Impfschutz bei Geflügel ab Brüterei

Landwirtschaft

Umstieg auf Brütereiimpfung

Geflügelmast

Newcastle Disease, das Gumboro-Virus oder die Infektiöse Bronchitis (IB). Geflügelhalter kennen die Schrecken dieser Krankheiten, die sowohl Legehennen als auch Mastgeflügel befallen. Die Krankheitserreger machen keinen Unterschied zwischen ökologischer und konventioneller Haltung. Bricht die Krankheit aus, ist es im Bestand schon zu spät. In beiden Haltungsformen werden die Tiere mit ausgeklügelten Impfplänen gegen diese Krankheiten geschützt.

Auch im Ökobereich. 21,5 Prozent der Legehennenbestände werden schulmedizinisch behandelt. Meist werden den Tieren dabei Vitaminpräparate zur Stärkung der Tiere verabreicht. Pflicht ist ein Entwurmungsmittel und der Schutz vor Salmonellosen. Der Ökobetrieb impft gegen die Salmonellose insgesamt dreimal in der Aufzuchtphase. Zum Schutz gegen die Newcastle Disease werden meist Nachimpfungen notwendig. Die wird bei der Umstallung in den Legestall per Impfnadel und vierteljährlich als Trinkwasserimpfung nötig, wie die Universität Kassel in ihrer Forschungsarbeit zur „Ökologischen Geflügelproduktion“ belegt [1].

Geimpft wird in der Regel im Aufzucht- oder Produktionsbetrieb. Mittlerweile haben neue Techniken beim Impfschutz auch schon die Stufe der Brütereien erreicht. Agrarjournalistin Ulrike Amler hat die Methode ausführlich vorgestellt.

Brütereiimpfung als Wirtschaftsfaktor

Geflügelmast

Die Hähnchenaufzucht ist ein Cent-Geschäft mit knapp kalkulierten Gewinnmargen. Die Kosten für Jungtiere, Futter und Arbeitskraft sind wesentliche Posten auf der Soll-Seite, teilweise mit geringer Elastizität. Umso wichtiger sind von Beginn an optimale Bedingungen für die Tiere, um hohe Leistungen bei maximaler wirtschaftlicher Effizienz zu erbringen. Hierzu zählen Hygiene sowie Fütterungs- und Gesundheitsmanagement bei maßvollen Arbeitskosten. Ein modernes Impfmanagement bietet neben einem Plus an Tierwohl und Flexibilität hier wesentliches Einsparungspotential an Zeit und Kosten, insbesondere für Fremdarbeitskräfte, oder wenn die Arbeit ein knapper Betriebsfaktor ist. Ein sicherer und frühzeitig wirksamer Impfschutz minimiert Tierverluste und steigert den Komfort für Betriebsleiter sowie die wirtschaftliche Sicherheit.

Im Jahr 2017 wurden weltweit mehr als 22 Milliarden Masthähnchen bereits in der Brüterei mit modernen Vektorimpfstoffen und Immunkompleximpfstoffen geimpft. Die Anzahl an In-Ovo-Anlagen ist von 440 im Jahr 2010 auf 720 im Jahr 2018 angestiegen. Führend und mit fast vier Jahrzehnten Erfahrung sind hier die USA, Brasilien, Spanien und Japan bei der Impfung von Bruteiern mit der sogenannten In-Ovo Impftechnologie und der Anwendung moderner Sprayverfahren in der Produktionskette. In Europa impften von 190 Brütereien im Jahre 2012 nur 28 mit der In-Ovo-Methode. 2019 sind es schon 56. Die Anzahl hat sich verdoppelt. Damit geht auch eine Erhöhung der IBD-Impfrate in der Brüterei einher. Wurde in 2012 in ca. 40Prozent aller Brütereien in Europa IBD in Brüterei geimpft, sind es im Jahr 2019 schon über 60%. Noch stärker hat sich der Trend hin zur Brüterei bei der Sprayimpfung gegen die infektiöse Bronchitis durchgesetzt. In mehr als 70 Prozent der europäischen Brütereien wird heute alleinig in der Brüterei ohne Nachimpfung im Stall gegen IB geimpft. 2012 lag diese Quote noch bei unter zwei Prozent. Die Vorteile der frühen und hohen Impfsicherheit und der Einsparung von Arbeitskosten sind in Betrieben mit hohem Fremdlohnanteil oder konkurrierenden Betriebszweigen relevant.

Mehr Flexibilität, weniger Arbeitskosten

Das Immunsystem der Jungbroiler ist in den ersten zwei Lebenswochen noch fragil. Das Hygienemanagement des Aufzuchtbetriebs muss sicherstellen, dass Infektionen vor der ersten Impfung auf dem Mastbetrieb gegen Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Newcastle Krankheit, das Gumboro-Virus oder die Infektiöse Bronchitis (IB) keine Ausbruchschance haben, denn die abnehmenden maternalen Antikörper sind bis zum Impfzeitpunkt der einzige Schutz, auf den die frisch eingestallten Tiere zurückgreifen können.

Dieser Anspruch ist vor allem in Regionen mit hoher Geflügeldichte eine besondere Herausforderung. Erst zwischen dem 14. und 17. Lebenstag ist das Immunsystem der Masttiere so weit entwickelt und maternale Antikörper abgebaut, dass die Impfung zu einer ausreichenden Immunantwort führt und sicheren Schutz bis zum Ende der Mastperiode bietet. Bis dahin bereits durch Feldstämme infizierte oder geschwächte Tiere entwickeln auf die Impfung keine befriedigende Immunantwort und bei hohem Infektionsdruck wird ein Impfdurchbruch in der frühen Mastphase möglich.

Die Impfungen im Mastbetrieb durch Methoden der Herdenimmunisierung über Tränkewasser oder Spray sind aufwändig. Sie bergen vor allem das Risiko, dass nicht alle Tiere ausreichend erfasst werden. Sorgfältige Impfung erfordern Zeit, die bei der Impfung ab Brüterei an andere Stelle im Betrieb genutzt werden könnte. Bei der Impfung über das Trinkwasser fallen bis zu drei Stunden Vorlauf je Stall an, in der die Tiere dursten, um anschließend ausreichend Tränkewasser mit dem Impfstoff aufzunehmen. Dies ist mit erheblichem Stress für die Tiere verbunden. Hinzu kommen weitere Vorbereitungen und anschließend die Tierbeobachtung, die sicherstellen soll, dass alle Tiere ausreichend Impfstoff aufnehmen.

Aufwand bei Spray- und Tränkeimpfung

Geflügelmast

Die Trinkwasserimpfung birgt Risiken, die zum Impfversagen führen können, denn die Lebendimpfstoffe zur aktiven Immunisierung der Tiere sind sehr empfindlich. Die physikalische oder chemische Trinkwasserqualität kann schädigend auf das Impfvirus wirken, ebenso Verunreinigungen im Tränkesystem durch Arzneimittel, Reinigungs- und Desinfektionsmittel. Verunreinigtes Wasser, Algen oder ein Besatz mit Biofilm können die Impfstoffe negativ beeinflussen. Lange Wege zwischen Vorlaufsystem und Tränken verstärken diese Negativeffekte. Mangelnde Sorgfalt bei der Dosierung oder falsch gewählte Durstzeiten der Tiere, die ein viel diskutierter Aspekt des Tierwohls sind, können ebenso zu Impfversagen führen. Des Weiteren gibt es groß angelegte Untersuchungen, die belegen, dass 30% dieser im Stall geimpften Tiere keinen Impfstoff erhalten. Die Tränkeimpfung führt durch die anschließende Spülung des Tränkesystems zu einer höheren Umweltbelastung durch den Impfstoff als alle anderen gängigen Impfverfahren.

Fehleranfällig sind auch Sprayimpfungen im Betrieb. Ihre Wirksamkeit hängt ganz wesentlich von der Luftfeuchte, Temperatur und Luftbewegungen im Stall ab. Jeder Impfstoff erfordert eine spezifische Charakteristik des Sprühnebels im Hinblick auf die Tröpfchengröße, das Verteilungsmuster und das zu erreichende erwünschte Zielgewebe. Kann die optimale Platzierung des Impfstoffes nicht durch das Sprühgerät und die eingesetzte Düse gewährleistet werden, ist mit Impfversagen bei zehn bis 50 Prozent der Tiere zu rechnen. Die Auswahl der Düse, Dosierung und Einstellung des Geräts sowie die Kontrolle des Sprühnebels sind zeitaufwändig. Auch die ungleichmäßige Verteilung auf den Tieren oder eine fehlerhafte Verdünnung führen zum Ausbleiben einer ausreichenden Immunantwort auf die Impfprophylaxe. Sehr viel genauer arbeiten integrierte Sprayanlagen innerhalb der Produktionslinien in Brütereien. Dort stehen für die Impfung beispielsweise gegen Infektiöse Bronchitis (IB) moderne Impfstoffe zur Verfügung, die gleichmäßige, sehr feine Spraytröpfchen in definierter Größe produzieren. Zugleich wird eine Erfassung aller Küken mit Impfstoff vor der Auslieferung an den Betrieb gewährleistet.

Eine Herausforderung für Betriebe mit großen Mastgruppen ist der richtige Impfzeitpunkt für Tiere, die aus verschiedenen Elterntierherden kommen. Hier schwankt das Niveau der maternalen Antikörper und ein optimaler Impfzeitpunkt für alle Tiere ist kaum zu finden. Eine sinnvolle Alternative ist die Impfung der Küken in der Brüterei, die neben der hohen Impfsicherheit Zeit- und Finanzressourcen freisetzt. Solche Jungtiere kommen bereits mit einem wirkungsvollen Impfschutzpaket gegen Infektiöse Bronchitis, das Gumboro Virus oder die Pflichtimpfung gegen Newcastle Disease aus der Brüterei.

Diese Impfstoffe der neuen Generation verfügen zusätzlich über einen Schutz vor der Marek’schen Krankheit. Bislang waren Hähnchen in der Standardmast ausreichend über die gesamte Lebensdauer durch maternale Antikörper des geimpften Muttertieres geschützt. Dieser Schutz ist jedoch bei den zunehmend nachgefragten, langsam wachsenden Hähnchen nicht bis zum Mastende sicher gegeben. In anderen europäischen Geflügelregionen, vor allem in Belgien und den Niederlanden bedingt dies eine intensive Impfaktivität, die vielfach über die Option der Brütereiimpfung wahrgenommen wird. Die Brütereiimpfung liefert diese, innerhalb der ersten 24 Lebensstunden erforderliche Maßnahme umfassend und bequem für den Mastbetrieb mit.

Brütereiimpfung ist eine sichere Alternative

In-Ovo-Impfung in der Brüterei

In den letzten Jahren wurde die Entwicklung hochwirksamer Vektorimpfstoffe und Immunkompleximpfstoffe vorangetrieben, die durch ausgefeilte Applikationsmethoden bereits vor dem Schlüpfen ins Ei verabreicht werden. Bei der sogenannten In-Ovo Impfung können Impfstoffe durch intelligente Sensortechnik am 18. Bruttag unter der individuellen Berücksichtigung von Eigröße und der entwicklungsabhängigen Haltung und Lage des Embryos im Ei appliziert werden. Dazu wird die Schale mit einer feinen Nadel unter hohem Druck durchstoßen und der Impfstoff gezielt in die Flüssigkeit der Fruchthülle, dem Amnion verabreicht. An dieser Stelle löst der Impfstoff eine frühe Immunantwort im Küken aus. Diese wirkt sicherer als die maternalen Antikörper, jedoch zeitlich über die gesamte Mastperiode hinaus. Weitere Spray- oder Tränkeimpfung mit den beschriebenen Risiken im Mastbetrieb werden überflüssig. Für diese Methode stehen Impfstoffe beispielsweise gegen Newcastle Disease mit einem Schutz auch gegen die Marek’sche Krankheit und das Gumboro Virus zur Verfügung. Vor allem Gumboro verläuft häufig subklinisch mit unspezifischen Symptomen wie niedrigen Zunahmen und schlechter Futterverwertung oder inhomogenen Mastgruppen. Wesentlich ist auch, dass der frühe Gumboro-Schutz aus der Brütereiimpfung den Druck durch Feldviren durch die wirkungsvolle Reduzierung der Virusausscheidung vermindert. Dieses vermögen konventionelle Trinkwasserimpfstoffe nicht. Es handelt sich also um eine weitere eingebaute Risikominimierung.

Weder bei Standardhähnchen noch bei langsam wachsenden Hähnchen können Züchter sich aufgrund der geringen Gewinnspannen Leistungseinbußen leisten. Hinzu kommen die hohen Ansprüche der Schlachtunternehmen an das Gewicht und die Homogenität der Schlachttiere.

In-Ovo Impfung mit hohem Impfschutz

Geflügelmast

Das In-Ovo Verfahren hat einen großen praktischen und ökonomischen Nutzen und kann die Mehrkosten für so immunisierte Jungtiere mehr als kompensieren. Das frühzeitig aktivierte Immunsystem antwortet gleichmäßig auf spätere Stimulationen, egal ob diese von notwendigen Impfungen gegen andere Erkrankungen oder Infektionen herrühren. Die Immunantwort fällt deutlicher aus als bei der späteren Impfung in der Mast. Der Vorteil dieser frühzeitigen und intensiven Stimulation liegt in der wirkungsvollen Überbrückung des geringen Schutzes der Jungtiere, den diese bei der Impfung zu einem späteren Zeitpunkt im Mastbetrieb aufweisen.

Die Herdenhomogenität und die Qualität des Einzeltieres steigen. Die Effektivität der In-Ovo Impfung liegt bei 99,3 % und damit wesentlich höher als bei späteren Impfungen im Mastbetrieb.

Vor allem in der Broilermast wirkt sich der augenscheinlich geringe Zeitvorsprung vorteilhaft auf die Gesundheits- und Produktivitätsparameter in der geringen Mastdauer aus. Der große Infektionsdruck in großen Tierbeständen zu einem frühen Zeitpunkt und die ständige Veränderung der Keime erfordern einen frühen und wirkungsvollen Schutz. Eine bessere Futterverwertung und reduzierte Futter- und Arbeitskosten durch die Einsparung weiterer Impfmaßnahmen kompensieren die Mehrkosten für die ab Brüterei geimpften Jungtiere.

Zwei Dinge spielen für den Mäster bei der Brütereiimpfung eine entscheidende Rolle. Zum einen stellt das hohe Maß an Impfsicherheit ein noch nie dagewesenes Novum dar. Zum anderen ist die gewonnene Arbeitszeit ein immer wichtigeres Argument für die Brütereiimpfung. In der Optimierung der Arbeitszeit von Betriebsleitern und Mitarbeitern liegt ein großes Potential zur Kosteneinsparung. Diese freiwerdenden Zeitressourcen können anderen wichtigen Dingen auf dem Betrieb oder anderen Betriebszweigen gewidmet werden, die, wie beispielsweise der Ackerbau, ebenfalls ein hohes Maß an Zeitflexibilität erfordern.

Hinzu kommt die Sicherheit des Impfschutzes gegen die wichtigsten Krankheiten vom ersten Tag an. Ein Nachimpfen im Stall ist nicht mehr notwendig. Das stellt in der Schlussbilanz ein wertvolles Plus an Arbeits- und Lebensqualität für Mäster dar.

Lesestoff:

[1] Ökologische Geflügelproduktion – Struktur, Entwicklung, Probleme, politischer Handlungsbedarf: https://orgprints.org/8215/

Ulrike Amler / roRo; Fotos: Ulrike Amler (4); CEVA Tiergesundheit GmbH (1)

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