Hochleistungszüchtung macht Tiere krank
Landwirtschaft
Nutztierzucht auf Gesundheit ausrichten
Kühe geben täglich Milch und Hühner legen fast täglich ein Ei. Eine Sau produziert so viele Mastferkel wie möglich. Viel Milch, viele Eier und Ferkel – das ist den Vertretern der ökologischen Landwirtschaft schon immer ein Graus gewesen. Hohe und höchste Leistung machen Tiere krank. Mehr Ferkel als Zitzen, die Milchkuh wird keine drei Jahre mehr im Milchviehstall gehalten und die meisten Legehennen sind für eine zweite Legeperiode gar nicht erst vorgesehen. Das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gesundheit ist aus den Fugen geraten.
Das schreibt die Bundestierärztekammer (BTK) und hat auf ihrer Delegiertenversammlung Mitte April eine entsprechende Resolution herausgegeben. „Wir beobachten ein zunehmendes Ungleichgewicht zwischen genetischer Leistungsfähigkeit und der Gesundheit der Tiere im Nutztierbereich“, erläutert Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer. „Leistungsabhängige Krankheiten spielen eine immer größere Rolle. Dennoch steht bei der Zuchtauswahl nach wie vor die Leistung im Vordergrund.“ Hochleistende Tiere sind besonders anfällig für Krankheiten. Dem muss durch besonders anspruchsvolle Haltung, Pflege und Fütterung Rechnung getragen werden. „Selbst hervorragendes Management kann die aufgezeigten Probleme nicht immer reduzieren“, führt Tiedemann aus. „Die Korrelation zwischen genetisch programmierter Hochleistung und Krankheitsanfälligkeit führt immer öfter zu Schmerzen und Leiden und kann die Lebensdauer verkürzen.“
Auch die Betreuung durch einen Veterinär kann das Ungleichgewicht nicht mehr ausgleichen.
Klarheit per Gesetz gefordert
Der Paragraph 11 b Abs. 1 des Tierschutzgesetzes verbietet eine Zucht, bei der Schmerzen, vermeidbares Leiden und Schäden am Tier zu erwarten sind. Dennoch stehen in der Nutztierzucht „leistungsorientierte Kriterien“ im Vordergrund, schreibt die BTK. Die in Paragraph 1 genannte Berücksichtigung des Tierschutzes greift für die Veterinäre zu kurz, „um Tierschutzprobleme in der Nutztierhaltung zu beseitigen“.
Die Veterinäre können nach geltender Rechtslage keinen Einfluss auf die Balance zwischen Leistung und Gesundheit nehmen. Daher fordern sie das Bundeslandwirtschaftsministerium auf, von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 b Abs. 4 Tierschutzgesetz Gebrauch zu machen, und über eine Rechtsverordnung erblich bedingte Krankheitsrisiken in der Nutztierzucht näher zu bestimmen und die Zucht mit bestimmten Nutztierrassen bzw. Linien zu verbieten oder zu beschränken. Dazu sollen Ausführungsbestimmungen erlassen werden, die risikoorientierte Fachrechtskontrollen erlaubt, die Umsetzung der Einhaltung des Tierschutzgesetzes zu kontrollieren.
roRo