6.000 Liter Fipronil sicher gestellt.
Landwirtschaft
ChickFriend ohne Lizenz zur Schädlingsbekämpfung
In den letzten Tagen haben sich die kriminellen Machenschaften um das mit Fipronil verpanschte Desinfektionsmittel Dega-16 verhärtet. Im belgischen Baarle-Hertog wurden 6.000 Liter Fipronil bei der Firma Poultry-Vision sicher gestellt, die das Mittel aber in einem Produkt legal an Kunden verkauft habe, die über die Anwendung Bescheid gewusst hätten. Auch der niederländische Kunde ChickFriend soll über den Bestandteil Fipronil informiert gewesen sein, sagte Poultry-Vision-Anwalt Pieter Helsen der niederländischen Zeitung „Een van daag“.
ChickFriend hatte nach Informationen von RTL Niederlande gar keine Lizenz zur Reinigung und Desinfektion von Nutzviehställen. Diese soll nur die Schwesterfirma ChickClean gehabt haben. Außerdem wurde das Mittel Dega-16 unter dem Namen „Fypro-rein“ verkauft. Ohne Zulassung.
Die „Schädlingsbekämpfer“ von ChickFriend sollen mit einem Fahrzeug der Firma ChickClean vorgefahren sein, auf dem das Logo der IKB zu sehen war. Ein Trugbild, wie sich offenbar herausstellt. Allerdings: Nur wer Nagetiere bekämpft braucht zwingend eine Registrierung, sagte Anwalt Ben Daellert der Zeitung Barneveldskrant. Daellert vertritt die Stiftung Avined, die unter anderem von den Legehennenhaltern in den Niederlanden gegründet wurde, um die Tiergesundheit nach vorne zu bringen. Für die Bekämpfung von Milben besteht offenbar eine Lücke im Rechtssystem.
IKB steht seit 1992 für die „Integrierte Kettenüberwachung“ bei Geflügel und sichert die Qualität. Das Zeichen hat eine hohe Wertschätzung in den Niederlanden, was die Landwirte in diesem Fall sorglos werden ließ. Dennoch: Firmen, die bei der IKB registriert sind, wie ChickClean, brauchen für eine verantwortliche Durchführung einer Dienstleistung eine separate Anerkennung. Der Schädlingsbekämpfer muss einen extra Ausweis tragen und ist verpflichtet, genau zu dokumentieren, welches Mittel wo und in welcher Form eingesetzt wurde. Dazu gehört auch eine Zulassungsnummer der Behörde.
Genau dagegen hat ChickFriend verstoßen und sich auf das Geschäftsgeheimnis berufen. Und die Bauern haben nicht gefragt. ChickFriend und sein Mittel wurde von Geflügelhaltern in Fachmagazinen gelobt. Das hat bei Berufskollegen Argwohn hervorgerufen, denn mit konventionellen Mitteln bleibe der Stall maximal drei Monate Milbenfrei. Nach einer Behandlung mit „Dega-16“ berichteten Geflügelhalter offen von sechs Monaten.
Damit verschärft sich der Verdacht, dass Betriebe das Mittel auch bewusst falsch in fahrlässiger Weise eingesetzt haben und einen Teil der Mitschuld tragen könnten. Auch in Deutschland.
Hintergrund, so die Zeitung Gazet van Antwerpen, sind die ruinösen Eierpreise, die Betriebsleiter zu Erhöhung der Stallbelegung verführt haben, wodurch die Belastung mit Ektoparasiten angestiegen ist. Um dann das Problem mit der Roten Vogelmilbe zu lösen, hätten Landwirte „gerne“ auf das „Wundermittel“ zurückgegriffen. ChickFriend habe mindestens Dega-16 in gepanschter Form auf Messen angeboten, ohne über die Inhaltsstoffe zu informieren.
In Belgien sind mittlerweile ebenfalls 57 Betriebe gesperrt. Frankreich testet ebenfalls auf Fipronil in Ei und Fleisch, hat aber noch keine Funde registriert.
Aktuell sind rund 300.000 Legehennen mit Kohlendioxid gekeult worden, wenn sie nicht jung genug für eine Entgiftungsdiät seien, teilte am Samstag Erik Huber vom niederländischen Bauernverband LTO mit. In den nächsten Wochen sollen etwa eine Million Hennen in den Niederlanden gekeult werden.
Roland Krieg