Hot Spots der Kohlenstoff-Sequestrierung im Boden
Landwirtschaft
Landnutzung beeinflusst Kohlenstoff-Bindung im Boden
Alleine 2012 entwichen weltweit 35,7 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre. Der weltweite Ausstoß des klimarelevanten Gases nimmt weiter zu. Ein Teil wird in Ozeanen und Pflanzen wieder gebunden. Bedeutend ist der Boden unter unseren Füßen, der dreimal mehr Kohlenstoff aufnehmen kann, als in der Atmosphäre vorhanden ist. Entgegen seiner Bedeutung als mächtiger Kohlenstoffspeicher, ist dieses Potenzial meist nur den Fachkreisen bekannt.
Die kleinen Helfer beim Kohlenstoffeinbau
Wenn der Boden Kohlenstoff aufnimmt, kann er nicht für
den Treibhauseffekt in der Atmosphäre verantwortlich sein. Bislang haben selbst
die Experten nur gewusst, dass Kohlenstoff an kleine mineralische Teilchen
bindet. Die Bodenkundler von der Technischen Universität München haben nun
einen sehr speziellen Blick in den Ackerboden gewagt und herausgefunden, wo
genau der Kohlenstoff bindet. Und warum.
Neben der Größe der Bodenteilchen spielt auch deren
Oberfläche eine Rolle. „Der Kohlenstoff bindet an Minerale, die wenige
Tausendstel Millimeter groß sind – und lagern sich dort fast ausschließlich an
raue und kantige Flächen an“, erklärt Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner, Leiterin
des Lehrstuhls Bodenkunde an der TUM.
Die Bindungsflächen sind vermutlich sogar bevorzugter
Lebensraum von Mikroben, die demnach aktiv an der Kohlenstoff-Bindung beteiligt
sind. „Wir haben im Boden regelrechte Hot Spots mit hohen Kohlenstoffanteilen
gefunden“, beschreibt Cordula Vogel, Erstautorin der Studie. Kohlenstoff bindet
bevorzugt an den Stellen, wo Kohlenstoffanteile schon vorhanden sind. Deswegen
ist er nicht gleichmäßig im Boden verteilt. Diese Hot Spots haben die Münchener
nur auf 20 Prozent der Mineraloberflächen gefunden. Mit diesen Ergebnissen
wollen die Experten nun gezielt Böden identifizieren, die besonders gut
Kohlenstoff speichern können „Diese Erkenntnisse müssen in Modellen zum
Kohlenstoff-Kreislauf berücksichtigt werden“, fordert Prof. Kögel-Knabner [1].
Die großen Helfer beim Kohlenstoffeinbau
Gegenstand der Untersuchungen waren Lössböden. Da sind
fruchtbare Ackerböden, die weltweit vorkommen und daher für die Speicherung
auch von großer Bedeutung sind. Die Ackerbauern können die Speicherkapazität
der Böden aber auch positiv beeinflussen. Sie müssen nach der Ernte nur
genügend organische Rückstände auf den Feldern hinterlassen, erklärte Prof.
Kögel-Knaber gegenüber Herd-und-Hof.de. Die Bauern sollten also über die
Humuswirtschaft eine regelmäßige Kohlenstoffzufuhr sicher stellen und so die
von den Wissenschaftlern gefundenen Mineralteilchen „füttern“. Je nach Bodentyp
kann der Kohlenstoff bis zu einigen Tausend Jahren im Boden verbleiben. Wenn
aber die Zufuhr vernachlässigt wird, dann nimmt der Humusspiegel innerhalb weniger
Jahrzehnte ab. Bildet der Landwirt bei der Bodenbearbeitung hingegen eine
förderliche Bodenstruktur aus, hilft er dem Boden auch Wasser und Nährstoffe zu
speichern.
Verteilung der organischen Substanz im Boden:
Kohlenstoff reichert sich bevorzugt an bestimmten rauen Mineraloberflächen an,
so genannten Hot Spots (gelbe Färbung). Foto: C. Vogel (TUM)
Noch Speicherplatz vorhanden
Eine weitere Arbeit der Bodenkundler von der TUM hat
Böden in Südostdeutschland auf ihre Speicherkapazität hin untersucht [2].
Kohlenstoff wird durch Mikroben nämlich auch wieder abgebaut. Das Volumen des
Speichers ist daher noch immer weitgehend unbekannt. Das Team um den Hauptautor
Dr. Martin Wiesmeier hat 516 Bodenprofile in Bayern auf ihre Speicherkapazität
hin untersucht. Im südöstlichen Ackerboden ist das Speicherungspotenzial erst
zur Hälfte ausgeschöpft. Da geht noch was. Auch unter Grünland ist das
Speicherpotenzial hoch. Deutlich geringer ist es unter dem Wald und schon
nahezu erschöpft. Die Autoren haben eine starke Korrelation zwischen
Sättigungsdefizit und Temperatur sowie dem Niederschlag gefunden.
Auf ganz Bayern hochgerechnet könnten in allen
bearbeiteten Böden Bayerns rund 395 Millionen Tonnen Kohlenstoff gespeichert
werden. Das entspricht der vierfachen Menge an Treibhausgasen des Freistaates.
Die ganze Menge wird niemals im Boden gespeichert werden– aber, so die Autoren,
ein gutes Bodenmanagement kann dem Boden helfen, mehr Kohlenstoff unter die
Erde zu bringen.
Lesestoff:
[1] Vogel C, Kögel-Knabner I. et al, Submicron structures provide preferential spots for carbon and nitrogen sequestration in soils. Nature communications 5, 07 January 2014 doi:10.1038ncomms3947
[2] Wiesmeier M, Kögel-Knabner I. et al., Carbon sequestration potential of soils in southeast Germany dereived from stable soil organic carbon saturation. Global Change Biology Vol 20 Issue 2 635-665, Februar 2014 doi:10.1111/gcb.12384
Roland Krieg; Foto: C. Vogel (TUM)