Ich bin ein Brandenburger
Landwirtschaft
Minister Woidke eröffnet die Weihnachtsbaumsaison
> „Weil mit denen Lichter-Cronen auf dem Christabend viel Gaukeley, Kinderspiel und Tumult getrieben wird, befehlen wir ... solche Christ- und Lichter-Cronen gänzlich abzuschaffen.“ In diesem Jahr steht nicht zu befürchten, dass der Berliner Senat ein Verbot der Weihnachtsbeleuchtung aussprechen wird, wie es der königlich-preußische Erlass vom 18.12.1711 einst vorgab. Der grüne Zimmerfreund
Zur Weihnachtsvorbereitung gehört auch die Suche nach dem richtigen Baum, der, festlich geschmückt, das Wohnzimmer ziert und unter dessen ausladenden Ästen sich die Geschenke türmen.
Die immergrünen Nadelbäume verkörperten bereits in der Antike das ewige Leben und symbolisierten zur Wintersonnenwende die wiedererwachende Kraft der Sonne. Die Römer brachten zur Jahreswende Zweige in der Wohnung zum Blühen, um dem neuen Jahr einen glückversprechenden Beginn zu geben. Am Oberrhein, im Elsass und Breisgau, begannen die Menschen im 16. Jahrhundert die Häuser nicht nur mit Wintermaien genannte Zweige zu schmücken, sondern sie holten gleich ganze Tannen aus dem benachbarten Schwarzwald. Die Förster waren bereits damals angehalten, ab dem 21. Dezember „gut auf die Tannen im Wald zu achten“. Anfangs blieben die Bäume grün, nur gelegentlich mit Äpfeln verziert. 1605 jedoch wurden die Tannen bereits mit goldenem Papierflitter, Äpfeln, Nüssen und Süßigkeiten behängt. Hundert Jahre später kam die Lichterkette hinzu und fand in dieser Ausstattung bis 1810 auch den Weg an den königlichen Hof. Die Familie Humboldt hat den Brauch verbreitet und damit auch den Eingang in die allgemeine Stadtwohnungen und Bauernhäuser gefördert. Von Deutschland aus begleitete der Brauch des zu Weihnachten geschmückte Baums Migranten 1700 in die USA, 1810 nach Dänemark, 1840 nach England und 1863 nach Schweden. Nur die Franzosen wehrten sich fast zweihundert Jahre erfolgreich gegen diese „mode allemandes“ – letztlich vergebens. In ganz Europa werden derzeit rund 100 Millionen Weihnachtsbäume verkauft. In Deutschland rund 25 Millionen. Der Umsatz beträgt dabei etwa 250 Millionen Euro und dient der Existenzsicherung ganzer Berufszweige, wie Waldeigner, Nebenerwerbslandwirte, Gartenbaubetriebe oder Hobbygärtner. Also Grund genug, auch den Baum für das Fest sorgsam auszuwählen.
Der Baum der kurzen Wege
Mittlerweile haben die Weihnachtsbaumhändler an vielen Ecken in Berlin ihre Bäume aufgestellt. Der eingezäunte Supermarkt für den schnellen Einkauf. Doch diese Bäume kommen allermeistens aus dem Sauerland und aus Dänemark, wo sie auf speziellen Plantagen gezüchtet worden sind. Sie haben nicht nur unnütz weite Wege hinter sich. Das zwischen ihnen wachsende Gras wird meist mit Pestiziden beseitigt, damit die Bäume ungestört schneller wachsen.
Die Brandenburger Förster hingegen empfehlen ihre Weihnachtsbäume als Baum der kurzen Wege und sinnvolle Nutzung in einer nachhaltigen Entwicklung. Für einen neuen Wald werden rund 16.000 Kiefern pro Hektar gepflanzt. Bei dieser Enge treiben sich die Bäume schnell gegenseitig in die Höhe und erreichen durch den „Schulterschluss“ mit ihren Ästen eine Abschattung des Bodens. Dadurch wächst auch ohne Pestizide kein Gras mehr und konkurriert um Nährstoffe. Nach 120 Jahren finden auf dem Hektar übrigens nur noch 250 Kiefern Platz. Die anderen 15.720 Bäume sind dann in der normalen Waldentwicklung als Weihnachtsbaum, Brennholz, Brett oder Tür herausgenommen worden. Die Entnahme stört also nicht die Waldentwicklung und ist ein echter regionaler Einkauf.
Tim Scherer, Leiter der Brandenburger Forstbehörde, zeigte am Freitag die Brandenburger Weihnachtsbäume zur Eröffnung der Weihnachtsbaumsaison in einem Schlag bei Erkner. Es gibt keinen idealen Baum: „Weihnachtsbaumkauf ist Geschmackssache, wie der Kleiderkauf“, sagt er. Der „Brandenburger Brotbaum“ ist die „Gemeine Kiefer“, die 80 Prozent der märkischen Wälder ausmacht. Erst kurz vor dem Fest geschlagen erfüllt sie das Zimmer mit prächtigem Kiefernnadelduft. Sie nadelt praktisch nicht, wie hingegen die „Gemeine Fichte“, die allerdings mit ihren kurzen grünen Nadeln „der Christbaum“ schlechthin ist. Fälschlicherweise oft als „Blautanne“ bezeichnet bieten die Förstereien auch die Blau- oder Stechfichte. Sie kommt aus Nordamerika und trägt ihren Namen zu recht. Seit Jahren im Trend ist die Douglasie, die auch fälschlicherweise gerne als Douglastanne bezeichnet wird. Sie hat weiche Nadeln, die einen orangenähnlichen Duft verströmen. Auch Exoten, wie die Küsten- und Coloradotanne sind erhältlich.
Bäume selber schlagen
Die nächsten beiden Wochenenden bieten sich am besten an, Bäume frisch in der Mark zu schlagen und dabei den Wald kennen zu lernen und auch an vielfältigen Festen teilzunehmen. Selbsteinschlag bei Glühwein mit Wildbretverkauf statt Einkaufsstress im Shopping Center. Feste Schuhe, langer Schal, warme Jacke und rote Wangen: Steht ein so gekaufter Christbaum zu Weihnachten im Zimmer, haben Sie dieses Jahr sogar noch eine besondere Geschichte. In Kyritz, Belzig, Müllrose, Peitz, Lübben oder Zossen... Unter www.mluv.brandenburg.de finden sie zahlreiche Forstämter und private Anbieter, die an den nächsten Wochenenden lehrreiches über den Wald und bunte Rahmenprogramme rund um den Weihnachtsbaum bieten. Rund 30.000 Weihnachtsbäume und 63 Tonnen Schmuckreisig werden angeboten. Wer beim Holzeinschlag etwas ungeübt ist, kann auf die fachliche Anleitung des örtlichen Försters vertrauen. Der laufende Meter Kiefer kostet zwischen 3,50 und 5,00, Douglasie zwischen 4,50 und 6,00 Euro, und jeweils 2,5 Kilo Schmuckreisig bis zu 2 Euro. Im vergangenen Jahr erzielten die Forstämter damit 300.000 Euro, die in die Waldbewirtschaftung flossen und so dem Wald wieder zu gute kamen.
„Berliner, guckt euch an, wo eure Bäume herkommen“
Mit diesen Worten sägte Brandenburgs Forstminister Dr. Dietmar Woidke die ersten beiden Kiefern aus einem Eichenschlag, in den die Nadelbäume mit dem Wind eingesät wurden und im Rahmen der Waldpflege sowieso geerntet werden müssen. Einen Weihnachtsbaum übergab er den Kindern der Kita in Erkner, einen anderen dem Marienhaus, einer Wohn- und Arbeitsstätte für Behinderte. Der ganz in forstliches Grün gekleidete Minister zeigte sich nicht nur mit der Säge fachmännisch: Für einen Ständer mit Wasser muss der Stamm schräg angesägt werden. Und er wusste auf die Frage der Kinder sogleich die richtige Antwort: „Der Weihnachtsmann wohnt nördlich von hier in Himmelpfort.“
Er hofft auch, dass es Weihnachten schneit. Und mit einem Blick auf das Wetter trifft es den Bauernregeln nach zu: Geht Barbara (04.12.) im Klee, kommt’s Christkind im Schnee. Denn Blatt- und Blütenknospen der Bäume und Sträucher sind im Spätherbst bereits wieder voll ausgebildet und warten praktisch nur noch auf das Signal zum Austreiben. Das kommt von der beheizten Wohnung.
Der „Waldbote“
Woher denn, wie oben kurz beschrieben, der Weihnachtsbaum kommt, ob denn die „Rabeneltern“ wirklich nachlässig mit ihrem Nachwuchs sind, Füchse schlau und warum das Glühwürmchen leuchtet: Die Antworten hat Klaus Radestock, Förster mit 30 Jahre Berufserfahrung und Mitglied der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. zwischen 1991 und 2001 auf losen Faltblattfolgen gesammelt. Jetzt gibt es alle Blätter mit Zeichnungen von Roland Boll als „Waldbote“ im Buchhandel (ISBN 3-930388-34-0). Vor einem Waldbesuch: warmlesen!
Roland Krieg