22:00 Uhr: +++ Für Klöckner enden die Sommerferien

Landwirtschaft

Allerletzte Frist für Düngereform

Das leidige Thema Nitrat im Grundwasser nimmt kein Ende. Kurz vor knapp hat die EU-Kommission am Donnerstag von einer Klage gegen die Bundesrepublik abgesehen, die Nitratrichtlinie ungenügend umzusetzen. Der Donnerstag war dennoch kein guter Tag. Die Kommission hat in 17 Fällen von Umwelt über Digitalen Binnenmarkt über Justiz und Verkehr bis zu Steuern rechtliche Schritte gegen Deutschland eingeleitet.

Erwartet wurde eher eine Nitratklage. Umweltorganisationen hatten schon im Vorfeld Pressetexte über die Schuldigen versendet. Aus Brüssel ist dann eine allerletzte Mahnung mit einer Nachbesserungsfrist von acht Wochen in Berlin eingegangen. Die Sommerferien für Agrarministerin Julia Klöckner und Umweltministerin Svenja Schulze sind vorbei. Beide hatten sich Mitte Juni noch auf ein Verschärfungspaket geeinigt und waren zuversichtlich, die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Optimismus von Julia Klöckner schon einen herben Dämpfer erhalten. Noch zur Agrarministerkonferenz war sie überzeugt, dass die pauschale Reduzierung in den „roten Nitratgebieten“ vom Tisch sei [1]. In der letzten Fassung waren die „20 Prozent“ zwar noch immer drin, aber nicht mehr Schlag-, sondern Betriebsbezogen. Hätten sich die Ministerien nicht geeinigt, wären beide ins Kanzleramt zitiert worden.

Umsonst. Die mehrfache Verschärfungen der Dünge-Verordnung hatte Kritiker: Dem Deutschen Bauernverband geht das alles zu weit. Fortschritte aus den letzten Änderungen müssten abgewartet werden. Die anderen Kritiker haben mit Prof. Friedhelm Taube von der Universität Kiel einen prominenten Fürsprecher, dem die Verschärfungen nicht weit genug gehen. Kritiker wie Prof. Taube bekommt ein um das andere Mal Recht. Im ministeriellen Duell hat Svenja Schulze jetzt alle Trümpfe in der Hand.

Der Deutsche Bauernverband hat sich am Donnerstag über das „Gerangel zwischen Kommission und Bundesregierung“ beklagt. Trotz Überarbeitung würde die Nitratrichtlinie mit der Vorgabe von maximal 50 mg N/Liter in Gewässern nicht erreicht werden. Alleine der Eutrophierungszustand der Nord- und Ostsee, die aus den Flüssen des Landesinneren gespeist werden, zeige, dass mehr getan werden müsse.

Gut vorbereitet zeigte sich allein Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast, die gleich mittags betonte, „die Mahnung aus Brüssel sehr ernst“ zu nehmen. Ob Niedersachsen am Ende auch nachbessern muss, bleibt abzuwarten. Zumindest sei das Land „engagiert unterwegs“ und verfolge einen ambitionierten Ansatz mit drei Bausteinen: „die Ausweisung nitratsensibler Gebiete und die Ausweisung phosphatsensibler Gebiete und die Einführung elektronischer Nährstoffmeldungen im gesamten Land (ENNI). Das Land macht damit von zwei Länderermächtigungen gemäß § 13 der Düngeverordnung (DüV) Gebrauch.

„Zum Schutz des Grund- und Oberflächenwassers werden in den ausgewiesenen Gebieten bestimmte Auflagen für die Bewirtschaftung verhängt. Niedersachsen schlägt für die nitrat- und phosphatsensiblen Gebiete jeweils drei Maßnahmen vor. Unter anderem das Aufbringen und Einarbeiten von Dünger innerhalb von einer Stunde oder eine verminderte Phosphatdüngung auf hoch versorgten Böden. Hinzu kommen demnächst die Maßnahmen, die derzeit zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission verhandelt werden. Beispielsweise die Absenkung der Düngung um 20 Prozent unter Bedarf oder die Verlängerung von Sperrzeiten für die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern.“

Die Mahnung zeige, dass der Druck aus Brüssel erhöht wird. Otte-Kinast rechnet mit Ertragseinbußen bei den Landwirten und weitere Investitionen in Lager für Wirtschaftsdünger. Wem das zu teuer wird, der komme um den Abbau des Viehbestandes nicht herum, orakelt die Ministerin.

In Berlin werden jetzt beide Ministerien das Schreiben aus Brüssel prüfen und sich dann mit den Bundesländern abstimmen. Ziel ist nicht nur die konforme Umsetzung der Nitratrichtlinie, sonder auch die Vermeidung einer Strafzahlung in Höhe von 850.000 Euro pro Tag. Das Landwirtschaftsministerium ist zuversichtlich, die Frist von acht Wochen einzuhalten. Juristisch gesehen, hat Brüssel mit seiner Mahnung  ein Zweitverfahren eingeleitet.

Lesestoff:

[1] AMK in Landau: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/amk-die-20-prozent-sind-vom-tisch.html  

Roland Krieg

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