Imker: An die Bienen denken
Landwirtschaft
Junge Imker gesucht
Gestern Nachmittag traf sich der Imkerverband Berlin im Rahmen der Grünen Woche und diskutierte mit Dr. Ralph Büchler vom hessischen Bieneninstitut Kirchhain über die Zukunft der Imkerei.
Wissenschaft und Imkerei
Letztlich ist die Imkerei ein Kompromiss zwischen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Anwendungspraxis. Der Imker hat für die Standortwahl ganz andere Anforderungen, als die Biene. So will der Imker den Standort mit dem Auto, gar mit einem großen Anhänger anfahren, um seine Kästen aufzustellen. Die Bienen suchen sich ihre neuen Standorte nach der Futterquelle aus.
Anhänger mit bis zu 30 Völkern erhöhen die Nahrungskonkurrenz zwischen den Bienen. In der Natur suchen sich die Völker Nistplätze mit bis zu 300 Meter Abstand. Viel weiter suchen sie auch nicht nach Nahrung. Wenn ein Imker sich im Herbst über blauen Pollen im Einflugloch freut, dann sind viele Imker stolz, dass „ihre Bienen“ bis zum vier Kilometer entfernten Phacelia-Feld fliegen: Dr. Büchler sieht darin aber „ein Alarmsignal“, wenn das kleinste landwirtschaftliche Nutztier zehnmal weiter fliegt als üblich.
Es sei auch nicht notwendig über die Rähmchengröße zu diskutieren, oder ob der Bienenkasten aus Holz, Kunststoff oder in der Bio-Imkerei aus Ton ist. Die Faszination Biene macht der neue Schwarm aus, bei dem bis zu 25.000 Tiere in einer Traube zusammenhängen und ihren Innenraum ohne jegliche Hilfe klimatisieren. In dem auf dem ersten Blick wilden Haufen, lassen die Tiere Lüftungskanäle frei und schotten sich bei Regenwetter nach außen hin so ab, dass der Regen abperlt. „Die beste Isolation machen die Bienen selbst.“
Bienen-Fitness
In den 1950er Jahren ist „Winterfestigkeit“ noch ein nachvollziehbares Kriterium für die Auswahl von Völkern gewesen. Heute hat sich das überholt. Noch im Oktober hat das Bieneninstitut Kirchhain kleine Ableger auf dem Gelände verteilt. Nach 50 Millionen Jahren Überlebenskamp in der Evolution beginnen die Tiere dann das letzte aus sich herauszuholen und fangen mit der Brutpflege an. Das verkürzt zwar das Lebensalter der Pflegebienen auf bis zu 14 Tage, jedoch zeigten die wissenschaftlichen Arbeiten, dass solche Völker im darauffolgenden Jahr überdurchschnittliche Erträge erzielten.
Der Berliner Vorsitzende Jürgen Hans sagte heute Vormittag am Imkerstand auf der Grünen Woche zu Herd-und-Hof.de, dass solche Erkenntnisse und Faszinationen, Tiere ganz nah erleben zu können, eine gute Möglichkeit sind, den dringend benötigten Imkernachwuchs zu gewinnen. Nach der Wende hat sich die Zahl der Berliner Imker auf nur noch 480 halbiert. Da die Honigerfassung und Vermarktung staatlich organisiert gewesen ist, mussten sich über Nacht die Imker um Flyer, Werbung und Kunden auf einmal selbst kümmern. Vollkommen neue Kosten tauchten auf.
Aber, so Jürgen Hans, gerade Kinder sind für die Imkerei zu begeistern. Nach wenigen Begegnungen verzichten sie dann auch auf den Schleier und die Schutzkleidung und erleben das Bienenvolk als spektakuläres Naturereignis – dessen Produkt eines der naturbelassendsten Lebensmittel ist, dass wir genießen können.
Die nächste Imkergeneration kann beim Landesverband Berlin am 03. März in der Grundschule unter den Kastanien eine erste kostenfreie Einführung genießen. Bis in den August hinein stehen an verschiedenen Terminen Folgeschulungen mit Völkerdurchsicht, Königinnenzucht, der Honigernte und Varroa-Behandlung an.
Weitere Informationen unter www.imkerverband-berlin.de
www.bieneninstitut-kirchhain.de
roRo
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