Herbiziresistente Pflanzen ohne Gentechnik

Landwirtschaft

Pflanzenschutz und Sorte im Doppelpack

Glyphosatresistenz ist bei manchem Agrobakterium tumefaciens natürlich. Das Resistenzgen des Bodenbakteriums wurde in verschiedene Nutzpflanzen eingeschleust. Diese gentechnische Veränderung hilft Landwirten bei der Unkrautbekämpfung, heißt es. Glyphosat führt bei Pflanzen zu einer Stoffwechselunterbrechung und kann als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden. Die Überlegung ist einfach: Resistenter Mais wird angebaut und mit Glyphosat werden nahezu alle Unkräuter, die das Maiswachstum behindern könnten, abgespritzt. Allein übrig bleibt der Mais. Einfacher Anbau und einfache Lösung.

Die Resistenz wurde allerdings mit gentechnisch veränderten Methoden eingeschleust, weswegen dieser Mais bei den Gentechnikkritikern oben auf der Verbotsliste steht. Doch können die vermeintlichen Vorteile nicht auch konventionell gezüchtet werden? Würden die Landwirte dann nicht mehr in der Kritik stehen und von den Vorteilen profitieren?

Herbizidresistenzzüchtung

Züchter versuchen seit Tausenden von Jahren Nutzpflanzen zu verbessern. Spätestens als Mendel Mitte des 1900 Jahrhunderts die Kreuzungsregeln formuliert hat, konnte die Züchtung gezielt voran gehen. Das Einkreuzen von Wildpflanzen, die gegen bestimmte Krankheiten und Umweltbedingungen toleranter sind, ist das auch noch heute die gängige Methode, Pflanzen fit für den Klimawandel zu machen. Und das geht mittlerweile mit neuen Züchtungsmethoden, die nach Gentechnikrecht nicht als Gentechnik, gelten. Sind damit die Probleme vorbei?

Die Grenzen werden unschärfer

Auf der DLG-Wintertagung legte Prof. Dr. Thomas Miedaner die Unterschiede der Kreuzungstechniken dar. Die konventionelle und vor allem von den Ökolandbauern genutzte Züchtung ist frei von „Gentechnik“. Die alte Gentechnik schießt artfremde Gene in die Zelle, die sich dann in die DNS einbauen und als „GVO“ auf die Felder kommen. So wie der Mais mit dem Resistenzgen aus dem Bodenbakterium.

Die Forschung geht mittlerweile viel weiter und nutzt Gen-Editierungen für die gleichen Ziele – aber mit Methoden, die nicht als Gentechnik gelten. Dazu gehört beispielsweise die Protoplastenfusion [1]. „Neue Gentechnik“ sind auch ungerichtete Mutagenese und TILLING [2].

Ebenfalls nicht gekennzeichnet werden muss die Pfropfung konventioneller Reiser auf GV-Unterlagen. Zwischen der Unterlage und dem wachsenden Apfelzweig findet kein Genaustausch statt. Deshalb ist der Apfel gentechnikfrei. Allerdings können über gentechnische Veränderung RNS-Moleküle aus der Unterlage in den Reiser geschickt werden, die bestimmte Gene an- oder ausschalten. Auch das gilt nicht als Gentechnik nach dem Gentechnikgesetz, erläutert der Professor von der Landessaatgutanstalt der Universität Hohenheim.

Bei dieser Diskussion steigen die meisten Verbraucher aus. Daher gibt es verständlicherweise Verwirrung, wenn der Naturkosthandel eigene Gentechnikregeln erstellt.

Vorteile und Nachteile

Ob gentechnisch verändert oder konventionell gezüchtet: Klaus Gehring vom Institut für Pflanzenschutz der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft führt für beide Methoden die gleichen Vor- und Nachteile auf.

Aus Sicht der Landwirtschaft steht beim Einsatz der Wirkstoffe eine hohe Kulturverträglichkeit auf der Habenseite, eine einfache Anwendung für einen hohen Ertrag mit den Versprechen eines geringeren Herbizideinsatzes und verbesserter Wirtschaftlichkeit. Produzenten von Pflanzenschutzmittel und Züchter können sich in der gemeinsamen Erarbeitung solcher Sorten im Markt absetzen und haben niedrigere Entwicklungskosten. Die Marktreife einer Sorte wird in ein bis zwei statt in 15 bis 20 Jahren erreicht.

Im Umweltbereich könnten die Vorteile in der Verringerung des gezielten und effizienten Herbizideinsatzes liegen.

Die Reihe der Nachteile ist aber ähnlich lang: Auswuchspflanzen sind nach der Behandlung nicht mehr wegzubekommen und können sich auskreuzen und verbreiten. Die Zahl und Menge herbizidresistenter Unkräuter nimmt zu, denn jede Anwendung von Pflanzenschutzmitteln setzt einen Impuls zur Reaktion auf das Mittel. Dadurch steigen dann die Kosten für die Landwirte [3]. Züchter und Wirkstoffhersteller könnten an Entwicklungsleistung verlieren und die Zahl der zur Verfügung stehenden Wirkstoffpalette wird kleiner. Das benachteiligt andere Kulturen. Für die Umwelt schlagen eine Verringerung der Artenvielfalt und eine Monopolisierung der vorgelagerten Landwirtschaftsbereiche negativ zu Buche. Für alle Akteure spricht Gehring vor dem Hintergrund der sensiblen gesellschaftlichen Diskussion die Warnung vor einem Imageschaden aus.

Prof Miedaner will die Entscheidung der Politik überlassen, ob sie die konventionellen Herbizidpflanzen regeln will.

Ein Baustein

Die meisten Verbraucher haben von dieser Technik kaum etwas gehört. Aber in der Praxis sind die Pflanzen schon. Vor sechs Jahren kam eine Maissorte auf den Markt, die sich allerdings nicht durchgesetzt hat. Ganz neu probiert es ein Hersteller mit einer Sonnenblumenpflanze. Schon weiter verbreitet ist der so genannte Clearfield-Raps, der in Deutschland auf rund 26.000 Hektar angebaut wird. Unter anderem von Carsten Kock von der Gutsverwaltung Helmstorf in Schleswig-Holstein.

Als er mit dem Rapsanbau begann, traf er auf ein riesiges Problem. Pro Quadratmeter fand er dutzende Durchwuchspflanzen auf einzelnen Feldern. Auch Rübsen kommen immer wieder durch und behindern die Neukultur. Er setzt auf Clearfield-Raps. Die Herbizidkosten sind vergleichbar gegenüber dem Anbau mit konventionellen Sorten. Aber das Saatgut ist teurer. Auf Problemflächen hat sich der Anbau des Clearfield-Rapses deutlich gelohnt. Als Sanierung für Problemflächen, die sonst kaum einen geregelten Anbau zulassen, könne, so Kock, die Nutzung von herbizidresistenten Pflanzen konventioneller Züchtung temporär helfen.

Lesestoff:

[1] Naturkosthandel will CMS-freies Saatgut

[2] TILLING und TALEN sind erlaubt

[3] Kostenexplosion bei Glyphosatresistenter Soja in den USA

Roland Krieg

[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige Grüne Woche mit dem Suchbegriff „IGW-15“ anzeigen lassen]

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