten Dekaden die wirklichen Ursachen angegangen ist und mahnte, sich nicht hinter dem Klimawandel zu verschanzen. Doch nach Motoya ist der Klimwandel ein großer Treiber, wenn das Wasser fehlt. In fragilen Regionen reichen veränderte Niederschlagsmuster bereits aus, die landwirtschaftliche Produktion zu gefährden und die Menschen in die Migration zu treiben.

Daher will die FAO ihre 2016 erschienene Publikation „Migration, Agriculture and Rural Development“ zum Welternährungstag neu auflegen. Migration ist zwar auch ein Teil der Entwicklung. Menschen suchen immer die Orte mit besseren Möglichkeiten für Arbeit und Einkommen auf, aber der millionenfache Aufbruch aus der Perspektivlosigkeit ist fehlender ländlicher Politik geschuldet. Der vor zwei Jahren veröffentlichte Bericht weist 40 Prozent der internationalen Überweisungen von Migranten mit dem Ziel ländlicher Gemeinden aus. Daher müsse eine Fluchtursachenbekämpfung auf dem Land und in der Landwirtschaft beginnen, erklärte Motoya.

Am 29. und 30. Oktober hat die FAO Politiker zu einer ersten weltweiten parlamentarischen Versammlung nach Madrid geladen. Ziel ist eine globale Stellungnahme für das Ziel, den Hunger bis 2030 weltweit zu beenden.

Doch was läuft schief? Hilfsprogramme ernähren nach Rodriguez eher die Mittelklasse in den Städten und bauen keine Eigenproduktion auf. Martin Häusling von den europäischen Grünen kritisiert unfaire Handelsabkommen und europäische Exporte, die den Bauern im Land den Markt wegnimmt. Offen ist die Frage, ob den Kleinbauern im ländlichen Raum mit einer Hightec-Landwirtschaft oder einer ökologischen Landwirtschaft geholfen ist. Die Irin Mairead McGuiness von den Christdemokraten erinnert daran, dass die Europäer den Hunger mit einer Intensivierung der Landwirtschaft überwunden haben. Die Landwirte in den Entwicklungsländern brauchen Technologien gegen Schädlinge und Lagerverluste. Die Diskussion in Europa weise aktuell eher in die technologiextensive Richtung.

Uneins sind sich die Politiker auch über die richtige politische Strategie. China hatte Anfang September zu einem Afrikagipfel eingeladen. Mehr als 50 afrikanische Regierungschefs kamen. Das Land investiert rund 60 Milliarden Euro in den Aufbau einer neuen Seidenstraße und droht Europas Engagemant in Afrika abzuhängen, führt der Italiener Paolo de Castro von den Sozialdemokraten aus.

Der Gemeisamen Agrarpolitik (GAP) Europas spricht Motoya jedoch eine grundlegende Bedeutung zu, die Lösungen zu Klimaresilienz und Nachhaltigkeit beinhalte. Zudem ist die Agrarpolitik eng mit Handelsabkommen verbunden. Die FAO bietet sich künftig als Berater bei internationalen Verhandlungen an.

Ob die Abkommen dann anders aussehen? Da die öffentliche Hilfe der Industrieländer die Herausforderungen nicht schultern kann, braucht die Beendigung des Hungers privates Kapital. Die FAO verfolgt eine Landwirtschaft, die neben traditionellem Wissen auch moderne Technologien einsetzt. Das erhöhe nicht nur die Produktivität, sondern mache den Sektor auch für junge Menschen wieder attraktiv.

Alleine Afrika bräuchte jährlich 18 Millionen neue Arbeitsplätze, von denen lediglich drei Millionen tatsächlich geschaffen werden. Privates Kapital mit nachhaltigen und sozialen Leitlinien, wie gegen Landgrabbing, spielt eine wichtige Rolle. Die UN-Organisation analysiert mit der im Mai dieses Jahres gegründeten Task Force Africa Investitionsfelder für private Unternehmer. Der Europäische Investitionsfonds beispielsweise halte sich an die freiwilligen Leitlinien und hat nach Motoya eine Vorbildfunktion.

Roland Krieg

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